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0128 - Der Seelenwald

0128 - Der Seelenwald

Titel: 0128 - Der Seelenwald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Eisele
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Korridor.
    Glendas Gewicht behinderte mich.
    Ich schlug zu, als die Priesterin kreischend und fauchend heran war. Der Knauf der Beretta war ein überzeugendes Argument.
    Gurgelnd brach das Geschrei ab. Die Priesterin sank zu Boden.
    Die Vision von Asmodinas Gesicht blähte sich auf wie eine übergroße Seifenblase. Violette Blitze zuckten und wirbelten. Ein unwirklicher Wind kam auf, fauchte heran.
    Die anderen Höllendiener hetzten los. Sie trugen ihre Masken nicht mehr. Ich sah fürchterliche Gesichter. Gesichter, die unmöglich lebenden menschlichen Wesen gehören konnten.
    Aber es waren Momenteindrücke.
    Ich konnte nicht darauf achten. Zeit, genau hinzusehen, hatte ich beileibe nicht.
    Ich mußte schießen.
    Die Beretta in meiner Rechten spuckte ihre geweihten Silberkugeln aus. Der Rückschlag ließ mich beinahe taumeln. Ich stand auf Puddingfüßen. Meine Knie zitterten. Die Erschöpfung war wie ein riesiges Gewicht, das auf mir lastete und von Sekunde zu Sekunde größer wurde.
    Die ersten beiden Dämonenhandlanger wurden von meinen Kugeln gestoppt und zurückgeworfen.
    Die anderen stolperten über die leblosen, sich in Auflösung befindlichen Bündel.
    Sie purzelten zu Boden.
    Schreie und Flüche gellten.
    Asmodina geiferte. Schaum trat vor ihre Lippen. »Laßt ihn nicht entkommen! Das ist Sinclair! John Sinclair! Tötet ihn! Er darf unser Projekt nicht gefährden! Er hat zuviel gehört! Er muß sterben… Ihr Versager! Tötet ihn!«
    Ihre Stimme überschlug sich.
    Ging unter im Wummern der Beretta. Ich hatte zwei Schüsse in ihre Richtung abgefeuert.
    Das Zerrbild des Frauengesichts zerplatzte wie eine überreife Tomate!
    Dunkelheit breitete sich schlagartig aus.
    Ich war schon wieder unterwegs. Den Korridor entlang. Zur Treppe.
    Wie lange ich Glenda noch tragen konnte, wußte ich nicht. Ich dachte auch nicht darüber nach. Nur weg! Den Vorsprung ausnutzen!
    Ein verdammt kleiner Vorsprung!
    Hinter mir wurden bereits die Schritte der Verfolger laut. Wenn sie mich einholten, dann gab es einen Geisterjäger weniger in good old London.
    In meinem momentanen Zustand hatte ich keine Chance gegen sie.
    Ich holte das letzte aus mir heraus. Meine Zunge klebte wie ein Stein an meinem Gaumen. Mein Atem rasselte. Mehr tot als lebendig hastete ich die Stufen hinunter. Immer an der feuchten, naßkalten Wald entlang, damit ich nicht gegen das morsche Geländer knallte und in die Tiefe stürzte.
    Meine Augen gewöhnten sich wieder an die Dunkelheit. Nur hin und wieder blitzten Funkenregen auf… Shit auch. Vorhin hatte ich direkt in die grelle Auflösung der Vision von Asmodinas Gesicht gesehen.
    Aber der Gedanke, daß ich der Teufelstochter höchstpersönlich eines ausgewischt hatte, regte meine Lebensgeister an. Derlei Aufputschschocks brauchte ich jetzt. Nur sie hielten mich noch auf den Füßen. Nur sie sorgten dafür, daß der Pudding in meinen Knien noch für eine Weile fest blieb.
    »Da unten ist er!«
    »Wir kriegen ihn!«
    »Wenn wir dich in unseren Händen haben, Sinclair, dann wirst du dir wünschen, niemals geboren worden zu sein!«
    Irgendwoher kannte ich diese und ähnliche Drohungen. Ich sparte mir meine ohnehin knappe Luft.
    Die Schritte der Verfolger kamen trotzdem näher. Ich zerknirschte einen Fluch.
    Und dann, im zweiten oder dritten Stockwerk angelangt, wußte ich, daß es aus war.
    Ich konnte nicht mehr weiter!
    Ich torkelte, verlor das Gleichgewicht. Mit letzter Kraft riß ich mich herum, so, daß Glenda auf mich fiel. Schlaff wie eine Puppe war sie. Noch immer besinnungslos. Ich wußte nicht, was die Teufel mit ihr angestellt hatten.
    Schweratmend wälzte ich mich zur Seite. Die Rechte mit der Beretta war wie ein Gegenstand, der nicht zu meinem Körper gehörte.
    Trotzdem brachte ich sie hoch.
    Schatten!
    Über mir, auf dem nächst höheren Treppenabsatz!
    Ich feuerte! Die orangefarbene Feuerlanze stach aus dem Lauf.
    Gleichzeitig wechselte ich meine Stellung.
    Ein erstickter Aufschrei quittierte den Schuß. Ich sah einen Schemen vorwärts taumeln. Dann krachte er gegen das Geländer.
    Es zerbarst. Inmitten eines Splitterregens sauste der Schemen in die Tiefe. Dann war unten ein hartes, klatschendes Geräusch zu hören.
    Die Schatten über mir waren gewarnt.
    Sie verschmolzen regelrecht mit der überall herrschenden Dunkelheit.
    Mein Herzschlag wummerte mir in den Ohren. Ich hörte ein Flüstern. Sie besprachen sich, klar. Was hatten sie vor?
    Vorsichtig robbte ich zurück. Glenda zog ich mit mir.

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