Drama in Hollywood
ERSTES KAPITEL
S ie haben mich ermordet«, sagte
sie mit dünner, erstarrter Stimme. »Sie haben meine Leiche eiskalt und tot auf
dem Markt liegenlassen und sich noch nicht einmal die Mühe gegeben, eine
Todesanzeige in die Zeitungen zu setzen .«
Sie zog mit einem Ruck die
schweren Vorhänge von der aus einem einzigen Fenster bestehenden Wand zurück,
und ihr aus schwerer Seide bestehendes Négligé bildete keinen Schutz gegen das grelle Sonnenlicht, das plötzlich in den Raum
flutete. Dann, in dem Bewußtsein , daß sich ihr
schöner Körper in einer atemberaubenden Silhouette gegen die Helligkeit
abzeichnete, drehte sie sich langsam ins Profil, so daß mich der Anblick ihrer
vollen, nach vorn geschwungenen Brust und die lange Linie ihrer schönen Beine
wie ein elektrischer Schlag traf. Ich erinnerte mich daran, daß Della August
eine der drei Spitzenschauspielerinnen von Hollywood war und daß sie selbst auf
ein Ein-Mann-Publikum — in diesem Fall mich, Rick Holman — ihre Wirkung nicht verfehlen durfte.
»Ich brauche Hilfe, Rick«,
sagte sie mit tiefer rauher Stimme. »Ich bin
verzweifelt. Sie sind meine allerletzte Chance .«
Ich hob eine Spur die Brauen. »Della,
Süße — ist das als Kompliment gedacht ?«
»So habe ich es nicht gemeint«,
flüsterte sie vorwurfsvoll. »Und das wissen Sie auch .«
Sie ging zur Couch zurück und
setzte sich neben mich. Wieder bildete das Négligé lediglich eine dünne Hülle, die ihre üppigen Rundungen vor meinem wie immer
vulgären Blick verbargen. Hinter der Fensterwand flimmerte ein saphirblauer
Himmel in blendendem Glanz, aber mit Della Augusts Profillinie konnte er nicht
konkurrieren.
»Diese ganzen symbolischen
Andeutungen haben mich verwirrt«, gab ich zu. »Wenn die Geschichte einen Anfang
haben sollte, wie wär’s, wenn wir dann damit begännen ?«
»Der Anfang ist Rod Blane «, sagte sie mit ausdrucksloser Stimme.
»Aber er ist doch tot ?«
»Stimmt. Er kam vor sechs
Monaten bei einem Autounfall um«, sagte Della und nickte ungeduldig. »Und
damals kam man zu dem Schluß, daß ich auch umgebracht werden müsse .«
»Hören Sie zu, Süße«, flehte
ich, »lassen Sie uns einmal ein bißchen Logik in die Angelegenheit bringen. Ich
meine...«
»Ich habe seit sechs Monaten
nicht gearbeitet«, sagte sie schnell. »Wann haben Sie zum letztenmal irgendwo meinen Namen gehört oder ein Interview in irgendeiner Zeitschrift
gelesen? Meinen Namen in einer der Zeitungen gefunden? Bemühen Sie sich nicht,
sich darauf zu besinnen, ich werde es Ihnen sagen — es war eine Woche bevor Rod Blane starb .«
»Warum sollte man Ihnen so
etwas antun wollen ?« fragte ich.
Sie zuckte hilflos die
Schultern. »Ich weiß nicht, warum, und ich möchte ja gerade, daß Sie das
herausfinden, Rick. Man hat begonnen, mich langsam umzubringen, und in diesen
sechs Monaten ist es beinahe gelungen. Ich fühle mich bereits wie ein Gespenst:
keine Arbeit, keine Angebote, nichts! Mein Agent ist zu beschäftigt, um mich zu
empfangen, und die Mädchen in der Vermittlung kennen meinen Namen nicht, wenn
ich in einem der großen Studios anrufe. Die Bonzen der Filmindustrie sind
grundsätzlich weggegangen, wenn Della August anruft, und niemals ruft einer
wieder zurück. Es ist so schlimm geworden, daß ich in manchen Nächten nur dasitze
und die ganze Zeit meinen Handrücken betrachte — in der Erwartung, die ersten
Anzeichen von Lepra zu entdecken .«
»Nehmen Sie’s nicht so
tragisch«, sagte ich.
In der Tiefe ihrer
verschleierten blauen Augen tauchte ein Ausdruck des Entsetzens auf, und ihre Nägel
gruben sich in meinen Unterarm, den sie mit festem Griff gepackt hatte.
»Rick, ich habe Angst«,
flüsterte sie. »Sie wollen mich lebend begraben, und sie haben das Grab bereits
ausgehoben. Ich weiß nicht, warum — nur muß es etwas mit Rod zu tun haben. Es
kann kein reiner Zufall sein, daß alles nach seinem Tod begann .«
»Dann erzählen Sie mir also von
Rod Blane «, schlug ich vor.
»Der goldene Junge!« In ihrer
Stimme lag ein sehnsüchtiger Unterton. »Mit dem Profil und der Figur eines
griechischen Gottes — mit der bestechenden grausamen Arroganz der Jugend —
einem schauspielerischen Talent, wie es nur einmal in einer Film- und
Theatergeneration vorkommt. Sie wußten alles über ihn, Rick — die ganze Welt
wußte alles über ihn .«
»Ich wußte nichts von Ihrer
Beziehung zu Rod Blane «, sagte ich.
»Ich war verrückt nach ihm«,
sagte sie leise, »und auch sonst
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