0179 - Spuk im Leichenschloß
fehlte uns«, sagte ich.
Der Kasten war gut sortiert. Ich fand auch Jod und bepinselte Sukos Wunde damit.
Der Chinese zuckte zusammen, das Zeug brannte; das kannte ich von mir. »Keine Panik«, sagte ich, »ich bin bei dir.«
»Als würde mir das etwas nützen.«
Fünf Minuten dauerte die Behandlung. Auf einen Verband verzichtete ich, dafür nahm ich zwei große Pflaster.
»Das wär’s«, sagte ich zum Schluß und gab Suko einen Klaps auf die Schulter. »Du kannst jetzt schlafen.«
»Und du?« fragte er.
»Ich spiele Schloßgeist.«
»Dann laß dich aber nicht von einem Geisterjäger erwischen«, riet er mir und hob zum Gruß die Hand.
Wir verließen den Raum. Wenn ich gewußt hätte, was Suko bevorstand, wäre ich dageblieben…
***
Der Chinese war froh, als die anderen die Tür hinter sich geschlossen hatten. Er gab sich zwar lässig, aber so fit fühlte er sich auch nicht.
Suko lag so, daß er beide Fenster im Blickfeld hatte. Es war nicht sehr hell im Raum. Bald würde die Sonne untergehen, dann sickerte noch weniger Licht durch die schmutzigen Fensterscheiben.
Suko dachte an den grünen Dschinn. Wie einfach hätte es der Dämon gehabt, zwei Gegner auf einmal zu erledigen. Er hatte sich nur Kelim, den Versager, geholt und war verschwunden. Und er hatte das Museum in Brand gesteckt, womit er auch letzte Spuren eiskalt auslöschte. War schon raffiniert, dieser uralte Dämon.
Suko fragte sich auch, wann er und John wieder etwas von dem grünen Dschinn hören würden. Das konnte Wochen dauern, Monate oder gar Jahre. Für Dämonen spielte die Zeit überhaupt keine Rolle.
Sie war ein relativer Begriff, und das nicht nur mathematisch gesehen.
Hinter Sukos Stirn tuckerte und hämmerte es. Es fiel dem Chinesen schwer, einen klaren Gedanken zu fassen, auch mit der Konzentration haperte es, und er wurde erst aufmerksam, als er vom Burghof helle Stimmen hörte.
Die Jugendlichen kamen zurück. Sie hatten den Weg zu Fuß zurücklegen müssen und waren dementsprechend spät dran.
Aus dem Schloß selbst hörte Suko kaum etwas. Die dicken Mauern schluckten fast jedes Geräusch.
Hin und wieder nur knarrte Holz. Das Material lebte und arbeitete. Auch in seinem Zimmer knackte eine Bohle und knarrte der kommodenartige Schrank in der Ecke. Einen Spiegel sah Suko ebenfalls an der Wand. Der Rahmen bestand aus Blattgold.
Da er sehr ruhig lag und kaum die Augenlider bewegte, merkte er doch, daß die Schmerzen langsam abklangen. In ein paar Tagen würde von der Wunde nichts mehr zu sehen sein, davon war der Chinese fest überzeugt.
Plötzlich versteifte sich seine Haltung noch mehr. Er hatte ein Geräusch vernommen.
Irgendwo war es aufgeklungen. Vielleicht unter ihm oder neben ihm, auf jeden Fall war Suko keiner Täuschung erlegen. Das Geräusch hatte sich wie ein Schaben oder Kratzen angehört.
Suko mußte an die Rattenburg denken und daran, daß auch hier eventuell Ratten oder Mäuse zwischen den Räumen und Etagen ihr Unwesen trieben. Sie liefen, trippelten und verursachten die für diese Tiere so typischen Geräusche.
Aber das war es nicht. Das Geräusch von umherlaufenden Mäusen oder Ratten klang anders. Zudem verlagerte es sich auch, was mit dem anderen nicht geschah.
Was war es dann?
Abermals vernahm Suko das Kratzen. Und jetzt wußte er, wo es seine Basis hatte.
Unter dem Bett!
Suko dachte nach. Keiner von ihnen hatte unter das Bett geschaut.
Es wäre auch ein abwegiger Gedanke gewesen, und er glaubte auch jetzt nicht daran, daß sich dort jemand versteckt hielt.
Dazu klang es zu dumpf. Seiner Meinung nach mußte sich das Tier oder was immer es auch war, unter den Holzdielen befinden.
Bis er das Stöhnen hörte, da nämlich änderte er seine Ansicht.
Es war ein qualvolles, grausam klingendes Ächzen, wie das eines Sterbenden, und selbst Suko biß die Zähne zusammen.
»Aaaahhhgggrrr…«
Urlaute, schrecklich anzuhören, die Nervensaiten berührend und sie dabei anspannend.
Wäre Suko im Vollbesitz seiner Kräfte gewesen, so hätte er sicherlich nachgesehen. So aber blieb er erst einmal liegen und wartete ab, wie sich alles weiter entwickeln würde, denn noch hatte er keinen Gegner gesehen.
Er lauschte.
Das Stöhnen war verstummt. Suko nahm mit 100prozentiger Sicherheit an, daß er keiner Einbildung zum Opfer gefallen war. Nun gab es zwei Möglichkeiten. Entweder erlaubte sich jemand einen Scherz, oder aber die Sache war ernst.
An Scherze glaubte Suko nicht gern. Er hatte in seinem Leben schon
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