0172 - Das Geheimnis der heiligen Inseln
Gebäude, die den Landeplatz umrahmten, schoß die Kavalkade auf eine Straße hinaus. Die schrille Pfeife erfüllte ihren Zweck. Aller Verkehr auf der Straße war zum Stillstand gekommen. Die Fahrzeugkolonne schoß ungehindert und mit atemberaubender Geschwindigkeit dahin.
Griffin vergaß den Ernst der Lage und begann zu beobachten.
Das hohe Fahrttempo erlaubte nur selten, Einzelheiten des Straßenverkehrs zu erkennen. Aber wenigstens von den Formen der Gebäude, von ihren Verwendungszwecken und von der Anordnung der verschiedenen Funktionen zueinander konnte er sich eine recht gute Vorstellung machen.
Kim hatte diese Stadt Artrot genannt. Sie hätte ebenso gut Boston, Lilie oder Frankfurt heißen können, wobei die Kalender allerdings ein Datum in der zweiten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts zeigten: Die Ähnlichkeit mit terranischen Metropolen des ausgehenden zweiten Jahrtausends war verblüffend. An den Straßenrändern reihte sich Verkaufsladen an Verkaufsladen. Die hohen Gebäude über den Läden beherbergten Büros und, in den obersten Stockwerken, Wohnräume. Die Menschen, vom Lärm der Polizeipfeife neugierig gemacht, standen am Rand der Bürgersteige und schauten der Fahrzeugkolonne nach. Die Männer waren ebenso gekleidet wie die Uniformierten, die Griffin bisher gesehen hatte, nur waren die Farben der Kleidungsstücke weniger eintönig. Die Frauen trugen lediglich kurze Hosen oder Miniröcke, die Griffin ein anerkennendes Schmunzeln entlockten.
Der Stadtkern zog sich kilometerweit. Nur langsam verschwanden die Ladenfluchten und machten langen Reihen gediegener Wohnhäuser Platz. Die Wohngebäude standen im Mittel etwa fünfzig Meter von der Straße weg. Den Zwischenraum füllten mehr oder weniger gepflegte Vorgärten mit dichtem Rasen und einzelnen Baumgruppen.
Und dann, früher als Griffin sich vorgestellt hatte, war die Stadt plötzlich zu Ende. Die Straße führte über flaches Grasland, über das sich in zwei oder drei Kilometern Entfernung die ersten bewaldeten Bergflanken erhoben. Der Verkehr wurde dünner.
Plötzlich gab es nur noch vereinzelte Fahrzeuge, die rechts und links am Straßenrand das Passieren der Polizeikolonne abwarteten. Ter deutete zur Frontscheibe hinaus.
„Da vorne wollen sie uns verstecken, wie?"
Griffin gab keine Antwort. Er sah, daß die Straße am Fuß der ersten Bergflanke eine weite Kurve beschrieb und sich zum steil aufsteigenden Wald hin ausbuchtete, als habe man hier einen Rastplatz für müde Autofahrer vorgesehen. Die Kolonne verließ die Straße und rollte auf die Ausbuchtung hinaus. Die Geschwindigkeit verminderte sich. Der Wagen, in dem die drei Terraner saßen, rollte an ein paar anderen Fahrzeugen vorbei auf den Berg zu.
Griffin erkannte eine schmale, tief eingegrabene Schneise, die in die Flanke hineinführte. Sekunden später waren sie darin verschwunden. Das grelle Sonnenlicht erstarb. Das Halbdunkel des Waldes fiel durch die Fenster.
„So geht das also!" meinte Ter. Die Schneise führte etwa hundert Meter in die Flanke des Berges hinein. Dann schien sie vor einer senkrecht abgeschnittenen Felswand zu enden. Es sah so aus, als würde das Fahrzeug mit hoher Geschwindigkeit gegen die Felswand gesteuert. Frankie seufzte laut, als wollte sie einen Schrei unterdrücken. Erst im letzten Augenblick begann die Wand zur Seite zu weichen. Eine Öffnung bildete sich. Der Wagen schoß hindurch und befand sich sofort danach in tiefster Finsternis. Griffin blickte nach hinten, aber alles, was er sah, war ein schmaler Lichtstreif, der nach Bruchteilen einer Sekunde verschwand. Die Felswand hatte sich wieder geschlossen.
Die Falle war zu! Das Fahrzeug bewegte sich nach wie vor mit der gleichen Geschwindigkeit. Griffin war seiner Sache keineswegs sicher, daß Kims Fernsteuerung sie nicht schließlich doch mit hoher Fahrt gegen einen Felsen prallen lassen würde, um die Gefahr der fremden Eindringlinge ein für allemal zu beseitigen. Es erschien ihm nur unlogisch. Kim hätte so viele Möglichkeiten gehabt, sich ihrer zu entledigen.
Und doch ... was wußte er schließlich über Logik der Leute von Trap? Von draußen kam plötzlich hohles Rauschen. Der Wagen schien sich durch einen engen Stollen zu bewegen. Das anhaltende Echo der Fahrgeräusche wurde ohrenbetäubend.
Griffin spürte, wie die Geschwindigkeit sich verringerte. Das Rauschen wurde leiser und erstarb ganz. Der Wagen war zum Stillstand gekommen. Kims Stimme drang aus einem unsichtbaren Empfänger.
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