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0,1 % - Das Imperium der Milliardäre

0,1 % - Das Imperium der Milliardäre

Titel: 0,1 % - Das Imperium der Milliardäre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Krysmanski
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wachsende, unumkehrbare Arbeitslosigkeit deuten auf ein kommendes globales Szenario nackter Überlebenskämpfe. Für eine solche Rette-sich-wer-kann-Welt glauben sich die souveränen, wohlgeschützten Eigner des Besten, was diese Welt zu bieten hat – wie einst die Feudalherren – gut gerüstet. Uns bleibt – wie den britischen Militärstrategen, von denen eingangs die Rede war – im Augenblick nur, die Heraufkunft neuer und neuartiger Klassenkonflikte zu konstatieren. Letztlich aber werden wir nicht umhinkommen, an diesen Konflikten teilzunehmen.
    Das europäische Projekt 28
    Es geht im Augenblick nicht nur in den USA, sondern auch bei uns ans Eingemachte des Wirtschaftssystems. Das heißt, es handelt sich nicht um eine politische, sondern um eine ökonomische Krise. Folglich sind nicht nur das Bankensystem, der Blutkreislauf, sondern auch Knochenbau, Muskeln und Organe der Wirtschaft betroffen. In den USA war die Zirkulation des Spezialpersonals – Banker, Manager, Bürokraten, Politiker – schon immer problemloser als bei uns, man denke an den US-amerikanischen Finanzminister Timothy Geithner, der vorher Präsident der Federal Reserve Bank in New York war und sich für die Rettung von AIG einsetzte (siehe Seite 66 f.). Was jetzt in Italien, Griechenland und so weiter an Regierungsumbesetzungen mit Technokraten passiert, ist also an sich nicht überraschend. Es zeigt eben, dass repräsentative Demokratie nur eine der möglichen Herrschaftsformen des Kapitals ist.
    Das Spezialpersonal für Geldfragen, die Banker, die jetzt in den Regierungen auftauchen und zentrale öffentliche Funktionen übernehmen, tun im Grunde das Gleiche, was sie immer getan haben: Sie dienen ihren Kunden. Insofern hatte Hilmar Kopper, einst Vorstandsvorsitzender der Deutschen Bank, recht, als er in einer Talkshowsagte, die Banken seien auch nur Opfer statt Täter, denn sie hätten bei ihren Wettgeschäften ja nur im Auftrag ihrer Großkunden gehandelt.
    Da muss man nun aber weiterfragen: Wer sind denn eigentlich jene Kunden der Banken, deren Einkommen insbesondere aus Vermögen in den letzten Jahren um das Vielhundertfache gestiegen ist, ganz im Unterschied zu den normalen Einkommensbeziehern und dem Mittelstand? In wessen Auftrag handeln die Banker, wenn’s wirklich ans Regieren geht?
    Andererseits ist es unwahrscheinlich, dass die Politiker hier und anderswo im Durchschnitt naiv sind. Wer in einer Partei aufsteigt, kommt in Berührung mit den Lobbyisten, den Einflüsterern, passt sich an die Wünsche und Mechanismen der Medien an, die ja bis in den öffentlich-rechtlichen Sektor hinein den ökonomisch Mächtigen gehören oder zumindest genau zuhören. Und in einer Gesellschaft, in der beispielsweise für die maximal fünfzehn Prozent Aktienbesitzer, die wir in Deutschland haben, ständig über Gebühr ausgewalzte Börsennachrichten über den Äther laufen, in der jede politische Entscheidung kaum mit sozialen oder gar ethischen Argumenten begründet wird, sondern nur in Cent, Euro und Prozenten, kann man nicht erwarten, dass Politik letztlich etwas anderes als die diensteifrige Verteilung des Geldkuchens betreibt. Außerdem merkt man auf Schritt und Tritt, wie international vernetzt (trotz aller Konkurrenzkämpfe etwa zwischen Wall Street und Brüssel) das große Kapital ist, wenn schon Deutsche-Bank-Aktien zu fünfzig Prozent in ausländischem Besitz sind und Daimler Benz zu großen Teilen Investoren aus dem Nahen Osten gehört. Also: Mit welchen Karten da gespielt wird, das wissen die entscheidenden Politikerinnen und Politiker genau. Nur können nicht alle genauso gut bluffen wie unsere Kanzlerin.
    Die Europäische Union war, wie gesagt, von Anfang an ein ökonomisches Projekt. Natürlich machte man sich bei ihrer Gründung allgemeine politische Stimmungen zunutze. Natürlich wollten die Menschen ungehindert und bequem nach Italien, Spanien, Griechenland reisen. Oder möglichst problemlos bei nördlichen oder westlichen Nachbarn auf Jobsuche gehen. Oder die ungeheure kulturelle VielfaltEuropas genießen. Und das alles – nach diesen schrecklichen Kriegen – in Frieden. Aber so wie die Technokraten und Bürokraten in Brüssel aufgestellt wurden, so wie die Heere von Lobbyisten es sich dort gemütlich gemacht haben, so wie das Europäische Parlament mit ein paar Machthäppchen abgespeist worden ist, war von vornherein klar, dass Euro-Zone und Europäische Gemeinschaft den ganz großen, längst global vernetzten ökonomischen

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