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01 Columbus war ein Engländer: Geschichte einer Jugend

01 Columbus war ein Engländer: Geschichte einer Jugend

Titel: 01 Columbus war ein Engländer: Geschichte einer Jugend Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Fry
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Paddington nach dem Mittagessen hatte ich beim Gedanken an die Schule unendlich größere Furcht, Angst und Verzweiflung verspürt als im Semester zuvor. Roger hatte mich in den Sommerferien bereits vorgewarnt. Das Heimweh war im zweiten und dritten Semester viel schlimmer als im ersten. Insofern kam Bunce wie gerufen, da er mich von meinen eigenen trüben Gedanken ablenkte.
    Die Tür zu unserem Abteil wurde polternd aufgerissen.
    »O Gott, Frys Türkische Früchte. Und hat sich auch gleich dreist ans Fenster gesetzt.«
    »Tag, Mason«, sagte ich.
    »Na los, schieb rüber.«
    Bunce sprang auf wie ein kavalierhafter Berufspendler, der einer schwerbepackten Frau seinen Platz anbietet. »Wenn du vielleicht ...?« begann er verschüchtert.
    »Nein, ich will Frys Platz, falls er noch nicht reingefurzt hat.«
    Damit war alles gelaufen. Ich spürte, wie mein Gesicht knallrot anlief, während ich aufstand, ein paar unverständliche Worte vor mich hin brummelte und mich ans andere Ende des Abteils setzte.
    Fünf Minuten lang hatte ich darin schwelgen können, daß jemand zu mir aufblickte und mich bewunderte. Bunce hatte mich respektiert. Er hatte an mich geglaubt und mir vertraut. Jetzt würde der kleine Kerl mitbekommen, daß ich für den Rest der Schule Luft war. Ein nerviges Stück Dreck. Ich hockte auf meinem neuen Platz und gab mir Mühe, möglichst gelassen zu wirken, während ich meine blanken Knieanstarrte, auf denen die Schrammen und Kratzer eines Fahrradsturzes zu sehen waren. Gestern nachmittag noch war ich in der Gegend herumgefahren, hatte die Lerchen hoch über mir im weiten Himmel von Norfolk trällern gehört und die Rebhühner in den Stoppelfeldern beobachtet. Drei Wochen vorher war ich zu meinem achten Geburtstag im Gaumont-Kino in Norwich gewesen und hatte Das große Rennen um die Welt gesehen.
    Mason machte es sich auf seinem frischeroberten Platz bequem, während er Bunce mit unverhohlener Neugier und leisem Widerwillen musterte, als gehöre er zu einer seltsamen Spezies, die er nie zuvor gesehen hatte und auch nie wieder zu Gesicht bekommen wollte.
    »He, du«, sagte Mason und stieß ihn mit dem Fuß an. »Hast du auch einen Namen?«
    Die Antwort kam wie eine Art Schock.
    »Allerdings«, sagte Bunce, seine Stimme erhebend, »aber das geht dich einen Scheißdreck an.«
    Mason war sichtlich baff. Er hatte nichts Unrechtes getan. Mir den Platz wegzunehmen und sich über meinen Gestank auszulassen, bedeutete keineswegs eine Beleidigung, sondern gehörte zu den selbstverständlichen Privilegien der Älteren. Sie ließen sich alles zurückzahlen. Als er selbst klein war, hatte man ihn wie einen Wurm behandelt, und jetzt war er an der Reihe, die unter ihm Stehenden wie Würmer zu behandeln. Er war zehn, um Himmels willen. Er durfte lange Hosen tragen. An der Prep School ist der Unterschied zwischen zehn und acht in etwa so groß wie der zwischen vierzig und zwanzig im späteren Leben.
    »Ich setz mich da rüber«, sagte Bunce und deutete auf den Sitz neben mir. »Da ist die Luft besser.« Er ließ sich mit einem vernehmlichen Quietschen der Federn neben mich plumpsen und ruinierte dann alles, indem er laut losheulte.
    Mason hatte keine Chance, auf diesen plötzlichen Gefühlsausbruch zu reagieren, da im gleichen Augenblick Kaloutsis inBegleitung seiner Eltern ins Abteil trat. Es war durchaus unüblich, daß die Familie mit in den Zug kam, aber Kaloutsis war Grieche und seine Eltern gänzlich unbedarft gegenüber den subtilen Regeln des englischen Protokolls.
    »Was haben wir denn da für einen kleinen jungen Mann?« rief Mrs. Kaloutsis und beugte sich zu Bunce hinab. »Kümmert sich niemand um dich?«
    »Vielen Dank«, schluchzte Bunce, »Fry S. J. kümmert sich gut um mich. Sehr gut sogar. Ausgesprochen zuvorkommend. Mir war etwas ins Auge geflogen, und da hat er mir sein Taschentuch gegeben.«
    Die mit dem Zug anreisenden Jungen stammten zumeist aus Familien in Übersee oder hatten im Ausland stationierte Väter. Sie waren am Londoner Flughafen gelandet, wo sie von Onkeln, Tanten oder Paten in Empfang genommen und nach Paddington verfrachtet wurden. Die meisten anderen Jungen wurden von ihren Eltern im Wagen nach Stouts Hill kutschiert.
    Im Verlauf der nächsten Viertelstunde füllten sich die reservierten Abteile mit braungebrannten Jugendlichen, die die Sommermonate in Ländern wie Nord-Rhodesien, Nigeria, Indien, Aden, den West Indies oder Ceylon verbracht hatten. Ein Junge namens Robert Dale, den ich

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