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0128 - Die Hexe aus dem Fluß

0128 - Die Hexe aus dem Fluß

Titel: 0128 - Die Hexe aus dem Fluß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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noch jung und straff aussah. Hedgeson selbst tat nichts, um diese Gerüchte zu zerstreuen.
    Seit zehn Jahren nun hatte er Italien nicht mehr verlassen. Mit seinen Managern und Anwälten korrespondierte er nur noch telefonisch, oder die flogen zu ihm. The great Hedgeson hatte einen privaten Landeplatz für die kleinen, wendigen und superschnellen Maschinen einrichten lassen.
    Seine fünfte Frau hatte ihm eine Tochter hinterlassen, die mittlerweile ins heiratsfähige Alter gekommen und, da gut aussehend, entsprechend umschwärmt war. April hatte wie ihr Vater in Telford studiert, anschließend in Oxford und darauf zwei Semester in Paris. Dabei hatte sie durch Zufall die Bekanntschaft einer jungen Frau namens Nicole Duval gemacht.
    Von Nicole Duval zu Professor Zamorra war es nicht weit. In einer Studentenkneipe waren sie zusammengetroffen, in der Zamorra öfter zu finden war. Der Professor hielt in jenem Jahr eine Vorlesung über Randphänomene der Parapsychologie.
    Sir Francis Hedgeson war ebenfalls mit Zamorra zusammengetroffen, als April Nicole und ihren Chef einfach mal an den Gardasee einlud. Beide Männer waren nicht so richtig miteinander warm geworden. Hedgeson hielt den Parapsychologen für einen Spinner und Scharlatan, und Zamorra wußte bis heute noch nicht, ob Hedgeson nicht wirklich mit den Mächten der Finsternis in Verbindung stand. Hinzu kam noch, daß Hedgeson Brite und Zamorra Franzose war.
    Dieses letzte Treffen lag jetzt zwei Jahre zurück. Daran erinnert, hob Sir Francis Hedgeson unmutig die Brauen.
    »Wen, bitte, April?«
    Vor ihnen auf dem niedrigen Tisch stand die Kanne Tee neben den beiden Tassen. James, der Butler, er hieß Morris Dennessey, stand in vornehmer Zurückhaltung daneben. Daß Sir Francis ihn einfach umgetauft hatte, störte ihn nicht. Nicht bei dem Gehalt, das er erhielt.
    James hüstelte dezent. »Sir, Mylady, darf ich einschenken, wenn die Frage erlaubt ist?«
    Sir Francis ließ sich nicht ablenken. »Quatsch nicht soviel, James, fülle die Tassen, und bevor du fragst: Keine Zitrone, nur Milch! Kapiert? Scher dich zum Teufel.«
    James hüstelte erneut. »Mit Verlaub, Sir, der Gehörnte würde hocherfreut sein, einen Butler wie mich zu bekommen. Überlegen Sie es sich noch einmal anders, Sir?«
    Sir Francis holte tief Luft und sah den Butler drohend an. »Wieder zu Scherzen aufgelegt, was? Aber ich nicht! Abgang!«
    »Sehr wohl, Sir«, murmelte James. »Mylady?« Er verneigte sich, machte auf dem Absatz kehrt und eilte lautlos davon.
    The great Hedgeson tunkte den Silberlöffel in den Tee und begann zu rühren. Nach der siebenundzwanzigsten Umdrehung sprach seine Tochter ihn wieder an.
    »Willst du das Porzellan durchbohren, Daddy?«
    Sir Francis sah sie durchdringend an, legte den Löffel auf die Marmorplatte des niedrigen Tisches und beobachtete dann, wie das am Besteck haftengebliebene Tröpfchen Tee sich auf dem Marmor ausbreitete. Wie beiläufig nuschelte er: »Ich beliebte, eine Frage zu stellen.«
    Das junge Mädchen, schlank, hübsch, dunkelhaarig wie sein Vater und in ein ziemlich unbritisch kurzes weißes Kleid gehüllt, sah zur Decke und seufzte vernehmlich. Mit seinen zweiundzwanzig Jahren trennten es Welten von seinem Vater, was beiden aber nur selten bewußt wurde. Denn Hedgeson hatte sich nicht nur auf rätselhafte Weise ein jugendliches Äußeres bewahrt, er war auch - was weniger rätselhaft erschien - in seinem Herzen jung geblieben. Wie jung er noch war, zeigte er wieder einmal, als er jetzt aufsprang, die Teetasse in der Hand, ohne einen Tropfen zu verschütten, und vor seiner Tochter stehenblieb, die ihre schlanken Beine übereinanderschlug und ihn abwartend ansah.
    »Ich sagte es doch«, erklärte sie nüchtern. »Nicole Duval. Oder hörst du neuerdings schlecht?«
    Sir Francis Hedgeson, Herrscher über Millionen und Abermillionen englischer Pfund, behauptete das Gegenteil. »Aber daß dann mit hundertprozentiger Sicherheit dieser Spinner mitkommt, das ist dir egal? Der Mann bringt mich an den Rand eines Herzinfarkts!«
    April lächelte. Wußte ihr Vater überhaupt, was ein Herzinfarkt war? Er war so gesund, wie ein Mensch nur sein konnte, und stellte die Ärzte mit dieser Gesundheit und dem Aussehen eines Vierzigjährigen immer wieder vor Rätsel.
    »Tu mir das nicht an«, murmelte Hedgeson. »Nicht nur, daß du deinen dreiundzwanzigsten Geburtstag feierst und mir damit beweist, selbst auch wieder ein Jahr älter geworden zu sein - jetzt mußt du auch noch

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