0130 - Mr. Mondos Monster
hatte?
Eigentlich nicht. Er war froh, daß er bei Lady Sarah arbeiten konnte.
Sie erreichte die erste Etage und blieb dort stehen. Wieder rief sie den Namen ihres Butlers, und wiederum bekam sie keine Antwort.
Jetzt mußte Edgar sie aber hören.
Er schien taub zu sein.
Die Lady überlegte. Gern besuchte sie ihn ja nicht auf seinem Zimmer. Das schickte sich nicht für eine ältere Dame, sie dachte da sehr konservativ, aber in diesem Fall wollte sie mal eine Ausnahme machen und über ihren eigenen Schatten springen.
Deshalb ging sie weiter.
Die Stufen knarrten unter ihren Schuhen. Hier oben lag kein Teppich. Lady Sarah ließ den Absatz hinter sich, erreichte den zweiten, ging die ersten drei Stufen und blieb plötzlich wie vor eine Wand gelaufen stehen.
Vor der Zimmertür hockte jemand am Boden.
Lady Sarah hob die Waffe. »Wer sind Sie?« fragte sie. »Los, sagen Sie etwas!«
Sie bekam keine Antwort.
»Dann eben nicht, mein Lieber«, flüsterte die alte Dame und schritt weiter.
Vor der zusammengesunkenen Gestalt blieb sie stehen. Es war Edgar, ihr Butler. Jetzt erkannte sie ihn.
Sie knipste das Licht an. Die trübe Birne an der Decke reichte gerade aus, um die Stufen zu beleuchten. Die Lady wechselte die Armee-Pistole in die linke Hand und faßte mit der rechten nach der Schulter ihres Butlers.
Da spürte sie schon die Feuchtigkeit an ihren Fingerspitzen. Sie zog die Hand zurück, schaute sie sich an und erschrak.
Das war Blut!
Edgars Blut.
Im selben Augenblick fiel Edgar zur Seite. Sein Kopf rutschte nach hinten, die leeren Augen starrten gegen die Decke, und die Lady erkannte mit Entsetzen, daß ihrem Butler nicht mehr zu helfen war.
Man hatte ihm die Kehle durchgebissen!
***
Sarah Goldwyn schrie nicht und verfiel auch nicht in Panik. Sie zitterte nur, das war ihre einzige Reaktion. Wie im Roman, dachte sie. Der arme Edgar.
Es kam ihr jetzt zugute, daß sie so zahlreiche Gruselromane gelesen hatte, und sie erinnerte sich genau an das Heulen, das sie vernommen hatte.
Ein Werwolf steckte im Haus!
Für die Frau gab es keinen Zweifel. Ihr Blick glitt über die Leiche hinweg, bis zur Zimmertür, die zu Edgars Wohnung führte.
Die Tür stand offen!
Jetzt überlegte Sarah genau. Sie hatte die Waffe, aber wenn sich wirklich ein Werwolf in ihrem Haus aufhielt, konnte sie mit normalen Kugeln nicht viel anfangen. Um Werwölfe zu töten, mußte man schon eine Spezialmunition verschießen.
Zum Beispiel geweihte Silberkugeln.
Die allerdings besaß sie nicht.
Was also tun?
Da Lady Sarah in ihrem Leben noch nie große Angst verspürt hatte, klopfte ihr Herz kaum schneller, als sie die Leiche vorsichtig passierte und auf die Tür zuschritt.
Ein paar Sekunden blieb sie noch stehen, bevor sie durch den Spalt peilte.
Auf dem Speicher war alles dunkel.
Oder nicht?
Sie schaute genauer hin, und ihre Augen weiteten sich unmerklich. Sie hatte etwas entdeckt.
Zwei gelbe Punkte.
Etwa in Kopfhöhe starrten sie auf die Tür.
Jetzt wurde es der alten Lady doch etwas mulmig zumute. Trotzdem verlor sie nicht die Nerven. Sie griff sogar mit der linken Hand in den Spalt hinein und zog den von innen steckenden Schlüssel aus dem Schloß. Dann drückte sie die Tür zu und schloß hastig von außen ab.
Sie atmete auf.
Das wäre geschafft.
Plötzlich merkte sie, daß ihr der Schweiß auf der Stirn stand.
Ganz spurlos waren die letzten Minuten doch nicht an ihr vorübergegangen.
Kein Wunder, sie war ein Mensch und keine Maschine.
Sarah Goldwyn schritt die Stufen wieder hinab und warf noch einen letzten, abschiednehmenden Blick auf ihren toten Butler.
»Das hast du nicht verdient, Edgar«, flüsterte sie. »Aber keine Angst, ich werde dich rächen. Dein Tod bleibt nicht ungesühnt.«
Die Worte hörten sich aus dem Mund der alten Dame seltsam an, doch sie waren sehr ernst gemeint.
Mit etwas weichen Knien schritt sie hinunter ins Erdgeschoß, wobei sie die Rechte auf den Handlauf des Geländers legte. In der Linken hielt sie die Pistole.
Auf halber Strecke hörte sie wieder das Heulen.
Die Lady zuckte zusammen. Es wurde Zeit, daß jemand den Werwolf ausschaltete. Auf keinen Fall durfte es ihm gelingen, die Tür aufzubrechen.
Dann war sie verloren.
Sie erreichte den kleinen Flur, wo auch das Telefon auf der Kommode stand.
Die Nummer des nächsten Reviers kannte sie auswendig. Sie wählte. Ein ihr bekannter Polizist hatte Nachtdienst und meldete sich.
»Hier spricht Mrs. Goldwyn«, wagte sie. »In meinem Haus
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