0182 - Der Seelenfresser
Verdächtigen aus. Jener, der mit dem Amulett arbeitete, war böse! Ich spürte es genau.«
»Und deshalb kann Merlin nicht gemeint sein«, fügte Nicole hinzu.
»Richtig«, bekräftigte Zamorra. »Es ist etwas anderes. Und ich werde auch herausfinden, was.«
»Was heißt hier du? Ich helfe dir selbstverständlich. Die Sache interessiert mich, und sie ist zu gefährlich für dich allein. Du brauchst doch immer ein Kindermädchen, das auf dich aufpaßt und dir die Windeln wechselt, wenn Not am Mann ist…«
»Nun halt aber mal die Luft an«, meinte Zamorra grinsend. »Du hast wohl völlig vergessen, daß du für morgen eine Verabredung hast?«
»Manu!« ging Nicoles Geist eine ganze Scheinwerferbatterie auf. »O, verdammt!«
Zamorra stellte die Lampe auf den Schreibtisch zurück. »Halb so wild«, sagte er. »Es geht auch mal ohne dich…«
»Ich werde Manu anrufen«, erwiderte Nicole unfroh. »Wir müssen unseren Einkaufsbummel eben verschieben.«
»Das wirst du nicht tun«, widersprach Zamorra. »Es paßt mir ganz gut in den Kram, daß du mal ein bißchen Abwechslung bekommst, die nicht sofort wieder auf eine Konfrontation mit irgendwelchen Dämonen hinausläuft.« Er zog sie an sich und küßte sie sanft. Ihre Augen leuchteten. Aber sie konnte ihre Sorge nicht verstecken.
Manu, wie Manuela Ford, Bill Flemings Freundin, im engsten Kreis genannt wurde, war seit ein paar Monaten mit Zamorras amerikanischem Freund fest liiert. Und jetzt hatte sie ihren Besuch auf Château de Montagne angesagt, weil es ihr in den Staaten zu langweilig geworden war. Bill Fleming, ein Historiker von Weltruf, dabei aber genausowenig wie ein vertrockneter Professor aussehend wie Zamorra, hatte sich wieder einmal für Tage oder Wochen in zeitraubende Recherchen für ein neues Buch vergraben. Er hatte einen vielversprechenden Indio-Mythos entdeckt, dessen Ursprünge und Wahrheitsgehalt er unbedingt überprüfen wollte.
Nichts für Manuela Ford, dieses kesse Lebegirl, das Bill nach allen Regeln weiblicher Verführungskunst den Kopf verdreht hatte. Sie und Nicole bildeten eine unschlagbare Verbindung, wenn es darum ging, ganze Ladenketten nach den neuesten Modeverirrungen auf den Kopf zu stellen…
»Und du glaubst wirklich…« begann Nicole zögernd.
»Keine Angst«, wischte der Meister des Übersinnlichen ihre Zweifel beiseite. »Die ganze Aktion vorhin erschien mir ziemlich ungezielt. Ich glaube nicht, daß mich jemand direkt angreifen wollte, und damit ist es fraglich, ob sich in dieser Sache so schnell etwas tut.«
»Laß uns morgen früh noch mal darüber reden«, schlug Nicole Duval diplomatisch vor. Sie sah auf die Uhr. »Es ist schon lange nach Mitternacht. Zeit selbst für dich, das Bettchen aufzusuchen.«
»Wenn es von einer so bezaubernden Person wie dir vorgeheizt wird, gern«, gab Zamorra zu.
Sie lachten.
Sie verließen das Arbeitszimmer und löschten das Licht hinter sich. Nicole ging ein paar Schritte voran, so konnte sie auch nicht sehen, wie Zamorra sein Amulett erneut umklammerte und Mühe hatte, die Schmerzen zu verbergen, die in diesen Sekunden etwas schwächer als vorher durch sein Gehirn peitschten. Wieder pulsierten die Hieroglyphen auf der Silberscheibe sekundenlang unter dem Zustrom einer fremden Macht, die von irgendwoher auf Merlins Stern einwirkte.
Als sie das Schlafzimmer erreichten, war wieder alles normal. Nur Zamorra wußte, daß nichts normal war.
***
Pyter Pitlochry drehte den Docht der Petroleumlampe etwas höher und zündete ihn mit dem Feuerzeug an. Im ersten Moment knisterte es ein bißchen, dann breitete sich der gedämpfte Schein in der Hütte aus.
Pyter stellte das Drahtgestell auf das Sims über der offenen Feuerstelle, bückte sich und machte sich geschickt daran, ein Feuer aus kleinen Holzscheiten zu entfachen.
Weder er noch Susan, die am einzigen Fenster der niedrigen Hütte Stellung bezogen hatte und mit brennendem Blick nach draußen starrte, sprachen ein Wort. Eine lähmende Atmosphäre herrschte in Hem kleinen Unterschlupf.
Zwei Minuten später flackerte ein anheimelndes Feuer im Kamin.
Pyter richtete sich auf und ging zu seiner Freundin. Er umschlang sie von hinten und küßte sie in den Nacken. Dabei sog er genußvoll den Duft ihres herben Parfüms ein.
Als sie auf seine Zärtlichkeit nicht reagierte, faßte er sie an den Schultern, um sie so zu drehen, daß er ihr Gesicht sehen konnte.
Sie wehrte sich dagegen.
»Laß mich«, sagte sie leise, mit unterdrücktem
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