0179 - Spuk im Leichenschloß
den meisten Jugendlichen noch etwas vor, was Ausdauer und Leistung anging. Auf extremen Wanderungen kippte er nicht so leicht um.
Billy packte den Stiel mit beiden Händen und hämmerte gegen die Decke.
Es waren dumpfe Schläge, die auch von dem gehört werden mußten, der da über ihm stöhnte.
Dreimal klopfte Billy gegen die Decke.
Und beim drittenmal verstummte das Stöhnen.
Elting grinste. Diese Burschen hatten sich bestimmt gewundert.
Wahrscheinlich dachten sie, er würde in Panik verfallen, schließlich befand man sich hier in einem Geisterschloß, und der Spuk war im Preis mit inbegriffen. Doch so leicht wollte er es den anderen nicht machen. Nein, da mußten sie schon früher aufstehen.
Billy ließ sich fallen.
Die dicke Matratze fing ihn auf. Den Besenstiel legte er neben sein Bett und löschte das Licht.
Er hoffte, ab jetzt eine ruhige Nacht verbringen zu können. Trotzdem konnte er nicht einschlafen. Er schaute auf die Decke, die sich als hellgrauer Fleck über ihm abhob. Es war nicht völlig dunkel im Zimmer. Der zunehmende Mond leuchtete fahl. Sein Licht sickerte durch die Vorhänge. Die Möbel waren in ihren Umrissen zu erkennen. Da gab es einmal den Schrank, die Kommode und die Bilder an den Wänden. Die Gemälde waren durchweg alt und zeigten Portraits der früheren Burgbesitzer. Es gab in dem Schloß auch Ritterrüstungen und sogar finstere Keller, sowie Folterkammern.
Gesehen hatte er sie noch nicht, aber für den folgenden Abend war eine Besichtigung vorgesehen. Um es richtig stilecht zu machen, hatten sie beschlossen, Keller und Folterkammern erst in der Dunkelheit zu betreten.
Zudem gab es dort unten kein elektrisches Licht, wie man ihm gesagt hatte.
Dort lagerten auch die Vorräte, die sie mitgebracht hatten. Der Koch und zwei seiner Gehilfinnen hatten die Dinge eingeräumt. Der Koch fungierte gleichzeitig auch als Verwalter des Schlosses. Er kannte hier jeden Stein, wie er sagte.
Mit der Zeit wurde er müde. Die Augen fielen ihm fast von selbst zu, und er versank in einen Halbschlaf.
Da traf ihn der erste Tropfen.
Billy Elting schreckte hoch, denn etwas war auf seine Stirn geklatscht. Er schüttelte sich, war noch nicht voll da, aber seine Hand fuhr hoch, und mit dem gekrümmten Finger wischte er über die Stelle, wo ihn der Tropfen berührt hatte.
Sie war feucht…
Nur – Wasser fühlte sich anders an. Nicht so dickflüssig oder klebrig. Elting wurde wieder an das Stöhnen erinnert, und er brachte es auch in Zusammenhang mit den fallenden Tropfen, denn der zweite hatte ihn bereits getroffen.
Auf die Nase.
Da sprang Elting hoch. Mit dem Ärmel seiner Schlafanzugjacke wischte er über sein Gesicht und klatschte seinen rechten Handballen gegen die Lichtschalter.
Es wurde hell.
Elting schaute zur Decke.
Ein dritter Tropfen hing dort. Nein, Wasser war das nicht. Wasser besitzt keine rote Farbe, es sei denn, man färbt es. Dort oben unter der Decke klebten Blutstropfen…
***
Jetzt fiel er.
Entsetzt beobachtete Billy Elting den Weg des Tropfens. Er klatschte auf das Kopfkissen und hätte ihn sicherlich getroffen, wenn er noch da gelegen hätte.
So berührte er das weiße Laken, wo er sich verteilte und vom Stoff aufgesaugt wurde.
Blut tropfte von der Decke.
Verdammt, das war kein Scherz mehr, schimpfte Elting innerlich.
Irgendwo befand sich da eine Grenze. Wenn die Jugendlichen so etwas als Scherz auffaßten, mußte man ihnen den Marsch blasen.
Elting war wie gelähmt. Neben seinem Bett stand er und schaute gegen die Decke. Er hatte dabei das Gefühl, immer mehr Blut zu sehen. Allerdings blieb es beim Tropfen. Das Blut vermengte sich nicht zu einem Strahl, sondern klatschte intervallweise auf das Bett.
Längst hatte es dort ein makabres Muster gebildet, und plötzlich sah Elting den Spalt.
Dort, wo das Blut aus der Decke quoll, bildete sich ein Riß. Lautlos, ohne daß Putz nach unten fiel.
Und der junge Mann sah eine Hand.
Zuerst nur die Finger. Sie hielten etwas umklammert, das nicht genau zu erkennen war, bis Billy Elting das Messer mit der breiten Klinge sah.
Seine Augen wurden groß, denn er sah, daß auch die Klinge einen blaßrosa Schimmer zeigte.
Wie Blut…
Da schüttelte er den Kopf. Pfeifend holte er Atem, fuhr mit den gespreizten Fingern durch seine Haare und rannte zur Tür. Er mußte an dem Spiegel vorbei und entdeckte erst jetzt das Blut auf seinem eigenen Gesicht, das eine lange Spur hinterlassen hatte und sein Gesicht zu einer Fratze
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