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0086 - Das Floß der Verdammten

0086 - Das Floß der Verdammten

Titel: 0086 - Das Floß der Verdammten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieter Saupe
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Der Kapitän des Frachters hatte das Unwetter kommen sehen. Er wollte ihm ausweichen, wollte versuchen, aus dem Gefahrenbereich zu kommen. Er ließ die Kessel heizen, bis sie glühten.
    Das war sein Fehler. Das sollte der Grund für die letzte Fahrt der Gran Caribe werden.
    ***
    Kurz nach Mitternacht war der Überdruck in den kochenden Kesseln am stärksten. Sie brachen wie auf ein Kommando. Drei Kessel, hinter deren Stahltüren mehr als drei Tonnen Kohle zu riesigen Feuerbündeln zusammengeschweißt waren.
    Tonnen von Überdruck. Gebündelte Hitze, die den Rest von Sauerstoff gegen die Wände der Kessel trieb.
    Die Kessel zerbarsten in wenigen Sekunden.
    Fauchend schoss die heiße Lohe hervor. Wie ein Lavastrom wälzten sich die Massen der glühenden Kohle durch Unterdeck und Laderäume. Die Flammen fraßen das Schiff von unten her auf. Als man oben in den Mannschaftsräumen die Katastrophe bemerkte, war es bereits zu spät.
    Der Frachter knickte in sich zusammen. Immer höher schlugen die Flammen, fraßen sich an den Schiffswänden nach oben, brannten alles mit ihren gierigen Zungen nieder.
    Das Schiff verglühte wie ein steil abstürzender Komet. Es brannte inmitten von Millionen Tonnen von Wasser. Ein ganzer Ozean konnte die höllische Glut der Kessel nicht löschen.
    Niemand wartete auf Befehle oder Anordnungen.
    Einige der Matrosen drohten bei lebendigem Leib zu verbrennen. Schreie des Wahnsinns dröhnten durch den gemarterten Schiffsrumpf, der merklich zu sinken begann.
    Die Flammen fraßen sich an den Kleidern hoch, machten Matrosen zu lebenden Fackeln.
    Mit wildem Aufschrei stürzte sich die Mannschaft in die Fluten, um nicht den Flammentod zu sterben.
    Die meisten starben, als der schwere Schiffsrumpf wie ein mächtiger brennender Pfeil in die Fluten tauchte, als der ungeheure Sog die Männer hinter sich herzog, dem Tod in der aufgewühlten See entgegen.
    Nur einige entkamen. Einige, die an das Nötigste dachten, selbst in diesen mörderischen Sekunden.
    Sie hatten sich mit Brettern und Balken bewaffnet. Sie wussten, was es bedeuten würde, ohne etwas, was schwimmen kann, im Ozean zu treiben.
    Elf Mann entgingen dem unheimlichen Sog und dem Flammentod.
    Elf Männer konnten sich so weit von dem Feuer entfernen, dass sie von dem sinkenden Frachter nicht in die Tiefe gerissen wurden.
    Fünf von ihnen überstanden die erste Nacht nicht mehr. Hochgeworfen auf die Wellenkämme, hineingeschleudert in die Wassertäler, ohne Halt, ohne Kraft zu schwimmen, gaben sie ihren Geist auf.
    Der Atlantik schluckte seine Opfer und gab sie nicht wieder frei.
    Sechs Männer blieben übrig.
    Solange die nächtliche See fauchte, wussten sie nicht, wer überlebt hatte.
    Erst gegen Morgen, als das Unwetter sich legte und die Sonne heraufkam, trieben sie aufeinander zu.
    Sie klammerten sich an Bretter und Balken. Sie lagen halb ohnmächtig auf Bohlen und halbmorschen Kisten.
    Es war Henk Barber, der die Lage zuerst überblickte. Als Funker und Techniker war er als der praktischste Mann unter der Besatzung bekannt.
    Jetzt konnte er zeigen, ob es möglich war, auf hoher See zu überleben.
    Er rief die anderen nacheinander an, gab ihnen Zeichen, sich zu sammeln.
    Allein würde keiner überstehen. Nur gemeinsam könnte es ihnen gelingen, dem harten Zugriff der erbarmungslosen See zu entkommen.
    »Hierher!«, rief Henk Barber den anderen fünf Seeleuten entgegen.
    Dann ging alles ohne viel Worte. Sie wussten, worauf es ankam.
    Unter übermenschlichen Anstrengungen gelang es ihnen, aus Brettern und Bohlen ein Floß zu bauen. Sie rissen sich Hemden und Hosen vom Leib, um Halteriemen herauszureißen und die Stämme zu diesem Floß zusammenzufugen.
    Zwei mal drei Meter war die kleine schwimmende Insel, die ungeschützt auf den Wellen des Atlantik dahingetragen wurde.
    Noch war es früher Morgen. Noch stach die Sonne ihnen nicht das Wasser aus dem Leib. Noch brannten Hunger und Durst nicht in den Gedärmen der Männer.
    Vor allem aber wussten sie noch nicht, dass etwas unter ihnen herschwamm. Hundert Meter unter ihnen. Ein Wesen, das sich nur die Hölle ausgedacht haben konnte.
    Ein Wesen, das ihnen selbst zur Hölle werden sollte.
    Noch glaubten sie, dass Drift sie an eine der Inseln verschlagen würde. Sie kannten sich aus in diesen Meeren. Sie kannten den Raum der Karibik, die Antillen, die Bahama-Inseln, die Inseln vor und unter dem Wind.
    Aber sie wussten nicht, was in der See unter ihnen auf sie lauerte.
    »Die Hemden runter!«, sagte

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