010 - Der Derbysieger
schlecht beraten.« Sie verteilte die Karten auf dem Tisch.
»Ich glaube nicht.« Er schloß die Tür und verließ das Haus. Eine Nachricht hatte er wenigstens erhalten, aber es war schwer, diesen Anhaltspunkt weiter zu verwerten, denn in Pennwaring hatte er sich nicht sehr beliebt gemacht. Hätte er vorher davon gewußt, so hätte er die Gelegenheit besser ausgenützt, die sich ihm damals bot. Trotzdem sagte er sich, daß er die Zeit in Sir Georges Haus äußerst nutzbringend angewandt hatte. Auf jeden Fall hatte er aufgeklärt, welche häßliche Rolle Toady Wilton bei dem Ehestreit der Stantons zugefallen war. Aber diese Sache war augenblicklich nicht so wichtig, da Lord Chandeson Toady ja schon genügend bloßgestellt hatte.
Sands hoffte eigentlich, daß er aus den Papieren Wiltons etwas über den Aufenthaltsort von Stantons Schwester erfahren würde.
Er hatte geglaubt, daß Wilton stets in Verbindung mit dem jungen Mädchen geblieben war, um sie in einem günstigen Augenblick wieder auftreten zu lassen. Darin täuschte er sich aber. Wilton hatte keine Ahnung von ihrem jetzigen Aufenthalt.
Sands hatte mit Eric Stanton verabredet, daß sie in seinem Klub zu Mittag speisen wollten. Stanton war im Gegensatz zu seinem Freund in sehr froher Laune.
»Nun, Sie tun ja so, als ob Ihnen alle Felle weggeschwommen wären«, sagte er vergnügt.
»Ich bin nicht gerade in trüber Stimmung, aber ich habe viel erfahren, was mich sehr nachdenklich gemacht hat.«
»Mir geht es ähnlich. Bitte, wenden Sie Ihre volle Aufmerksamkeit jetzt der Wiederbeschaffung der verlorenen chemischen Formel für biegsames Gla s zu. Ich hatte heute morgen eine längere Unterredung mit Mr. President. Und Sie wissen, daß das Komitee der Ausstellung in Lyon eine große Prämie für biegsames Glas ausgesetzt hat.« Milton nickte.
»Der letzte Einsendetermin für die Lösung ist nächste Woche. Und wenn es Ihnen gelingen sollte, diese Papiere zu finden, so würde das für Mr. President sehr viel bedeuten. Heute morgen noch sagte er, daß er es sehr bedauerte, die Lösung nicht einsenden zu können. Ich bin direkt gerührt über das Zutrauen, das er zu seiner Erfindung hat.«
»Ist er eigentlich reich?«
Stanton schüttelte den Kopf.
»Er lebt in ganz guten Verhältnissen und hat ein paar tausend Pfund zurückgelegt, aber er gibt für seine Pferde sehr viel Geld aus.«
»Für Donavan?«
»Ja. Und nach allem, was ich heute morgen sah, wird das Pferd das Derby gewinnen. Es hat Dean um mehrere Längen geschlagen, und zwar ohne die geringste Anstrengung. Ich habe selbst abgestoppt. Es hat die Meile fast in Rekordzeit zurückgelegt.«
»Ich bin davon überzeugt, daß er das Derby beinahe gewinnen wird.«
»Warum sollte Donavan nicht Sieger werden? Welches Pferd könnte denn sonst den ersten Platz belegen?«
Milton lächelte.
»Das Pferd von Sir George Frodmere.«
»Ist das tatsächlich Ihre Meinung? Glauben Sie, daß Portonius das Rennen macht?«
»Ich habe nur gesagt, daß Sir George Frodmeres Pferd das Rennen macht. Was nachher passiert, ist eine Sache für sich!«
»Sie sind ja heute sehr geheimnisvoll«, sagte Eric etwas unwillig. »Wollen Sie den Schleier nicht ein wenig lüften?«
»Da müssen Sie bis zum Rennen warten.«
Die beiden erhoben sich und verließen zusammen den Klub. Milton verabschiedete sich auf der großen Treppe.
»Mit der Auffindung Ihrer Schwester bin ich übrigens einen Schritt vorwärtsgekommen. Ich habe jetzt wenigstens einen Anhaltspunkt, der mir vielleicht weiterhilft. Und wegen Mr. Presidents Schriftstücken wird sich auch noch Rat schaffen lassen. Wann wird denn das Resultat des Wettbewerbs in Lyon bekanntgegeben?«
»Merkwürdigerweise an demselben Tag, an dem das Derby stattfindet.«
Milton nickte.
»Dann kann Mr. President vielleicht an diesem Tag einen doppelten Sieg buchen. Sollten wir uns nicht vorher treffen, so sehen wir uns jedenfalls bei dem Rennen in Epsom.« Damit trennten sich die beiden.
Das kleine Haus, das Sir George seinem Trainer zur Verfügung gestellt hatte, lag an der verwahrlosten großen Fahrstraße, die die Ländereien durchschnitt. Sie war jetzt nicht mehr in Gebrauch, weil ihre Instandsetzung zuviel Geld gekostet hätte.
Eines Abends ging Mr. Buncher zum nahegelegenen Dorfwirtshaus. Seine Frau blieb zu Hause und atmete erleichtert auf, als die Tür ins Schloß fiel. Sie war hager und hatte in ihrer siebzehnjährigen Ehe harte Züge bekommen. Schwere Jahre lagen hinter ihr.
Sie
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