0103 - Im Bannstrahl des Verfluchten
Nicole nicht wieder, als sie sich zwischen Narko und den Gral warf. Mit einem Rundschlag ihrer Streitaxt hieb sie dem Dämon in die Hüfte. Dabei stieß sie einen lästerlichen Fluch aus, den noch nicht einmal Zamorra kannte.
Der Hieb mit der Axt zeigte nur wenig Wirkung. Nicole hatte das Amulett nicht. Die Schneide fuhr durch Narkos Körper wie durch warme Butter.
Doch Narko hatte sich aufhalten lassen. Zamorra bekam den entscheidenden Sekundenbruchteil, den er so unbedingt brauchte. Narkos ausgestreckter Arm erreichte den Gral nicht mehr. Seine zugreifende Hand schwebte noch knapp zehn Zentimeter vor dem goldenen Gefäß, als das Zweihandschwert Zamorras dem Dämon in den Schädel fuhr, ihn spaltete und dazu auch noch den Rumpf.
Narko fiel in zwei Hälften auseinander…
***
Zamorra kam nicht dazu aufzuatmen. Seine Hoffnung, der Spuk wäre damit zu Ende, erwies sich als Illusion.
Der Schrei Nicoles brach sich gellend an den nackten Wänden. Zamorra verharrte für kurze Zeit in stummem Entsetzen.
Die beiden Körperhälften des Dämons hörten nicht auf, sich wie eine Schlange zu winden. Sie fügten sich auch nicht mehr zusammen, wie der Dämonenjäger im ersten Augenblick befürchtete.
Dafür ging mit ihnen eine seltsame und in ihrer Unwahrscheinlichkeit gräßliche Veränderung vor.
Es steckte noch Leben in den beiden Torsi. Ein überirdisches, ein dämonisches Leben. Ein Leben, aus dem Horrorleib der schwarzen Magie geboren. Eine Ausgeburt des Satans.
Die Körperhälften lagen wie eineiige Zwillinge nebeneinander. Ein höllisches Gelächter brach sich Bahn, das schauerlich von den Wänden widerhallte und die Steinfliesen unter Zamorras Füßen erbeben ließ. Unter dem Basalt begann es zu rumoren, und plötzlich stellte sich die Leiche Kim Lisöjns auf. Sein Kopf sank konvulsivisch zuckend wieder auf das harte Steinbett zurück.
Es war, als würde sich die Hölle ihr eigenes Konzert veranstalten. Eine Kakophonie von Tönen schwoll an, wurde stärker, wurde zu einem Crescendo, das Zämorras Trommelfell zu zersprengen drohte.
Da hämmerten Mirlitons ein gehörzerstörendes Stakkato, quetschten sich die Töne aus Mandolas dazwischen, schrillten Panflöte und Okarina in mörderischer Dissonanz. Ein Sarrusophon erzeugte Frequenzen, die die Haut vibrieren ließen und einen Schauer nach dem anderen den Rücken Zamorras hinunterjagten.
So schlagartig wie Hohngelächter und das Tohuwabohu der Töne begonnen hatten, hörten sie wieder auf.
Diesmal war es die plötzliche Stille, die qualvoll an Zamorras Ohren drang. Sie war so unwirklich nach dieser Explosion der Laute.
Unwirklich war auch, was mit den beiden Körperhälften Narkos vor sich ging.
Da sprudelte und kochte es im Fleisch, Dämpfe in allen Farben stiegen auf, formten sich zu Schemen, tanzten einen irrsinnigen Tanz über dem brodelnden Fleisch, um dann aufzusteigen. Wie magisch angezogen vom Zyklopenauge des Grals.
Auch Zamorra fühlte den Sog wieder, der von diesem gräßlichen, entstellten Auge ausging. So wie in Kim Lisöjns Laboratorium, wo er sich diesem Ziehen ohne sein Amulett hilflos ausgeliefert wähnte.
Wie Zigarettenrauch von einem Ventilator angesogen wird, zogen die farbigen Schwaden dem Gral entgegen, wurden vom Dämonenauge verschluckt. Narkos Körperhälften wurden dabei weniger und weniger. Sie vergingen in diesem Rauch, der sie verzehrte, der ihnen die Substanz nahm.
Und das Dämonenauge wurde dabei größer und größer, bis es bald eine ganze Front des Grals einnahm und zu einem schrecklichen pulsierenden Leben erwachte.
Von Narkos Körper blieb nicht einmal mehr ein Häuflein Asche übrig. Er war nun das Dämonenauge, er war selbst der Todesgral. Narko glaubte, sein Ziel erreicht zu haben.
Die Unsterblichkeit…
Aber doch - ein irdischer Rest von Narko, dem Magier, blieb. Vom Schädelknochen hatte sich das Fleisch gelöst. Leer gähnten die Augenhöhlen, zynisch bleckten die Kiefer. Mit einem vernehmlichen Schnappen klappten die Schädelhälften zu einem kompletten Ganzen zusammen.
Zu dem, was Kim Lisöjn in ferner Zukunft gefunden hatte…
Und schon begann der Gral, seinen Bannstrahl auszusenden. Viel intensiver als die Nacht vorher, als dieser Strahl Zamorra und Nicole ein Tor zum Weg quer durch die Zeiten aufgestoßen hatte.
Zamorra ließ das Schwert fallen. Es klirrte und schepperte über die schwarzen Fliesen, die den Drudenfuß markierten, das magische Pentagramm.
Nicole schrie schon längst nicht mehr. Sie stand
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