0095 - Himmel ohne Sterne
einer Kugel dicht unter der Decke.
Rhodan setzte sich auf den Sessel und wartete. Die Kugel sank tiefer, bis sie in gleicher Höhe mit Rhodans Augen war.
„Ich habe alles aus deinen Gedanken erfahren, Perry Rhodan. Du brauchst mir nichts mehr zu berichten, ich will dir nur etwas sagen."
„Und meine Fragen ...?"
„... kann und darf ich nicht beantworten. Zu vieles Wissen beeinflußt die Zukunft. Für dich muß die Zukunft dunkel bleiben, denn das grelle Licht des Wissens um sie würde dich erblinden lassen. Du aber sollst sehen - und wenn es nur das Dunkel ist, was du zu sehen glaubst. Die Barkoniden sind gerettet. Sie sind auf dem Weg zu uns, und eines Tages werden sie uns erreichen. Vielleicht schneller, als du heute glaubst. Und auch schneller, als es möglich scheint."
„Du kennst die Zukunft?"
„Sie ist festgelegt, aber es gibt viele Wege zu ihr. Das nur ist das Geheimnis. Die Wege zur Zukunft."
„Die Wege also können verschieden sein, der Endpunkt jedoch liegt fest und kann nicht geändert werden."
„Wenn ich Zukunft sage, dann meine ich das Ende aller Zeiten. Die Zeit hat einen Beginn, der Jahrmilliarden zurückliegt. Also hat die Zeit auch ihr Ende. Alle Wege zur Zukunft laufen dort zusammen. So verschieden die Existenzebenen und Möglichkeitsbahnen auch sein mögen, sie alle führen nur zu dem einzigen Ziel: zum Ende aller Zeiten."
„Das Ende der Zeit", murmelte Rhodan und spürte den Schauer, der seinen Rücken herablief. „Welchen Sinn hat die Vergangenheit, welchen die Gegenwart, wenn die Zukunft nur das Ende bedeutet?"
„Wer weiß von diesem Ende - außer dir und mir?" lautete die Gegenfrage. „Würdest du es wagen, ein solches Geheimnis zu lüften?"
Rhodan schüttelte den Kopf. Er wußte schon jetzt, daß er niemand davon erzählen würde. Ihm blieb nur eine einzige Frage, wenn er schon so weit vorgedrungen war. Er stellte sie.
„Wie sieht das Ende der Zeit aus, Freund? Ist es das Nichts? Ist es der ewige Friede oder das Chaos? Was kommt nach dem Ende? Etwas muß doch dann kommen? Oder gibt es das Nichts doch?"
Die flimmernde Kugel, Verkörperung einer untergegangenen Zivilisation und Sammelpunkt ihrer Weisheit, schien etwas größer zu werden. Sie stieg ein wenig höher. Es war Rhodan, als könne diese Veränderung eine Gemütsbewegung darstellen.
„Du fragst mehr, als du jemals begreifen würdest. Kannst du niemals zufrieden sein? Du weißt mehr als viele andere Intelligenzen der Milchstraße. Du weißt, daß viele Wege in die Zukunft führen und jedes denkende Wesen selbst entscheidet, welchen Weg es geht. Natürlich weiß es nicht, wie dieser Weg aussieht, aber es weiß sehr wohl, daß er unweigerlich in die Zukunft führt. Auch du wirst einen dieser Wege gehen, aber du hast jemand, der dich leitet. Jemand, der die Wege kennt. Dein Weg ist nicht der leichteste, aber er ist der, an dessen Rand die größten Reichtümer liegen. Deine Aufgabe ist es, dich beizeiten zu bücken, bevor du vorübergegangen bist. Das Ende der Zeit ...? Nein, mein Freund. Auch du wirst nicht erfahren, wie es aussieht und was danach kommt - vielleicht der Beginn einer anderen Zeit oder eben das Nichts. Ich bin das einzige lebende Wesen, das deine Fragen beantworten könnte, aber ich werde es nicht tun. Sicher, in der Zukunft werden Versuche gemacht werden, die Mauer der Zeit zu durchbrechen. Einige dieser Versuche sind erfolgreich. Aber was nützen sie schon? Eine Zeitmaschine kann nur einen Weg erforschen, und wenn sie bis zum Ende der Zeit vordringt, hört sie dort auf zu existieren. Denn eine Zeitmaschine ohne Zeit - wie sollte sie sein? Sie kehrt nie zurück. Und quer zum Zeitstrom zu schwimmen ist nicht möglich. Wenigstens nicht materiell."
Rhodan erkannte die Einschränkung. Nie würde er sie außer acht lassen. Seine Muskeln entspannten sich. Er spürte plötzlich eine nie gekannte Ruhe über sich kommen. Für den Bruchteil einer Sekunde sah er seinen Weg genau vor sich, leuchtend und hell zog er sich durch das Dunkel der Unendlichkeit, verlor sich irgendwo im Meer der Zeit und strebte einem unbekannten Ziel entgegen.
Dann erlosch die Vision. Er saß in seinem Sessel. Vor ihm schwebte die Kugel, unbegreiflich in ihrer Macht und Weisheit, unsterblich, den Anfang und das Ende der Zeit kennend. Wenn sie existierte, mußte die Zukunft noch einen Sinn haben. Würde sie nicht sonst Schluß mit ihrem Dasein gemacht haben? Würde sie sonst ihn - Rhodan - leiten?
„Ich danke dir", sagte Rhodan
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