0147 - Invasion der Vampire
Begleitung ansehen«, sagte sie, befreite sich aus seinem Griff und ließ sich auf der Kante des runden Marmortisches nieder. »Vielmehr läuft in St Etienne heute abend die Weltpremiere eines Hollywood-Streifens, der mit siebzig Millionen Dollar Produktionskosten aufzuwarten hat.«
»Aha«, sagte Zamorra. »Der Weiße Hai, Teil 3.«
»Mitnichten«, erwiderte Nicole Duval. »Vampire vom Planeten Dragon schimpft sich der Streifen.«
»Oouuuhh«, murmelte Zamorra erschüttert. »Das darf nicht wahr sein. Schon wieder Dracula, und diesmal per Raumschiff?«
»Urteile nicht, ehe du den Film gesehen hast«, schmollte Nicole. »Den Pressenotizen nach soll er reif für fünfzehn bis sechzehn Oscars sein. In der Hauptrolle…« Sie nannte den Namen eines berühmten Schauspielers, der Zamorra allerdings völlig unbekannt war, weil der Parapsychologe sich kaum mit der Glitzerwelt des Kinos befaßte. »Du hast doch heute abend nichts zu tun und könntest daher deine kleine Sekretärin zur Filmpremiere einladen. Anschließend ein Diner in einem feudalen Restaurant und zum Schluß…«
»Der Offenbarungseid«, schmunzelte Zamorra. »Du spekulierst sehr leichtsinnig mit den Finanzen deines Chefs.«
»Ach, du…«, nuschelte Nicole und verschluckte den Rest.
»Sag schon«, lockte er.
»Du Schotte!« zischte sie ihm zu. »Aber vorher brauche ich noch ein neues Kleid!«
Zamorra erhob sich jetzt wieder. »Darf ich Mylady in ihre Gemächer führen«, erbot er sich. »Darinnen befinden sich diverse Schränke, in denen es von tragbaren Textilien geradezu wimmelt…«
»Aber alle außer Mode«, protestierte Nicole. »Na schön, dann gehe ich eben ohne Kleid!«
Zamorra legte den Kopf etwas schräg und musterte Nicole. »Das wäre zu überlegen«, murmelte er. »Man würde dich für eine Schauspielerin halten, die zur Premiere ihres Films kommt, du könntest Autogramme geben - sofern du des Schreibens kundig bist…«
»Ich kratze dir die Augen aus«, kündigte sie an und sprang ihn an. Sie flogen in Zamorras Sessel, der unter der Belastung durch das sich katzbalgende Paar verdächtig knirschte. Endlich konnte sich Zamorra, ziemlich zerrauft wirkend, freimachen. »Na schön«, keuchte er. »Du hast mich überredet. Laß uns das Kleid kaufen. Du gibst ja sonst doch keine Ruhe.«
Nicole starrte ihn verblüfft an. »So schnell kapitulierst du? Das ist ja neu!«
Er lächelte geheimnisvoll.
»Ein Zamorra ist immer für eine Überraschung gut«, dozierte er. »Merke es dir, dann hast du was für’s Leben…«
Eine halbe Stunde später verließ ein silbern schimmernder Opel Senator das Château de Montagne und rollte auf die Straße hinaus, die nach Roanne führte. Dort befand sich die Boutique, in der Nicole vorzugsweise einkaufte und als Stammkundin bevorzugt bedient wurde…
Nach ahnten beide nicht, was der Abend für sie bringen würde…
***
Der Abend sah Professor Zamorra im schwarzen Anzug, nach neuester Mode geschnitten, in weißem Hemd mit schwarzer Samtfliege. Normalerweise war er der legeren Freizeitkleidung mehr zugetan und erschien auch im Hörsaal der Universität in Jeans und Pullover, ohne dabei an Autorität zu verlieren, aber Nicole in ihrem bodenlangen und schulterfreien, saphyrblauen Glitzerkleid hatte ihm angeraten, neben ihrer Erscheinung nicht als Rocker-Verschnitt zu verblassen. So hatte er sich überwunden und sich in Schale geworfen.
Ihm war nicht ganz wohl bei dem Gedanken an den Kinobesuch. Zum ersten zog er das Theater als Kulturträger vor, zum anderen gefiel ihm die Thematik des Films nicht. Vampire aus dem Weltraum - nein, danke, darauf konnte er verzichten. Blutsauger bekam er im realen Leben oft genug frei Haus geliefert, als daß er darauf brannte, sie auch noch auf Zelluloid vorgeführt zu bekommen. Denn Zamorra war nicht nur Professor der Parapsychologie und auf seinem Gebiet der Weltexperte, sondern nebenbei auch noch Dämonenjäger. Davon brauchte die Öffentlichkeit nichts zu wissen, die der Parapsychologie zum Teil ohnehin noch mit Vorurteilen gegenüberstand. Wer glaubte denn schon an Dämonen und Vampire? Und die, die glaubten, gaben es in der Öffentlichkeit nicht zu. Deshalb war Zamorra stets etwas zurückhaltend mit dem, was er tat, wenn er nicht gerade an Psi-Forschungen brütete oder im Hörsaal stand und Vorlesungen hielt. Immerhin hatte er in den letzten Jahren der Schwarzen Familie gehörig zusetzen können.
Zur Zeit schien eine Flaute eingetreten zu sein. Seit ein paar Wochen
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