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0128 - Der Seelenwald

0128 - Der Seelenwald

Titel: 0128 - Der Seelenwald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Eisele
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seitwärts zu Boden, rollte ab und kam wieder auf die Füße. Die Beretta in meiner Rechten beschrieb eine Drehung.
    Nichts.
    Ich atmete aus.
    Und dann hörte ich den monotonen Singsang.
    Gedämpft wehte er durch das lädierte Riesenhaus, unheimlich, gespenstisch, allgegenwärtig. Er hallte in den langen, leeren Fluren, im Treppenhaus, in den düsteren Ecken und Winkeln, verzerrte sich.
    Ich konnte nicht definitiv feststellen, woher er kam.
    Aber ich wußte, was er bedeutete. Zu oft schon hatte ich es mit Sekten des Bösen zu tun gehabt. Hier wurde ein teuflisches Ritual seinem Höhepunkt zugeführt. Ein Dämon wurde beschworen. Ein Opfer angepriesen.
    Ein Menschenopfer!
    Ich wußte immerhin, mit was für Gegnern ich es zu tun hatte. Die Kerle, die ich mir draußen geschnappt hatte, machten deutlich, daß es keine Menschen waren. Allerdings auch keine Dämonen. Eher ein Mittelding. Eine Art Handlanger-Wesenheiten. Sie erinnerten mich an die Todesrocker. Hatte Satan persönlich die Finger im Spiel? Damals jedenfalls war das der Fall gewesen.
    Mit welchen Aufgaben, Befehlen mochten sie betraut sein?
    Ich würde mir die Antworten auf meine Fragen holen, nahm ich mir entschlossen vor.
    Ich durchquerte die enge Halle. Rechterhand hingen ein paar rostige Briefkästen an einer Wand, die mit weißlichen, moosartigen Schimmelpilzen überzogen waren.
    Überall nisteten Fäulnisgeruch und Nässe. Irgendwo tropfte Wasser von der Decke.
    Nichts geschah.
    Der Singsang wurde lauter. Aber das konnte ich mir auch einbilden. Mein Nervenkostüm war heute nicht mehr besonders feinmaschig.
    Ich huschte zur Treppe und hetzte sie hoch. Das Geländer berührte ich nicht. Es sah morsch aus. Viel zu morsch. An manchen Stellen fehlte es ganz.
    Bis zum dritten Stock schaffte ich es ohne Schwierigkeiten. Dann machten sich die Schläge und Tritte bemerkbar, die ich heute schon hatte einstecken müssen. Ich hatte sie beileibe noch nicht verdaut.
    Im Grunde genommen war es fast ein Wunder, daß ich überhaupt noch auf den Füßen war.
    Jetzt kamen die Schmerzen wieder. Und mir wurde schlecht.
    Mein Magen schien nach außen gestülpt zu werden. Ich krümmte mich zusammen, lehnte mich an eine nasse, glitschige Wand und atmete tief durch.
    Das böse Gefühl, das in mir loderte, trieb mich weiter. Keine Zeit verlieren, Sinclair! hämmerte es in meinem Schädel. Taumelnd lief ich weiter.
    Jeder Schritt fiel mir schwer. Die Erschöpfung ließ meine Füße bleischwer werden.
    Das war der tote Punkt. Ich mußte ihn überwinden. Ich rannte weiter. Mechanisch. Wie ein Roboter. Irgendwie schaffte ich es tatsächlich, in den sechsten Stock hinaufzukommen.
    Der Singsang gellte in meinen Ohren, eine fürchterliche Melodie.
    Dazwischen verstand ich einzelne Satzfetzen:
    »… uns gnädig, Herrin der Finsternis! Nimm an unser Opfer! Sieh es an als Tribut an dein großes Wirken im Dienste des Bösen auf Erden!«
    »Nimm hin, o Herrin, das Opfer!«
    »Nimm hin…«
    Die Melodie wurde aufputschender, ekstatischer. Ich roch Schweiß, Fäulnisgestank und Todesangst.
    Meine Hand krampfte sich noch fester um den Griff der Beretta.
    Behutsam schob sich mich weiter. Ich glaubte jetzt, die richtige Richtung zu kennen. Und die Wesenheit, der geopfert werden sollte…
    Ein schmaler Korridor, am Ende war ein großer Raum. Er mußte von mehreren Fackeln erhellt sein, denn zuckende, huschende Lichtreflexe tanzten über die Flurwand. Wahrscheinlich hatten sie die Fenster des Raumes abgedunkelt.
    »Du wirst vollbringen das Werk des Bösen!« schrillten die Stimmen.
    »Und das große. Werk wird deinem Namen Ruhm und Ehre sein!«
    Großes Werk?
    In meinem Schädel jaulte eine ganze Batterie Alarmsirenen los.
    Guter Himmel, in was für ein Hornissennest war ich da geraten?
    Was hatten die Teufel vor?
    So mußte sich ein Mann vorkommen, der einen unscheinbar wirkenden Strick aufhebt, daran zieht und im selben Augenblick erkennen muß, daß er den Schwanz des Teufels in Händen hält.
    Vor meinen Augen flimmerte es.
    Ich mußte weiter.
    Schritt für Schritt schob ich mich an der Wand entlang. Jeden Augenblick konnte jemand in den Korridor heraustreten und mich entdecken.
    Es war schier unglaublich, daß sie derart sorglos waren und hier oben keine Wachen aufgestellt hatten.
    Nun, ich würde meine durchnäßte Haut auf jeden Fall so teuer wie möglich verkaufen.
    Ich erreichte die Türöffnung. Das Holz des Rahmens roch feucht, wie alles in diesem Bau. Beiläufig registrierte ich

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