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0128 - Der Seelenwald

0128 - Der Seelenwald

Titel: 0128 - Der Seelenwald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Eisele
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das.
    Jetzt trennte mich nur mehr eine Handbreit von der Türöffnung.
    Die in dem Raum dahinter herrschende Spannung und Erwartung war körperlich spürbar.
    Jeden Moment mußte etwas Entscheidendes passieren.
    Ich konnte mir denken, was…
    Für mich kam es jetzt darauf an, den richtigen Moment abzupassen.
    Die tanzenden Schemen auf der der Türöffnung gegenüberliegenden Korridorwand verschwammen vor meinen Augen. Das Fackellicht zuckte und zitterte. Schemen huschten über die Wände.
    Der Choral der Dämonischen schwoll an. Immer mehr. Immer drängender wurde er.
    »Huldigt! Huldigt dem Seelenwald!«
    »Wir huldigen!«
    »Huldigt dem Bösen!«
    »Wir huldigen!«
    »Betet an Asmodina, die Tochter Satans! Die Schöpferin des Seelenwaldes, Meisterin des großen Werkes!«
    »Wir beten sie an!«
    Jetzt reichte es mir. Mit meiner Linken lockerte ich den Krawattenknoten und öffnete sodann die obersten Knöpfe meines Hemdes. Das silberne Kreuz, auf dem die vier Erzengel Raphael, Uriel, Michael und Gabriel ihre Zeichen hinterlassen hatten, reagierte auf die Ausstrahlungen des Bösen. Sanfte Wärme pulste davon aus, sickerte förmlich in meinen zerschundenen Körper hinein.
    »Bringt das Opfer dar!« gellte es plötzlich wie aus hundert Kehlen.
    »Bringt das Opfer dar, auf daß der Seelenwald überall entstehe! Der Seelenwald, das Instrument des Bösen!«
    Das war mein Stichwort!
    Es riß mich vorwärts!
    Mit einem raschen Schritt stand ich in der Türöffnung. Die teuflische Szenerie lag vor mir. Sie brannte sich in meine Augen ein.
    Asmodina, die Tochter des Teufels…
    Ekstatisch zuckende Leiber. Drei Männer. Drei Frauen. Und auf einem schwarzen Katafalk… Glenda Perkins!
    Eine der Tänzerinnen bückte sich, hob einen länglichen, blitzenden Gegenstand auf. Ein Henkersschwert! Mit einem wüsten Schrei riß sie es beidhändig hoch…
    »Nimm hin das Opfer, Asmodina!« kreischten die anderen.
    Das Schwert zuckte auf Glenda Perkins herunter…
    ***
    Es war soweit!
    Die Hinrichtung konnte beginnen!
    Zufrieden ließ Murthoom, der Dämonenpriester Asmodinas, seine Blicke über die Anwesenden gleiten. Sämtliche Bewohner des Dorfes waren gekommen. Einträchtig standen sie Seite an Seite.
    Eine Mauer aus Leibern, die den Richtplatz umgab. Unterdrückte Atemzüge. Hin und wieder ein leises Raunen und Flüstern. Das waren die einzigen Laute. Erwartungsvoll standen die Wesen da, die schon lange keine Menschen mehr waren.
    Vor langer Zeit hatten die Vasallen des Schwarzen Tods dieses Dorf eingenommen und die Bewohner zu Wirtskörpern rangniederer Dämonen gemacht. Alles war genau geplant. Hier sollte eines der interessanten Projekte der Schwarzblütler über die Bühne gehen. Das Dorf lag abgeschieden genug, so daß man keine Angst vor vorzeitiger Entdeckung haben mußte. Die zusätzlich vorgenommene magische Tarnung war undurchdringlich. Auch heute noch.
    Im Grunde genommen gab es dieses Dorf nicht mehr. Niemand der außerhalb lebenden Menschen erinnerte sich mehr daran. Von den Landkarten war es verschwunden. Auch dies war ein Werk der Dämonen.
    Und jetzt war der Schwarze Tod vernichtet, und die Tochter des Teufels hatte seine Stellung übernommen. Sie führte sein Werk fort.
    Selbstverständlich gab sie das offiziell nicht zu. Stets behauptete sie, der Seelenwald sei ihr Werk.
    Wellenartige Zuckungen rieselten über Murthooms zerfressene Gesichtsfläche. Er war beileibe nicht so töricht, ihr diesbezüglich zu widersprechen.
    Asmodina widersprach man nicht.
    Er war ihr ein treuer Diener, und das wußte sie zu schätzen.
    Dementsprechend wertvoll waren ihre Geschenke.
    Asmodina hatte ihn vom Dasein eines unbedeutenden Dämons erlöst und ihn in eine einflußreiche Position innerhalb der Hierarchie der Schwarzen Familie gehievt. Gleichzeitig hatte sie ihn zum Projektleiter ernannt und ihm 13 andere Dämonen unterstellt.
    Ebenso die Alten.
    Für sie empfand er nichts als Verachtung. Es waren lebende Leichen. Minderwertige Körper, uralt, vom Zerfall gezeichnet, beseelt von zweit- und drittklassigen Dämonen. Handlanger, nicht mehr.
    Aber sie dienten dem großen Werk, und so mußte er sie zumindest akzeptieren.
    An all dies mußte Murthoom denken, während er über seine Untergebenen, wie er sie insgeheim zu bezeichnen pflegte, hinwegsah.
    Und gleichsam genoß er die ehrfürchtige Stille, die sie umfangen hielt.
    Er beschloß, noch einige Augenblicke zu schweigen, und die Spannung so auf den Höhepunkt zu treiben.
    Ebenso wie

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