0142 - Zombie-Rache
Idee kam ihr nicht.
Sie dachte an etwas anderes: Mr. Hughes hatte sich vor allem in letzter Zeit zuviel Arbeit aufgebürdet. Sein Herz schien das nicht mehr mitgemacht zu haben. Er hatte eine Attacke erlitten, hatte sterbend den Kleiderständer umgeworfen und das Telefon vom Schreibtisch gerissen, ehe er zusammengebrochen war.
Lebte er noch?
War ihm noch zu helfen?
Thelma Wooster eilte zu ihm. Sie mußte sich dazu überwinden, denn sie hatte sich noch nie in einer solchen Situation befunden. Es war zwar dumm, aber sie hatte Angst vor Toten. Und Mr. Hughes konnte tot sein…
Er lag auf dem Bauch. Das rechte Bein angewinkelt. Das Gesicht dem Schreibtisch zugewandt.
Thelma zögerte einen Moment, ihn anzufassen.
Dann rang sie sich aber doch dazu durch.
Sie griff an der Schulter des Anwalts und drehte den Mann herum.
Er rollte auf den Rücken. Und plötzlich hörte die Putzfrau jemanden in heller Panik schrill schreien, ohne zu wissen, daß sie selbst es war, die ihr Entsetzen so gellend herausschrie.
***
Lionel Hughes’ Aussehen rief mich auf den Plan. Wäre der Rechtsanwalt nur einfach tot gewesen, wäre es ein Fall für die zuständige Mordkommission gewesen. So aber war es mein Fall, denn hier spielten offensichtlich übersinnliche Kräfte mit hinein.
Dennoch waren die Männer von der Spurensicherung da.
Ich war davon überzeugt, daß sie nichts finden würden, aber ich hütete mich, ihnen das zu sagen. Ich wollte nicht als Besserwisser dastehen.
Meine Kollegen standen vor einem Rätsel. Sie hatten in ihrem Leben noch nie so eine Leiche gesehen. Da mir schon ganz andere Dinge untergekommen waren, behielt ich angesichts des Toten einen kühlen Kopf, obwohl mir der Mord natürlich gleichfalls an die Nieren ging. Ich bin nicht so abgebrüht, daß eine Leiche mich völlig kalt läßt, und daran wird sich auch in Zukunft nichts ändern.
Der Verlust des Lebens ist das Schlimmste, was einem Menschen passieren kann.
Ich zündete mir eine Zigarette an.
Der Polizeiarzt kam zu mir. Er war groß, sah gut aus, arbeitete erst seit kurzem für Scotland Yard.
»Ich kann Ihnen medizinisch nicht erklären, was mit dem Mann geschehen ist«, sagte er.
»Das kann keine Wissenschaft erklären«, sagte ich.
»Ich werde ihn obduzieren.«
»Auch damit werden Sie dieses Rätsel nicht lösen können, Doc.«
»Es ist meine Pflicht, in solchen Fällen…«
»Ich weiß«, fiel ich ihm ins Wort. »Und ich habe auch nicht die Absicht, Sie davon abzuhalten. Aber es ist eine Arbeit, die nichts bringt.«
»Was vermuten Sie, Mr. Sinclair?«
Ich hob die Schultern. »Kann ich noch nicht sagen. Aber ich werde es herausfinden.«
»Wird nicht leicht sein.«
»Es ist niemals leicht, wenn die Hölle ihre Hand im Spiel hat«, sagte ich. »Haben Sie der Putzfrau etwas zur Beruhigung gegeben?«
»Ja.«
»Glauben Sie, ich kann mit ihr reden?«
»Ich würde sie nicht überanstrengen.«
»Das habe ich nicht vor«, sagte ich und begab mich ins Vorzimmer.
Thelma Wooster saß an Lana Merediths Schreibtisch. Gedankenverloren starrte sie das Telefon an, von dem aus sie die Polizei verständigt hatte. Die eingetroffenen Beamten hatten nur einen Blick auf Lionel Hughes geworfen und sich anschließend sofort mit meiner Abteilung in Verbindung gesetzt, damit ich mich von Anfang an in die Ermittlungen einschaltete.
Für mysteriöse Fälle hat Scotland Yard seine Spezialisten.
Ich ging auf die Putzfrau zu.
Sie schaute mich nicht an.
Ich räusperte mich und sagte: »Ich bin Oberinspektor John Sinclair, Mrs. Wooster. Darf ich. Ihnen ein paar Fragen stellen?«
Sie hob den Kopf. Ihr Geist schien von weither zurückzukommen. Noch war er nicht ganz da, deshalb erweckte die Frau den Eindruck, als würde sie durch mich hindurchsehen.
»Wie ist so etwas möglich?« flüsterte sie. »Was ist diesem armen Mann zugestoßen, Mr. Sinclair?«
»Glauben Sie an die Macht des Bösen, Mrs. Wooster?«
Sie nickte. »Es gibt sie ebenso wie die Macht des Guten.«
»Ich bin davon überzeugt, daß Mr. Hughes Besuch von einem Vertreter des Bösen hatte«, sagte ich und nahm wieder einen Zug von meiner Zigarette.
»Sie meinen, er wurde umgebracht, nicht wahr?«
»Ja.«
»Aber warum?«
»Können Sie es mir nicht sagen?« fragte ich zurück.
Die Putzfrau schüttelte langsam den Kopf. »Nein. Ich habe keine Ahnung. Er war ein guter Mensch. Wenn ich Sorgen hatte, konnte ich jederzeit damit zu ihm kommen. Er hat mich sogar mehrmals in Rechtsangelegenheiten
Weitere Kostenlose Bücher