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Die Rache Der Wanderhure

Die Rache Der Wanderhure

Titel: Die Rache Der Wanderhure Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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    Prolog
    M arie schauderte, als der Henker mit der brennenden Fackel in der Hand auf den Scheiterhaufen zutrat. Hinter ihr aber johlte die dicht stehende Menge erwartungsvoll auf. Es war, als habe sich ganz Konstanz auf der Hinrichtungsstätte versammelt, um sich das Schauspiel eines Feuertods nicht entgehen zu lassen.
    Mitten aus den Holzscheiten und Reisigbündeln ragte ein kräftiger Pfahl heraus, an den der Verurteilte mit Ketten gefesselt worden war. Der Mann stand völlig regungslos, sein Gesicht glich einem weißen Fleck.
    Mit einer geradezu triumphierenden Geste reckte der Henker die Fackel hoch, damit alle sie sehen konnten, und drehte sich langsam zu dem Delinquenten um. Die Richter hatten Ruppertus zu einem langsamen Tod verurteilt, daher setzte der Henker nur eine Ecke des Scheiterhaufens in Brand und zog sich dann zurück.
    Aus der Menge erschollen laute Stimmen, die den Verurteilten verhöhnten. Marie biss die Lippen zusammen, um sich kein Wort entschlüpfen zu lassen, und starrte einige Augenblicke nur in die aufsteigenden Flammen, die sich langsam auf Ruppertus zufraßen. Dann glitt ihr Blick an dem Mann hoch, der aus Hass und Geldgier ihr Leben zerstört hatte. Noch verdeckten weder Rauch noch Flammen sein Gesicht, und so konnte sie die Todesangst und das Grauen in seinen weit aufgerissenen Augen lesen. Er schien immer noch nicht fassen zu können, dass er sterben musste.
    Seine Lippen formten Worte, die jedoch im Prasseln des Feuers untergingen. Das blonde, nassgeschwitzte Haar fiel ihm wirr über die Stirn, und in dem Schandkittel wirkte er klein und hässlich. Von dem gutgekleideten Mann, der vorgegeben hatte, sie zur Frau nehmen zu wollen, war nur ein zitterndes Bündel Mensch übrig geblieben, an einen Pfahl gefesselt und von Flammen umzüngelt, die sich in sein Fleisch fressen würden.
    In Marie wollte Mitleid aufsteigen, denn dieser Mann sah einem Tod entgegen, den sie nicht einmal ihrem ärgsten Feind wünschen würde.
    »Er
war
dein ärgster Feind«, korrigierte sie sich, und in ihr stieg die Erinnerung an jene grauenvollen Tage und Wochen auf, in denen alles begonnen hatte. Sie sah sich selbst als widerwillige Braut, dann geschändet im Kerker und schließlich als Verurteilte an einen Pfahl gebunden, während der einstige Stadtbüttel Hunold mit aller Kraft auf sie einschlug, um sie – wie sie nun wusste – in Ruppertus’ Auftrag totzuschlagen.
    Hunold – Unhold formten ihre Gedanken. Doch wie sollte sie Ruppertus bezeichnen? Er war der wahrhaft Böse gewesen, die treibende Kraft hinter dem Verbrechen an ihr. Er hatte sie ihrer Familie beraubt und ins Elend gestürzt. Noch einmal sah sie ihren Vater sterben und dachte an Wina, ihre Tante, die elend im Narrenturm umgekommen war. Auch roch sie wieder die verschwitzten Leiber der Männer, die sie auf sich hatte ertragen müssen.
    Nein, sie konnte Ruppertus nicht verzeihen. Eine Heilige hätte es vielleicht vermocht, doch das war sie nicht. Sie war eine Hure, auch wenn die Kirche und der König selbst sie von aller Schuld und allen Sünden freigesprochen hatten. Doch eine Unterschrift und ein Siegel auf einem Pergament konnten nicht die Erinnerung an all die Dinge auslöschen, die sie erlebt hatte. Ihr Blick wurde hart und ihr Gesicht starr. Ruppertus hatte sich Splendidus – der Glänzende – nennen lassen und war doch nur eine habgierige Kreatur gewesen, die über Leichen ging. Er hatte diesen Tod verdient!
    Während Maries Miene sich verdüsterte, starrte Ruppertus sie unverwandt an. Durch den aufsteigenden Rauch und die höher schlagenden Flammen konnte er sie nur schemenhaft erkennen, doch er begriff nun, welch starker Wille diese Frau beseelte, und erkannte die innere Kraft, mit der sie ihrem Schicksal getrotzt und ihre Rache gesucht hatte.
    »Ich hätte dafür sorgen müssen, dass sie keine Möglichkeit zur Flucht bekommen konnte, sondern noch in Konstanz umgebracht wurde. Dann wäre ich jetzt Graf von Keilburg und ein hoher Herr«, stöhnte er und spürte, wie die ersten Flammen an seinem Kittel leckten.
    Doch da erhob sich eine andere Stimme in ihm. Alles war falsch gewesen. Er hatte Marie doch geliebt! Warum nur hatte er zugelassen, dass sie von üblen Schurken vergewaltigt und von Hunold halb totgeschlagen worden war? Es war so viel Kraft in ihr! Diese hätte er nützen sollen, um höher aufzusteigen. Ihre Kinder wären Grafen geworden und vielleicht noch mehr. Die Zeit war im Wandel, und wer rasch und beherzt

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