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0141 - Die Hexe vom Schädelfelsen

0141 - Die Hexe vom Schädelfelsen

Titel: 0141 - Die Hexe vom Schädelfelsen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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Das Mondlicht traf sie voll, hüllte sie in einen siibrigweißen Schein. Ruhig, bewegungslos stand sie vor dem Schädelfelsen. Ihre Arme hingen herab, der Blick schweifte über die abscheuliche Schar zu ihren Füßen hinweg in endlose Weiten. Ein rötliches Leuchten lag in ihren Augen.
    Rötlich schimmerten auch ihre Haare, die bis auf die Schultern herabfielen. Die Frau war schlank und hochgewachsen. Sie trug ein bodenlanges Gewand, hauchdünn trotz der nächtlichen Kühle. Die Konturen ihres Körpers schimmerten im Mondlicht durch das zarte Gewebe.
    Das Gesicht war schmal, die Haut blaß. Kurz und gerade die Nase, darunter ein voller, roter Mund, der durch seine Färbung hervortrat.
    Sie bewegte sich nicht. Eine Wolke schob sich vor den Mond. Schatten breitete sich über ihr und die lärmende Schar der Teuflischen aus. Die Kobolde und Gnomen verteilten sich über die Umgebung, krächzten und spektakelten. Aus dem Nichts schwang sich mit hartem Flügelschlag ein gewaltiger Rabe heran und ließ sich auf der Schulter der Frau nieder.
    Abermals riß die Wolkendecke auf. Ein Lichtstrahl traf direkt das schmale, blasse Gesicht.
    Jetzt kam eine schwache, kaum merkliche Bewegung in die Frau. Sie öffnete den Mund. Nur etwas, aber dennoch weit genug. Etwas wurde weiß glänzend erkennbar - ein Paar langer, spitzer Vampirzähne…
    »Chraaa!« schrie der Rabe auf ihrer Schulter. »Chraaa!«
    Augenblicklich verstummten die Wesen rund um den Schädelfelsen und die Frau.
    Sie streckte den Arm aus, deutete hinunter ins Tal. Es war, als erteile sie lautlos einen Befehl.
    Die kleinen, bösartigen Wesen huschten behende davon. Die schlanke, schöne junge Frau mit dem langen, fließenden roten Haar und dem Raben auf ihrer Schulter blieb zurück. Immer noch waren die Eckzähne deutlich zu sehen.
    Wieder schrie der Rabe!
    ***
    Nicole fuhr erschrocken hoch. Das Krächzen war überlaut. Verwirrt sah sie sich um. Ihr Blick irrte zum Fenster, erfaßte den übergroßen, schwarzen Raben, der dort hockte und unverwandt ins Zimmer starrte.
    »Chraaa!«
    Nicole Duval erschauerte. Sie empfand Angst vor dem schwarzen Vogel, unnatürliche Angst.
    »Zamorra«, hauchte sie.
    Er war sofort wach. Das Schreien des Raben hatte ihn nicht wecken können, aber die Stimme Nicoles. »Was ist?«
    »Am Fenster«, flüsterte sie. »Der Rabe!«
    Zamorra wandte den Kopf. Doch er konnte keinen Raben erkennen. »Da ist nichts, Nici«, brummte er und legte den Arm um ihre Schulter. »Du hast geträumt!«
    »Doch - da hockt er!« stöhnte sie. »Er starrt mich an! Siehst du ihn nicht, siehst du ihn wirklich nicht?«
    Zamorra schüttelte den Kopf. Das Fenster war halb geöffnet, die Gardinen bewegten sich etwas im Lufthauch. Doch von einem Raben konnte Zamorra nichts erkennen. Auch nicht von irgendeinem anderen Vogel.
    »Nici, du…«
    »Er ist da!« schrie Nicole.
    »Chraaa!« krächzte der Rabe, den Zamorra nicht sehen und nicht hören konnte.
    »Ich werde das Fenster schließen«, beschloß Zamorra und schwang sich aus dem Bett. Nicole sah ihm mit geweiteten Augen nach, als er hinüber ging.
    »Vorsicht!« schrie sie.
    Im gleichen Moment, als Zamorra das Fenster schließen wollte, hackte etwas nach seiner Hand. Er schrie unterdrückt auf und starrte fassungslos auf die kleine Wunde, aus der Blut sickerte. Es sah nach einem Schnabelhieb aus.
    Aber da war doch nichts!
    Oder…
    Zauberei?
    Aber Château Montagne war abgesichert, von einem Netz weißmagischer Dämonenbanner umgeben.
    Dennoch - blitzschnell murmelte Zamorra einen Abwehrspruch. Und im gleichen Moment sah er einen riesigen schwarzen Vogel, der wild aufkreischte unter der Kraft von Zamorras Zauberworten. Der Rabe schrie, schlug mit den Flügeln und raste durch die Luft davon, eine glühende Spur am Himmel hinterlassend.
    »Verdammt«, murmelte Zamorra betroffen. Jetzt konnte er das Fenster ungehindert schließen. »Was war denn das?«
    Nicole sah ihn an. »Ein böses Zeichen, Cherie. Dieser Rabe… ich habe von ihm geträumt. Er saß auf der Schulter einer Frau, und dann war er plötzlich tatsächlich hier, hockte vor dem Fenster…«
    »Ein Traum«, murmelte Zamorra. »Solange das Fenster zu ist, kann er nicht herein. Außerdem glaube ich nicht, daß er noch einmal wiederkommt. Einmal pro Nacht reicht«, er lächelte schwach und sah zur Uhr. »Außerdem ist die Geisterstunde gleich vorbei. Schlaf weiter, Nici.«
    »Wie konnte er die Sperren überwinden?« fragte sie leise.
    Das war die Frage, die auch

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