018 - Der Mönch mit den Teufelskrallen
während der letzten Tage, ist er immer stiller geworden. Ich fürchte, er
hat Sorgen mit seinem Patienten. Doch ich wollte ihn, in der Stimmung, in der
er sich befindet, nicht ansprechen. Vielleicht grübelt er über einem Problem.«
Larry atmete
hörbar die Luft aus. »Sagen Sie mir, wie Bruder Antonio aussieht.«
Der Abt
verhielt in der Bewegung und starrte Larry Brent an, als habe er nicht richtig
gehört. »Haben Sie ihn denn heute Abend im Hause von Señor Fardez nicht
kennengelernt?«
»Doch. Gerade
deswegen.«
»Bruder
Antonio ist groß und stark, einundfünfzig Jahre alt.«
»Er hat
dichtes weißes Haar, nicht wahr? Und er trägt einen Backenbart?«
» Backenbart –
das stimmt. Aber dichtes Haar? Das ist stark übertrieben. – Bruder Antonio hat
eine Glatze. Nur noch ein dünner Haarkranz ist vorhanden.«
»Dann sprechen
wir von zwei verschiedenen Personen, ehrwürdiger Pater. Der Mann, von dem Sie
sprechen – liegt tot unter einem Unrathaufen im Garten des angeblichen Ramon
Sostello.«
Der Abt
schluckte. Sein bleiches Gesicht wurde noch um einen Ton fahler. »Aber ich, ich
...«
»Die Eigenart
des wahren Bruder Antonio, beispielsweise seine Zurückgezogenheit, war bekannt.
Nur so ist es zu erklären, dass er sich bereits seit einigen Tagen hier im
Kloster frei bewegen kann – ohne aufzufallen. Und sein weißer Bart, den er
zufällig trägt, kam ihm dabei noch zugute.«
»Das kann
nicht sein. Sie müssen sich irren, Señor Brent.«
»Der Mann, der
die Rolle des Bruder Antonio übernommen hat, kann niemand anders als Ramon
Sostello sein.«
»Unmöglich«,
hauchte der Abt. »Von Bruder Antonio weiß ich, dass Ramon Sostello ein Mann von
etwa dreiundvierzig Jahren ist.«
Nun war der
PSA-Agent erstaunt und sah seine Theorie zusammenbrechen. Wenn das zutraf,
passte überhaupt nichts mehr zusammen, dann musste er von vorn anfangen. »Sagen
Sie, ehrwürdiger Pater«, sagte Larry heiser. »Hat Bruder Antonio jemals darüber
gesprochen, auf welche Weise sich das Krankheitsbild von Ramon Sostello
bemerkbar macht?«
»Einmal
flüchtig. Er sagte etwas von einer starken Grünfärbung der Haut. Doch das habe
er mittlerweile durch Bleichmittel unter Kontrolle bringen können. Unangenehmer
sei da noch eine andere Erscheinung, die er zurückbilden müsse ...«
»Und was war
das?«
»Ich weiß es
nicht. Er hat nichts darüber ausgesagt.«
Sie hatten den
Kreuzgang erreicht. Die einfachen Sandalen des Abtes klangen rhythmisch auf dem
Fußboden. Die Geräusche hallten durch die stille, dunkle Nacht.
»Ich muss das
Zimmer von Bruder Antonio sehen, unbedingt, ehrwürdiger Pater. Führen Sie mich
hin. Ich bin nach Spanien gekommen, um ein Verbrechen aufzuklären und fürchte,
ich bin dabei auf ein zweites gestoßen. Diese Tatsache zeigt im Übrigen Señor
Fardez in einem ganz anderen Licht. Das Verhalten des Mönchs war von ihm nicht
einkalkuliert ...«
»Ich weiß
nicht, wovon Sie reden, Señor Brent.«
»Sie werden
bald mehr begreifen, als Ihnen lieb ist. Ich habe das Gefühl, dies wird – trotz
der herrschenden Kälte hier oben – noch eine heiße Nacht werden.«
Der Abt
öffnete eine große braune Tür. Sie kamen in einen Gang, zu dessen beiden Seiten
die Zimmer lagen. Der Abt wandte sich nach rechts. »Hier ist es. Hier lebte und
arbeitete Bruder Antonio.«
»Klopfen Sie
an. Sagen Sie, Sie wollten ihn sprechen«, wisperte Larry und ging zwei Schritte
zur Seite, so dass ihn die aufgehende Tür verbarg.
Der Abt
klopfte an. »Bruder Antonio – Bruder Antonio.«
Larry hielt
den Atem an. Alle seine Muskeln waren gespannt. Er war darauf eingerichtet,
sofort zu reagieren und das Leben des Abtes zu verteidigen, wenn die Situation
es erfordern sollte.
Doch nichts
geschah. Hinter der Tür blieb alles ruhig. Der Abt drückte die Türklinke herab
und trat in den düsteren Raum.
»Er ist nicht
da«, hörte Larry die leise Stimme des Abtes, und die Überraschung, die darin
mitschwang, war unüberhörbar. »Das Zimmer ist leer, Señor Brent.«
●
Señora Couchez
blickte dem Wagen nach, der die dunkle Straße hinunter fuhr. Sie stand auf der
obersten Stufe des Hauptgebäudes des Hauses
der Hoffnung und kramte den Schlüssel aus ihrer Tasche. Ihre Nervosität war
unverkennbar. Señor Fardez tauchte in dem Augenblick wie ein Schatten auf, als
die Heimleiterin in den großen, dunklen Gang eintrat. »Holen Sie auch die
Schlüssel zur Zelle. Ich gehe schon hinunter«, sagte er und eilte davon, ohne
ein
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