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0128 - Der Seelenwald

0128 - Der Seelenwald

Titel: 0128 - Der Seelenwald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Eisele
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schwarze Fläche, in der sein Gesicht hätte sitzen sollen.
    Es knallte dumpf, dann ging der Kerl zu Boden.
    Kein Schmerzenslaut.
    Nichts.
    Die anderen stürzten sich auf mich. Wie Schatten waren sie. Nirgends und doch allgegenwärtig.
    Meine Chancen standen schlecht.
    Wieder schrie Glenda. Ich riß meinen Schädel herum, sah zwei Schemen, die ein sich windendes, zappelndes, beißendes und kratzendes Bündel wegschleppten, und federte vorwärts. Aber ich kam nicht weit. Die Vermummten waren wie eine Wand.
    Irgend jemand kickte mir die Füße unter dem Leib weg. Zum zweitenmal ging ich zu Boden. Und diesmal kam ich ziemlich unglücklich auf. Meine Ellenbogen schienen zu splittern. Meinen Mantel und den Anzug konnte ich getrost auf den Restwert abschreiben. Die beiden brachte keine Reinigung mehr hin.
    Aber das waren meine geringsten Sorgen.
    Jetzt prasselten die Schläge und Tritte wie ein wütender Regen auf mich herunter. Ich riß die Hände vors Gesicht, krümmte mich zusammen, um wenigstens den gemeinsten Hieben zu entgehen.
    Es wurde hart.
    Verdammt hart.
    Die Kerle verstanden ihr Handwerk. Aber irgendwie packte ich es doch, nicht ohnmächtig zu werden. Ich wehrte mich. Verteilte Tritte und Schläge. Obwohl ich wußte, daß ich ihnen damit nicht imponieren konnte. Sie hatten mich am Boden. Und sie waren in der Überzahl.
    Irgendwann war es vorbei.
    Sie ließen mich liegen und hetzten davon. So geisterhaft schnell, wie sie aufgetaucht waren, waren sie auch wieder verschwunden.
    Und Glenda Perkins hatten sie mitgenommen.
    Nur die Gewißheit pulste in meinem Kopf. Die Tatsache, daß ich das Mädchen nicht hatte beschützen können. Wie ein Anfänger war ich in die Falle getappt. Die kaputten Laternen. Die Stille. Ich hätte es rechtzeitig merken müssen. Das kommt davon, wenn man zuviel grübelt! sagte ich mir und zerquetschte einen ziemlich kernigen Fluch zwischen den Zähnen.
    Rasselnd atmete ich. Das Riesengebirge schien auf mir zu liegen.
    Mein ganzer Körper schien in Feuer gebadet worden zu sein.
    Eine elegante Umschreibung für das, was sie mit mir angestellt hatten.
    Ich atmete tief ein und wälzte mich auf den Rücken. Das kostete mich schon eine gewaltige Anstrengung. Über mir war der düstere Nachthimmel aufgerissen. Ein paar Sterne ließen sich sehen. Sie schimmerten und glänzten wie Juwelen auf schwarzem Samt. Der Mond hatte sich vollkommen hinter die Wolkenfetzen verzogen.
    Ich richtete mich auf.
    Glenda! Nur an sie konnte ich denken. Was hatten sie mit ihr vor? Warum ausgerechnet sie? Warum hatten sie nicht mich genommen?
    Und überhaupt: Was waren das für Kerle?
    Die roten Augen…
    Nun, vielleicht ein Bluff. Vielleicht nur Maskerade.
    Wie aus weiter Ferne hörte ich schlurfende Schritte.
    Ich mühte mich vollends auf die Füße. Ich mußte Glenda helfen.
    Zeit, meine Wunden zu lecken, blieb mir nicht. Ich hatte ohnehin schon zu viele Punkte an den Gegner abgeben müssen.
    Ich schaffte es, aufrecht zu stehen. Da sah ich die kleine, unscheinbare Gestalt, die sich mir näherte. Zögernd, wie mir schien.
    »Ich – ich hab’ sie gesehen«, erklärte mir der kleine Mann aufgeregt. Seine mächtige Knollennase glühte. Der Fünf-Tage-Bart zitterte. Die großen, glänzenden Augen flackerten in einem unsteten Licht.
    Die Alkohol-Aura, die er um sich herum verbreitete, roch ich sogar auf die Distanz. Der gute Bursche, der da vor mir stand und mich jetzt erwartungsvoll anstarrte, hatte so vollgetankt wie ein Jumbo-Jet vor dem Start.
    Aber ich dachte nicht daran, wählerisch zu sein.
    »Was haben Sie gesehen?«
    »Die Kerle natürlich, die Sie und das Girl überfallen haben, ja, die hab ich gesehen. Sie sind in die Richtung abgehauen. Klar, da hinten haben sie nämlich ihren Rolls abgestellt. Vorhin… ja, irgendwo da hinten.« Er zeigte die Gasse hinunter. »Zeiten sind das heutzutage …« Er schüttelte den Kopf. Das schien ihm nicht zu bekommen. Er schwankte plötzlich wie ein Schilfrohr im Sturm.
    Ich stützte ihn.
    Gleichwohl aber hatte ich es auch eilig, weiterzukommen. Die Geschichte mit dem Rolls Royce konnte ich zwar nicht so recht für bare Münze nehmen, trotzdem…
    Er hielt mich zurück. »Danke, Sir«, brummte er. »Wissen Sie, die Kerle haben die Lampen kaputt gemacht. Das hab’ ich gesehen. Da dachte ich mir: Billy, bleib mal in der Nähe und paß auf. Jawohl.«
    »Sie hätten uns warnen können!«
    Der Stadtstreicher zuckte zusammen.
    Wie eine Nonne, der man einen unanständigen Witz

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