0126 - Al Capone Nummer Zwei
in den Whisky panschten. Ich nehme an, dass die Frau - sie nennt sich Lil Forrester - das Zeug von Anfang an mit sich herumschleppte und nur auf eine Gelegenheit wartete, es mir beizubringen. Sie hat vom ersten Augenblick an sich angestrengt, mich zu einem Rendezvous zu bewegen. Vielleicht hielt sich ein Gangster ständig in ihrem Zimmer auf, um den harten Teil der Arbeit zu erledigen, wenn sie mir das Zeug glücklich beigebracht hatte. Als ich den Whisky bei dem Portier bestellte, witterte sie eine Chance, ihre Aufgabe zu erledigen, 60 ohne sich selbst in Gefahr zu begeben. Na, und als ich dann mit der Pistole herumfuchtelte und das ganze Hotel weckte, da schaltete sie rasch um und mimte die Retterin.«
Der Wagen zischte durch die fast leeren Straßen. Es begann schwach zu regnen.
Hofman räusperte sich. »Hören Sie, Cotton«, brummte er. »Als ich ein junger Beamter war, von rund fünfundzwanzig Jahren, überwachte ich einen Kerl, der gedroht hatte, seine Frau umzubringen. Ich überwachte ihn vier Wochen lang und war ganz sicher, dass er mich nicht hereinlegen konnte. Aber er legte mich rein, klebte sich einen falschen Schnurrbart an, setzte sich ’ne Brille auf und ging mir, der ich mich gerade für ein hübsches vorbeigehendes Mädchen interessierte, auf und davon. Als ich es merkte, hatte er seine Frau schon umgebracht. Wir sind nur Menschen, Cotton. Jeder kann einen Fehler machen. Jeder von uns kann sich verrechnen, und jeder kann Pech haben.«
Der Rufer der Sprechanlage schnarrte. Hofman drückte den Empfangshebel.
»Wagen 55! Mr. Hofman. Hören Sie?«
»Hier Hofman!«
»Ich stelle Verbindung mit Agent Reshby her!«
Es knackte einige Male. Dann hörten wir, seltsam verzerrt, das Keuchen eines Atems.
»Hallo, Reshby, sind Sie das?«
»Hofman? Ich habe die Frau verfolgt. Sie ging bis zur Colberry Street. Dann kam ein Wagen heran, stoppte und nahm sie auf. Es war ein schwarzer Cadillac mit weißem Dach und weißen Felgen. Neuestes Modell. Die Nummer konnte ich nicht erkennen. Der Wagen fuhr mit hoher Geschwindigkeit davon.«
Hofman gab unverständliche Flüche von sich.
»Nein, nein«, krächzte Reshbys Stimme aus dem Lautsprecher. »Ich bekam ihre Spur wieder. Ich hatte Glück und konnte ein Taxi stoppen. Ich stieß den Fahrer vom Steuer und raste in der Richtung, die der Cadillac genommen hatte. Ich bekam wieder Anschluss. Sie fuhren nicht einmal sehr schnell. Ich blieb hinter ihnen bis zur Werdoc Avenue. Die Straße kennen Sie, Hofman. Sie endet im Jachthafen. Ich fuhr nicht weiter hinterher, sondern stoppte an einer Telefonzelle und rief Sie an.«
Ich nahm Hofman das Mikrofon aus der Hand.
»Reshby, fahren Sie sofort zum Jachthafen. Ich wette, dass sie an Bord irgendeines Bootes gehen. Versuchen Sie, es zu verhindern. Reshby, machen Sie sofort von Ihrer Kanone Gebrauch. Auf andere Weise werden Sie die Burschen nicht an ihrem Vorhaben hindern können.«
Unterdessen hatte Hofman dem Fahrer auf die Schulter geklopft. »Werdoc Avenue! Gib der Karre die Sporen!«
Während der Fahrer die Geschwindigkeit erhöhte und das Rotlicht und die Sirene einschaltete, gab ich das Mikrofon Hofman zurück.
»Zentrale! Beordern Sie drei Streifenwagen zur Werdoc Avenue. Die Insassen eines schwarzen Cadillac mit weißem Dach, darunter eine blonde Frau, sind zu verhaften. Achtung! Die Betreffenden werden sich mit Waffengewalt wehren.«
Wir hörten mit, wie die Zentrale die Wagen, die der Werdoc Avenue am nächsten standen, anrief: »Nummer 116! Nummer 91! Nummer 4! Fahren Sie sofort Werdoc Avenue. Verhaften Sie Insassen eines schwarzen Cadillac mit weißem Dach. Achtung! Betreffende Personen sind bewaffnet und werden sich wehren. Achtung! Unter den Personen befindet sich eine blondhaarige Frau. Näheres über andere Insassen nicht bekannt.«
In rascher Folge gaben die angerufenen Wagen ihre Standortmeldungen.
»91 wird vor uns dort sein«, brummte Hofman, der Chicago natürlich viel besser kannte als ich. »Aber dann kommen wir!«
***
Die rasende Fahrt führte uns durch den Stadtteil, der unmittelbar an den Michigansee grenzt, in ungefähr östlicher Richtung.
»Werdoc Avenue«, sagte Hofman, als der Wagen in eine baumbestandene, häuserlose Allee einbog, die unmittelbar am See entlang führte.
Schrilles Sirenengeheul mischte sich jetzt in die Sirene unseres Wagens. Trockene Schläge peitschten dazwischen.
»Schüsse!«, schrie ich.
Im Scheinwerferlicht tauchte ein Streifenwagen auf. Direkt neben ihm
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