0171 - Die Hexe vom Hyde Park
Luft, um einen weiteren Angriff zu starten, als sein Blick zufällig nach unten fiel und das Gesicht der Schwarzhaarigen traf.
Es verzog sich zu einem Lächeln.
Irritiert zwinkerte der Mann mit den Augen. Was wollte die Kleine? Ihn vielleicht becircen?
Da reagierte das Mädchen. Es griff unter ihre Bluse und holte etwas hervor, was der Redner im ersten Moment nicht erkennen konnte. Es war ein rundlicher Gegenstand, und die Frau hielt ihn mit zwei Händen umfaßt..
Der Mann senkte den Kopf.
»Du stehst auf meinem Platz«, erklärte das Mädchen mit sehr ernster Stimme. Sie hatte das Wort kaum ausgesprochen, als sie den Gegenstand auf den Mann zuwarf.
Instinktiv streckte der die Arme aus und fing ihn auf. Plötzlich sah er, was er in der Hand hielt.
Einen Totenschädel!
Seine Gesichtszüge schienen einzufrieren. Es schüttelte ihn durch, als würden Stromstöße durch seinen Körper treiben, und er schrie krächzend auf.
Dann explodierte der Schädel.
Es gab keinen Krach, nur einen puffenden Laut. Es schoß jedoch ein roter Blitz aus dem Schädel hoch, der den Mann schräg in die Brust traf.
Eine Szene wie im Film entstand, als hätte jemand eine rote Fackel angezündet.
Der Mann schrie noch, nur schemenhaft war sein Körper zu erkennen, dann sah man auch ihn nicht mehr.
Der Platz auf der Kiste war leer.
Schon beim ersten Blitz waren die Menschen schreiend davon gestoben. Als die zweite Explosion erfolgte, rannte auch der mutige Rest, doch keinem passierte etwas.
Nur den Redner gab es nicht mehr.
Verschwunden waren auch der kleine Totenkopf und das schwarzhaarige Mädchen…
***
Mit dem Taxi war sie zum Park gefahren, denn an diesem warmen Tag musste man einfach rausgehen. Und sie hatte keine Lust, in Mayfair spazierenzugehen, denn da sah sie doch immer dieselben Leute, die sie kannte und mit denen sie sich unterhalten musste, wollte sie nicht unhöflich sein.
Der Hyde Park war groß, niemand fiel ihr dort auf den Wecker, und einen Bekannten konnte sie sich jederzeit aussuchen.
So sah sie die Sache.
Und deshalb ging sie spazieren.
Sie, das war keine geringere als Sarah Goldwyn, Insidern auch unter dem Begriff Horror-Oma bekannt. Am Wellington Museum, wo sich die Grenze zum Green Park befindet, hatte sie das Gelände betreten und sich regelrecht über den Trubel gefreut, der hier herrschte.
Da gingen Frauen mit ihren Kindern spazieren, da schoben die Ehemänner die Kinderwagen vor sich her, da lagen, Liebespärchen auf dem Rasen oder spielten Jungen Fußball.
Im Hyde Park konnte jeder tun und lassen, was er wollte. Leider gab es da auch die Dealerszene, und die Horror-Oma sah mit geschultem Blick, wer süchtig war oder nicht.
Dann preßte sie jedesmal die Lippen fest zusammen. Am liebsten hätte sie die Jugendlichen mitgenommen und in eine Entziehungskur gesteckt, aber das war schlecht möglich.
Unter einer alten Eiche, um deren Stamm eine Bank herumlief, ließ sie sich nieder.
Sarah Goldwyn wollte ein wenig ausruhen, denn es lag noch eine weite Gehstrecke vor ihr.
Sie hatte sich neben ein junges Ehepaar gesetzt, das seinen beiden kleinen Sprößlingen zuschaute, die mit ihren Schaufeln den Boden aufgruben und nach Regenwürmern suchten.
Sarah Goldwyn zählte zwar schon über siebzig Lenze, aber sie hatte oft mehr Energie als manch Zwanzigjähriger. Das Leben meisterte sie mit einer wahren Pracht, und drei verstorbene Männer hatten ihr ein beträchtliches Vermögen hinterlassen.
Wichtig war für sie nur ihr Hobby. Und das waren Horror und Krimi. In ihrem Haus in Mayfair gab es eine sagenhafte Bibliothek, wo all die Romane und populärwissenschaftlichen Bücher über die Gebiete Horror und Krimi standen. Auch Scotland Yard bediente sich hin und wieder ihrer umfangreichen Auswahl.
Sarah Goldwyn war beim Friseur gewesen. Er hatte das graue Haar wieder weich gekämmt, es hochgesteckt und im Nacken zu einem Knoten gebunden. So sah eigentlich ihre typische Frisur aus. Sarah Goldwyn hatte ein schmales Gesicht und gutmütige Augen, die von einem Kranz von Falten umgeben waren.
Lachfältchen, sagte die Horror-Oma immer, denn sie war eine Frau, die gern lachte.
Auch heute war sie nicht ohne ihre Ketten losgezogen. Vierfach hingen sie um ihren Hals, und wenn sie sich bewegte, klirrten sie gegeneinander. Da hingen Perlenketten neben Metallketten. Gerade die Mischung fand die Horror-Oma gut, und sie freute sich, wenn andere über die Ketten den Kopf schüttelten.
Da gab es noch etwas, das von Sarah
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