0161 - Zamorras Sarg
bösartigen Spukerscheinungen existierten. Der Professor ballte unwillkürlich die Fäuste.
Wer hatte Nicole, die unter normalen Umständen nicht zu hypnotisieren war, dermaßen beeinflußt, daß sie unter Alpträumen litt und die Zwangsvorstellung besaß, in Zamorra einen Vampir zu sehen?
Wie war es ihm trotz der Abschirmung gelungen?
Und wie war der Sarg in den Keller gekommen und wieder daraus verschwunden? Denn daß er existiert hatte, daran gab es für Zamorra keinen Zweifel. Wäre es ein Trugbild gewesen, von einem bösen Geist projiziert, hätte sich das Amulett bemerkbar gemacht.
Doch das war nicht geschehen. Zumindest der Sarg war echt gewesen.
»Wie, verdammt?« schrie Zamorra.
Auf das Nächstliegende kam auch er nicht…
***
Jener, der als Vampir-Fledermaus um Château Montagne gekreist war, kicherte schrill in der Dunkelheit.. Er war dem Tageslicht ausgewichen, aber hier in seinem Unterschlupf, in den kein Sonnenlicht jemals einzudringen vermochte, war er nach wie vor wach. War nicht dem Zwang unterlegen, bei Tagesanbruch in seinen Sarg zurückzukehren wie weiland Dracula, der Ahnherr der Blutsauger, und bis zur Dämmerung in Tiefschlafstarre zu verfallen.
Allerdings konnte er sich nicht ins Freie begeben. Das konnten nur jene Vampire, die dämonischen Ursprungs waren, die der Schwarzen Familie als Dämonen angehörten. Doch er gehörte nicht dazu, war noch nicht in den Kreis der Familie aufgenommen worden. Doch vielleicht stand dieser Zeitpunkt nicht mehr allzuweit entfernt. Die Vernichtung Zamorras mochte ihm Anerkennung bringen. Dann würde er auf seine Weise endgültig unsterblich werden, würde dem Sonnenlicht trotzen können und…
Zukunftsmusik! Er wischte diese Gedanken beiseite. Verteile nie das Blut deines Opfers, ehe du nicht deine Fangzähne in seinen Hals geschlagen hast, erinnerte er sich an die alte Weisheit. Noch war Zamorra nicht tot. Aber es konnte nicht mehr lange dauern. Der Dämonenjäger ahnte nichts. Er mußte einfach in die Falle tappen, die der Vampir für ihn aufstellen würde. Und dann gab es für Zamorra kein Entkommen mehr.
Der Blutsauger hatte seinen Gegner jahrelang beobachtet und studiert. Er wußte, wie Zamorra in bestimmten Situationen reagieren würde; das war sein Vorteil. Und bis jetzt stimmte jede Reaktion Zamorras mit den Vorausberechnungen überein.
Wieder kicherte der Vampir in seiner finsteren Höhle.
***
»Ich habe eine Idee«, sagte der blonde Historiker, griff nach dem nur noch halb gefüllten Glas - er war Optimist; ein Pessimist hätte es als halb leer betrachtet - und setzte es an die Lippen. Das goldgelbe Gebräu reduzierte sich um weitere Kubikzentimeter.
»Laß hören«, erwiderte das schlanke Mädchen. »Es kann bestimmt nur etwas Hinterhältiges sein, wenn es von dir kommt.«
Der Amerikaner, Mitte der dreißig, schlank und kräfitg, setzte das Bierglas ab. Seine Augen verengten sich. »So etwas traust du mir zu, Manu?« fragte er entrüstet. »Ich bin doch der harmloseste Mensch unter der Sonne!«
»Darüber läßt sich streiten.« Das hübsche Mädchen schüttelte den Kopf, daß die goldbraunen Haare flogen, die ihr bis zur Schulter reichten. Braune, ausdrucksvolle Augen unter langen, seidigen Wimpern sahen den Historiker erwartungsvoll an. »Erzähl endlich.«
Mister Bill Fleming, Historiker und Dozent an der Harvard-University, ließ sich Zeit. Über ihnen schien die Sonne; ausnahmsweise war die Luft fast klar. Die Dunstglocke, die sonst über dem Ruhrgebiet lag, hatte sich abgeschwächt. Der Bungalow am Rand von Recklinghausen erstrahlte im Sonnenglanz.
»Was hältst du davon, wenn wir einen Trip nach Frankreich machen?« schlug er vor.
»Frankreich ist groß«, erwiderte das Mädchen.
»Ich habe die Loire im Kopf«, sagte Bill. »Es gibt da ein ganz bestimmtes Schloß…«
»Ich werde verrückt«, kündigte Manuela Ford, weder verwandt noch verschwägert mit Ex-USA-Präsident oder Autokonzern, an. »Du willst doch wohl nicht Zamorra aus seiner beschaulichen Ruhe aufschrecken?«
»Genau den!« erwiderte Bill Fleming und erhob sich. Wie seinen Freund Zamorra sah man auch ihm seinen Beruf nicht an. Er wirkte durchaus nicht wie ein trockener Akademiker. Manuela betrachtete abschätzend seinen Sportlerkörper, der lediglich mit einer weißen Badehose getarnt wurde. Bill Fleming näherte sich dem Swimmingpool. »Drehst du ein paar Runden mit?«
Manuela schüttelte den Kopf. »Jetzt nicht. Ich muß erst einmal über deine Idee
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