0161 - Zamorras Sarg
meditieren.«
Mit einem lässigen Sprung verschwand der Amerikaner im Pool. Haus und Grundstück gehörten der jungen Studentin, die nach mehreren rasch aufeinanderfolgenden Lottogewinnen ihr Kunst-Studium fast nur noch nebenher betrieb und zunächst einmal das Leben genoß. Sie reiste viel, ebenso wie Bill, und sie trafen sich in letzter Zeit ziemlich oft. Sie hatten sich vor einiger Zeit rein zufällig in einem Flugzeug kennengelernt, und irgendwie mußte ein Funke übergesprungen sein. [4] Den eisernen Junggesellen Bill Fleming zog es immer stärker zu Manuela Ford. Momentan machte er einen Kurz-Urlaub in Germany - natürlich bei Manuela!
Nach ein paar Minuten, während derer Bill seine Runden im nicht gerade kleinen Pool drehte, erhob sie sich ebenfalls. »Was treibt dich zu solch frevelndem Ansinnen, einen Professor und Dämonenjäger heimzusuchen?«
Bill sah zu ihr herüber. Er trieb jetzt auf dem Rücken und hielt sich mit leichten Bewegungen an der Oberfläche.
»Einen alten Freund besuchen, das ist alles«, sagte er schmunzelnd.
»Gib es zu«, behauptete sie stirnrunzelnd, »du willst den Luxus eines Schlosses genießen. Anscheinend genügt dir der Komfort meiner elenden Hütte nicht!«
»Durchschaut!« lachte Bill scherzend. Manuela schüttelte heftig den Kopf. »Du Ungeheuer! Komm heraus, damit ich dich übers Knie legen kann! Kulturbanause!«
Bill grinste noch breiter. »Das war eine klare Kampfansage, meine Liebe«, erwiderte er. Im nächsten Moment jagte ein Wasserschwall, von Bill aufgewirbelt, auf das am Rand des Pools stehende Mädchen zu. Manuela versuchte noch zu entkommen, aber das Wasser war schneller. Sie schrie auf, als sie von einem Moment zum anderen durchnäßt war.
»Na warte«, rief sie. Bill begann mit raschen Kraulschlägen sich zur anderen Seite abzusetzen. »Jetzt ist es sowieso egal«, murmelte Manuela, streifte die nassen Sachen ab und stürzte sich ebenfalls in das Wasser. »Ich komme«, drohte sie an.
»He«, staunte der Historiker über Manuelas kühne Tat. »Was sagen denn die Nachbarn, wenn du hier Nixe spielst und…«
»Die Nachbarn«, schrie die nackte Manuela, »sind mir schnurzpiepegal! Aber jetzt sieh dich vor, ich komme!«
Im nächsten Moment war sie bei ihm und versuchte ihn unterzutauchen. Eine heldenhafte Wasserschlacht setzte ein, in der es keinen Sieger gab, sondern nur ein zum Schluß atemloses Paar, das beschloß, den Pool zu verlassen und den Kampf im Haus fortzusetzen.
»Aber laß mich leben«, flehte Bill. »Immerhin muß ich noch den Flug organisieren…«
»Du Mann«, sagte Manuela und lief vor ihm her in den Bungalow. »Du glaubst wohl, ich könnte das nicht allein? Von Emanzipation hast du noch nie gehört?«
Bill folgte ihr langsamer und genoß dabei den Anblick ihres verführerischen Körpers, auf dem die Wassertropfen glänzten. »Aber sicher«, sagte er todernst. »Wußtest du noch nicht, daß ich ständig für die Emanzipation des Mannes kämpfe?«
»Schuft!« schrie Manuela. »Ich werde dir schon zeigen, wer hier die Hosen an hat!«
»Du jedenfalls momentan nicht«, grinste Bill und folgte ihr ins Haus. »Wie sieht es aus: Bist du mit dem Besuch bei Zamorra einverstanden?«
»Aber klar«, erwiderte sie und küßte ihn.
Die Entscheidung war gefallen - die Entscheidung für das Grauen…
***
»Bill hat angerufen«, sagte Nicole und setzte sich auf die Schreibtischkante. Mit der Hand wischte sie einige unbeschriebene Blätter zur Seite. Zamorra lehnte sich im drehbaren Polstersitz zurück und sah Nicole an. Ein nachdenklicher Ausdruck lag in seinen grauen Augen. Er grübelte immer noch über die Geschehnisse nach. Wie hatte das Böse im Château Einzug halten können, obgleich die Abschirmung perfekt war?
Vor ihm auf dem Schreibtisch lag das Amulett, das Erbstück Leonardo de Montagnes. Nicoles Finger glitten über die seltsamen Hieroglyphen. Sie erinnerte sich an jene Ereignisse in der Vergangenheit, in der Zamorra von der ursprünglichen Herkunft und Entstehung der Silberscheibe erfahren hatte. Der legendäre Zauberer Merlin hatte das Amulett aus der Kraft einer entarteten Sonne erschaffen..
»Und was will er?« fragte Zamorra. »Sag bloß nicht, er hat irgendwo etwas Dämonisches entdeckt und bittet um Hilfe!«
»Nein, ganz so schlimm ist es doch nicht«, erwiderte Nicole und strich sich durch das bis auf die Schultern fallende Haar. Es war nicht echt; Nicole hatte die Angewohnheit, ständig zwischen rund fünfzig bis sechzig
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