013 - Frankensteins Geburt
hatte.
Von früher wusste er, dass sich hier ein Tor befand, das in das Innere des Schlosses führte. Garwin ging immer langsamer. Einmal stolperte er und konnte sich nur mit Mühe im Gleichgewicht halten.
Dann sah er das Tor. Es war klein und ohne Klinke. Er legte den Kopf an das kalte Holz und klopfte gegen die Türfüllung.
Nichts rührte sich.
Er klopfte wieder, diesmal stärker, und begann dazu laut zu schreien.
Doch es blieb still.
Dassin ließ sich von Ellen Grace die Handschuhe ausziehen.
Baker lag noch immer auf dem Operationstisch. Die Hautübertragung war fast vollständig abgeschlossen.
Der ehemalige Basketballspieler bot einen erschreckenden Anblick, mit der geisterhaft schimmernden Haut und dem eigenartig geformten Gesicht.
Der Professor war mit dem Ergebnis sehr zufrieden. Baker sah zwar wie ein Ungeheuer aus, doch das störte ihn wenig. Ihm war vor allem wichtig, dass der menschliche Körper die Kunsthaut nicht abgestoßen hatte.
Der Herzschlag Bakers hatte sich normalisiert. Der Patient hatte die Hautübertragung tadellos überstanden. Vielleicht konnte man sogar sagen, dass die Kunsthaut an seinem derzeitigen guten Befinden Anteil hatte. Nur eines machte Dassin Sorgen: Bakers Gehirn. Er hatte keine Ahnung, wie Baker reagieren würde, wenn der Heilprozess abgeschlossen war.
Vielleicht war es möglich, überlegte der Wissenschaftler Baker ein anderes Gehirn einzupflanzen. Der Gedanke erregte ihn geradezu. Seine Augen begannen zu glühen. Er könnte seine Experimente in dieser Richtung hin ausweiten. Seine Traumvorstellung war ja. ein Wesen aus verschiedenen Menschen zu schaffen, ein wahrhaft perfektes menschliches Wesen mit einem überragenden Gehirn und einem perfekten Körper, den er mit der Kunsthaut versehen würde, damit dieses Wesen unverwundbar war.
Dassin wusch sich die Hände und ging seinen Gedanken nach. Beim Hinausgehen warf er noch einen raschen Blick auf den ohnmächtigen Baker. Dann stieg er in den Aufzug und fuhr in das erste Stockwerk, das eigentlich das Erdgeschoß war. Hier lagen die Privaträume der Bediensteten. Howard Hestons. und hier hatte auch Dassin seine Zimmer, die er nach eigenen Vorstellungen hatte einrichten dürfen.
Der Wissenschaftler hatte einen makabren Geschmack. Sein Schlafzimmer hatte er sich als Totenkammer einrichten lassen, mit einem schmalen Bett, das wie ein Sarg aussah. und hohen Kerzenleuchtern. Auch das Wohnzimmer war nur spartanisch möbliert, mit einer einfachen Ledergarnitur, einem schmalen Glastisch und einem riesigen Bücherschrank. Seine Räume standen im krassen Gegensatz zu der sonstigen Einrichtung des Schlosses.
Als er eben in sein Wohnzimmer eintreten wollte, kam einer der uniformierten Wärter auf ihn zu gerannt. Dassin blieb unwillig stehen.
»Was ist los?« fragte er barsch.
Der Wärter atmete schwer. »Die elektronischen Warnanlagen haben gemeldet, dass sich draußen jemand befindet.«
Dassin runzelte die Stirn. »Wieso kommen Sie damit zu mir? Das fällt nicht in meinen Bereich. Melden Sie es Heston und lassen Sie mich mit diesem Unsinn in Ruhe. Es ist doch wohl undenkbar, dass bei diesem Wetter einem Menschen der Aufstieg gelingen sollte.«
»Mr. Heston schläft schon«, sagte der Wärter. »Deshalb muss ich mich an Sie wenden. Sollen wir nachsehen?«
Dassin fuhr sich mit der rechten Hand übers Kinn. Dann verzog er den Mund, und plötzlich lächelte er. »Wem haben Sie davon noch berichtet?«
Der Wärter schüttelte den Kopf. »Nur Ihnen.«
Dassin nickte. »Gut, ich komme mit. Sehen Sie nach, ob sich wirklich jemand draußen befindet.«
Sie bogen nach rechts in einen breiten Gang ein. Hier lag das Zimmer des Wärters. In dem Raum liefen alle Überwachungsanlagen zusammen. Auf mehr als einem Dutzend Bildschirmen konnte man alles, was im Haus vorging, beobachten, und die Aufgabe des Wärters war es, jedes von der Norm abweichende Ereignis sofort zu melden.
Die Warnanlage schrillte noch immer.
»Stellen Sie das verdammte Ding ab!« befahl Dassin.
Der Wärter nickte und drückte auf einen blauen Knopf. Das Schrillen hörte auf. und auch die rote Warnlampe ging aus.
»Ich gehe jetzt hinaus«, sagte der Wärter. »Hier ist der Mechanismus für die Tür. Ich …«
»Gehen Sie nur!« sagte Dassin. »Ich weiß, wie man die Tür bedient.«
Der Wärter nahm eine Maschinenpistole mit und schritt auf die Tür zu.
Dassin stellte die Scheinwerfer ein, die über der Tür montiert waren, dann kippte er den schlanken
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