0126 - Al Capone Nummer Zwei
bereitwillig und gewissermaßen sanft aus den Schuhen, als habe er nur darauf gewartet, sich schlafen legen zu dürfen. Ich glaube, von den Gästen hat kaum jemand gemerkt, dass sich soeben eine Szene abgespielt hatte, aus der die Regisseure von Kriminalfilmen dramatische Effekte zu holen vermögen.
Ich stieg über den Portier hinweg, ging zur Garderobe Nummer 4 und öffnete die Tür.
Lil Forrester befand sich nicht im Raum. Das Kleid, in dem sie ihr letztes Chanson gesungen hatte, hing auf einem Bügel. Das Glas, mit dem in der Hand ich sie überrascht hatte, stand auf dem Schminktisch, aber es war leer.
Ich verließ die Garderobe, ging den Gang entlang, fand eine neue Tür, stolperte durch ein paar dunkle Räume, in denen es merkwürdig roch und landete auf einem kleinen Hof. Von dort führte eine Tordurchfahrt auf die Straße. Es gab keinen Zweifel mehr darüber, auf welche Weise Lil den Reil Night Klub verlassen hatte.
Ich war ziemlich böse auf mich, dass ich mich auf so billige Weise hatte hereinlegen lassen. Andererseits verstand ich nicht, warum die Frau mir aus dem Weg ging. Eine Zeit lang hatte sie ein leidenschaftliches Interesse an mir bewiesen, und ich hatte bisher sorgfältig alles vermieden, was den Verdacht hätte erwecken können, dass ich an ihr stärker interessiert war, als Männer gewöhnlich an hübschen Frauen interessiert sind.
Ich besorgte mir auf schnellstem Wege ein Taxi. Ich wunderte mich ein wenig darüber, dass niemand mir folgte, um mich wegen des Portiers und wegen der unbezahlten Rechnung zur Rede zu stellen.
Ich ließ das Taxi auf dem kürzesten Wege zum Undertree fahren. Der Nachfolger des unglücklichen Nachtpcirtiers saß hinter seinem Schalter.
»Miss Forrester schon im Haus?«, fragte ich.
»Nein, Mr. Cotton, aber es ist mehrere Mal für Sie angerufen worden. Diese Nummer!«
Er gab mir einen Zettel, auf dem eine Nummer notiert war.
»Mr. Hofman?«, fragte ich und fühlte, dass mein Herz plötzlich bis zum Hals klopfte.
»Ja, so war der Name.«
»Geben Sie mir die Verbindung! Rasch!«
»Ist Hofman noch im Haus?«, fragte ich, als die Zentrale sich meldete.
»Nein, er ist mit einem Funkstreifenwagen fortgefahren. Schon vor ungefähr einer Viertelstunde. Ich kann versuchen, über Sprechfunk eine Verbindung mit ihm freizustellen.«
»Tun Sie das! Bitte, schnell! Hier spricht Jerry Cotton!«
Es dauerte drei endlose Minuten, bis die Zentrale die Vermittlung hergestellt hatte. Dann hörte ich Hofmans Stimme, und obwohl die Verbindung schlecht war, konnte es keinen Zweifel daran geben, dass der dicke Überwachungschef vor Wut kochte.
»Wo haben Sie gesteckt, Cotton?«, brüllte er mich an. »Ich habe drei Mal in dem verdammten Nachtklub anrufen lassen, in dem Sie sich herumtreiben wollten, aber jedes Mal erhielten wir die Auskunft, Sie wären nicht dort. In Ihrem Hotel waren Sie auch nicht. Wir wussten nicht, was wir unternehmen sollten. Sie haben schließlich die Verantwortung!«
»Was ist geschehen?«
»Collins erhielt Besuch, zum Henker! Und dieser Besuch stand nicht auf unserer Liste. Wir wussten nicht, ob wir ihn zu ihm lassen sollten oder nicht. Es war eine Frau!«
»Blond und groß?«, fragte ich. »Elegant angezogen?«
»Genau! Unser Mann, der den Fahrstuhl bedient, sagte zu ihr, der Fahrstuhl funktioniere nicht. Er tat das, um Zeit zu gewinnen, aber wir konnten nichts entscheiden, da wir Sie nicht erreichen konnten. Collins hat ihr geöffnet. Sie blieb keine zehn Minuten bei ihm.«
»Sind Sie in der Lexington Avenue? Okay, ich komme sofort hin.« Das Taxi hatte ich zum Glück warten lassen.
»Sie können die Geschwindigkeitsbeschränkungen außer Acht lassen«, befahl ich dem Chauffeur. Zehn Minuten später passierten wir einen Streifenwagen, der rund zehn Häuser vor Nummer 1282 am Straßenrand parkte. Die Gestalt des dicken Hofman lehnte am Kühler.
Ich ließ stoppen, stieg aus, fasste Hofmans Arm und zog ihn in den Streifenwagen.
»Kommen Sie, Hofman! Wir gehen in Collins Wohnung.«
»Lassen Sie die Überwachung platzen?«, fragte er, während er sich in die Polster warf.
»Ja«, antwortete ich einsilbig.
»Fahre direkt vor das Haus!«, befahl Hofman dem Fahrer.
***
Der Eingang des Hauses Nummer 1282 bestand aus einer großen Glastür. Ich drückte den Rufknopf. Da das Haus ja für Bürozwecke diente, wurde die Haustür nach zehn Uhr abends von dem Fahrstuhlführer des Nachtdienstes, 58 der gleichzeitig eine Art Nachtportier spielte, geöffnet.
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