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01 - Winnetou I

01 - Winnetou I

Titel: 01 - Winnetou I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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ehe ich wiederkomme oder Euch rufe!“
    Er wartete, bis ich mich zwischen zwei Büsche gedrückt hatte, und ritt dann, zunächst langsam und leise, weiter. Mir war ganz sonderbar zumute. Wie man den Bison jagt, das hatte ich sehr oft gelesen; darüber konnte man mir nichts Neues sagen; aber es ist ein Unterschied zwischen dem Papier, auf welches man solche Beschreibungen druckt, und der Wildnis, in der man diese Jagden erlebt. Heut sah ich zum erstenmal in meinem Leben Büffel. Was für Wild hatte ich bisher geschossen? Im Verhältnis zu diesen riesigen, gefährlichen Tieren keins, gar keins. Da sollte man meinen, ich sei ganz einverstanden gewesen mit Sams Befehl, mich ja nicht zu beteiligen; aber es fand das gerade Gegenteil statt. Vorhin hatte ich nur beobachten, belauschen wollen; jetzt fühlte ich einen mächtigen, ja unwiderstehlichen Drang, mitzutun. An eine junge Kuh wollte Sam sich machen; pfui! dachte ich, dazu gehört kein Mut; ein rechter Mann wählt grad den stärksten Bullen!
    Mein Pferd war außerordentlich unruhig geworden; es tanzte mit den Hufen; es hatte auch noch keine Büffel gesehen, fürchtete sich und wollte fliehen; kaum vermochte ich, es zurückzuhalten. War es da nicht besser, wenn ich es zwang, den Bullen anzunehmen? Ich war nicht etwa erregt, sondern überlegte, innerlich ganz ruhig, zwischen Ja und Nein. Da entschied der Eindruck des Augenblickes.
    Sam hatte sich den Bisons bis auf dreihundert Schritte genähert; dann gab er seinem Pferd die Sporen und galoppierte auf die Herde zu und an dem mächtigen Bullen vorbei, um an die Kuh zu kommen, welche er mir bezeichnet hatte. Sie stutzte und versäumte die Flucht; er erreichte sie; ich sah, daß er im Vorüberjagen auf sie schoß. Sie zuckte zusammen und senkte den Kopf. Ob sie zusammenbrach, das sah ich nicht, denn mein Auge wurde durch einen andern Anblick gefesselt. Der Riesenbulle war aufgesprungen; er stierte nach Sam Hawkens hin. Welch ein mächtiges Tier! Dieser dicke Kopf mit dem gewölbten Schädel, der breiten Stirn und den zwar kurzen, aber starken, aufwärts gekrümmten Hörnern, diese dichte, zottige Mähne um Hals und Brust! Dem Wild ursprünglichster, rohester Kraft wurde durch den hohen Widerrist die höchste Vollendung gegeben. Ja, das war ein höchst gefährliches Geschöpf; aber sein Anblick reizte förmlich zu dem Verlangen, menschliches Können an dieser ungestümen tierischen Stärke zu messen.
    Wollte ich, oder wollte ich nicht? Ich weiß es nicht. Oder ging mein Rotschimmel mit mir durch? Er schoß aus den Büschen heraus und wollte nach links; ich riß ihn aber nach rechts herum und flog auf den Bullen zu. Er hörte mich kommen und wendete sich nach mir um; mich sehend, senkte er den Kopf, um Roß und Reiter mit den Hörnern zu empfangen. Ich hörte Sam aus allen Kräften schreien, hatte aber keine Zeit, den Blick nach ihm zu richten. Dem Bison eine Kugel geben, war unmöglich, denn erstens stand er mir nicht schußgerecht und zweitens wollte mir das Pferd nicht gehorchen; es schoß vor Angst grad auf die drohenden Hörner zu. Um es aufzuspießen, warf der Büffel seine Hinterbeine zur Seite und den Kopf mit einem gewaltigen Stoß in die Höhe; mit Anstrengung aller Kräfte gelang es mir, den Schimmel ein wenig abzubringen; er flog in einem weiten Satz über das Hinterteil des Bullen hinweg, während in demselben Augenblick dessen Hörner ganz nahe an meinem Bein vorbeistießen. Unser Sprung ging grad in die Schlammlache hinein, in welcher der Büffel sich gewälzt hatte; ich sah es und nahm die Füße aus den Bügeln, zu meinem Glück, denn das Pferd glitt aus und wir stürzten. Wie das so schnell geschehen konnte, ist mir heute noch unbegreiflich, doch stand ich schon im nächsten Augenblick aufrecht neben der Lache, das Gewehr noch fest in der Hand. Der Büffel hatte sich nach uns umgedreht und sprang in ungelenken Sätzen auf das Pferd zu, welches sich aufgerafft hatte und im Begriff stand, zu entfliehen. Dabei bot er mir seine Flanke zum Schuß; ich legte an; jetzt sollte sich der schwere Bärentöter zum erstenmal im Ernst bewähren. Noch einen Sprung, so hatte der Bison den Rotschimmel erreicht; ich drückte ab – – – er blieb mitten im Lauf stehen, ob vor Schreck über den Schuß oder weil ich gut getroffen hatte, das wußte ich nicht; ich gab ihm sofort auch die zweite Kugel. Er hob langsam den Kopf, stieß ein mir durch alle Glieder gehendes Brüllen aus, wankte einige Male hin und her und brach

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