0086 - Das Floß der Verdammten
meinen Stiefel gespürt! Hahaha!«
»Die Sonne ist noch nicht hoch, und schon kommt dein Wahnsinn durch«, sagte Delay gelassen. »Du solltest dich einmal nach Luv umsehen, Henk.«
Sofort wandte sich Barber um.
Da sah er, was die anderen schon vor ihm erkannt hatten.
Zwei, drei, vier der unheimlichen Pranken erhoben sich gleichzeitig aus dem Wasser. Vier Arme folgten, ruderten auf das kleine Floß zu, pressten sich dagegen und schüttelten es.
»Nun nimm deine vier Beine, Barber«, meinte Delay verächtlich. »Nimm deine Arme und Beine und schlag zu! Zeig uns, wie du mit Ukupa fertig wirst!«
Henk Barber schien durchzudrehen. Wie ein Rasender sprang er hoch, ließ sich mit voller Wucht auf eine der Pranken fallen. Schon setzte er zum nächsten Satz an. Immer wieder versuchte er mit solchen Sprüngen, die Pranken des Ungeheuers zu zerquetschen.
Jetzt blieb er mit beiden Beinen auf einer dieser Pranken stehen.
Eine Zehntelsekunde zu lange.
Von rechts schoss eine andere Pranke heran. Die geöffneten Krallen gruben sich in Barbers rechte Wade.
Diesmal sprang der Amerikaner vor Schmerzen auf. Die Krallen ließen aber nicht los, bohrten sich immer tiefer in sein Fleisch.
Barber brüllte auf und ließ sich längs auf das Floß fallen.
Erst da ließ der Druck der mächtigen Kralle nach. Die Männer sahen, wie der ungeheure Buckel des Seetieres sich unter das Floß schob.
Gleich darauf wirbelten die sechs Männer mit ihrem Floß durch die Luft.
Nur der wendige Moreno Garcera konnte sich auf dem Floß halten. Verzweifelt klammerte er sich an den Behelfsmast und hielt sich fest, als Ukupa Fahrzeug und Besatzung in die Luft stieß.
Klatschend fiel das Floß aufs Wasser zurück, machte ein paar Schlingerbewegungen. Dann kam es zum Stillstand.
Die anderen waren in einer Entfernung bis zu zehn Metern rings um das Floß im Wasser aufgekommen.
Schreiend vor Angst schwammen sie heran, ließen sich von Moreno aufs Floß zerren. Minutenlang spuckten sie Wasser. Keiner war fähig, ein Wort zu sagen.
Dann meldete sich Delay als erster.
»Ich habe dich gewarnt, Barber«, sagte er vorwurfsvoll. »Noch einmal, und das Biest verschlingt uns alle. Es gibt kein Mittel gegen Ukupa.«
»Was will er von mir?«, fragte Henk Barber.
»Vorläufig nichts mehr. Was er von dir wollte, hat er sich geholt.«
Erst jetzt sah Barber auf die Stelle, wo er seinen Seesack verstaut hatte.
»Weg!«, schrie er wütend. »Er ist weg!«
»Klar ist er weg«, brummte Delay. »Fürs erste brauchen wir Ukupa nicht zu furchten.«
»Das Gold hole ich mir wieder!«, gab Barber wütend von sich. »Dieses, und noch vieles mehr. Wir werden alle reich, wenn wir es richtig anstellen. Ich kenne die Insel, wo das Wrack mit dem Gold liegt.«
»Ukupa kennt sie noch besser«, knurrte Jean Delay. »Er wird auf dich warten, Barber. Und auf uns alle, wenn wir so verrückt sind, dir zu folgen.«
»Dann fahre ich allein zu der Insel«, antwortete Barber wütend. »Verdammt, wenn ihr Angst in euren nassen Hosen habt, dann, lasst es bleiben. Ich fahre dahin, sobald ich von diesem verfluchten Floß erst einmal herunter bin.«
»Das kann lange dauern, Barber«, gab Delay zu bedenken.
»Was soll das heißen, Delay?«
»Ukupa wird uns beobachten. Er kennt unsere Absichten. Du hast gesehen, was er mit dem Floß machen kann. Und mit uns.«
»Und was wird er tun?«
»Ich sage dir’s doch. Er beobachtet uns. Er verfolgt uns. Sobald er merkt, dass die Insel unser Ziel ist, wird er uns holen. Einen nach dem anderen.«
»Wir werden ein Schiff haben, Delay. Da schwimmen wir ihm davon. Auf und davon, direkt zu unserem Gold.«
»Du schwimmst ihm nicht davon, solange du auf diesem Floß bist«, mischte sich Ben Benson ein. »Delay hat recht, Henk. Du solltest deine Absicht aufgeben. Noch wissen wir nicht, was dieser Ukupa mit uns vor hat. Ich glaube, er hat noch ein paar hübsche Überraschungen bereit.«
Da trat Simba Simba auf Barber zu.
»Du solltest auf sie hören, Henk«, sagte er leise. »Es gibt Dinge, die bald nötiger sein werden als alles Gold dieser Welt.«
»Wie meinst du das?«, fragte Henk Barber heiser.
»Das ist eine ganz blöde Frage, Funker«, hielt der Neger ihm entgegen. »Eine ganz blöde Frage, Ami. Eine so saublöde Frage darf ein Seemann gar nicht stellen. Und ein schiffbrüchiger Seemann schon gar nicht.«
Barber konnte dem brennenden Blick Simbas nicht standhalten.
»Ach was!«, winkte er schließlich ab. »Du meinst das bisschen Hunger,
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