Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0197 - Mörder im Chinesenviertel

0197 - Mörder im Chinesenviertel

Titel: 0197 - Mörder im Chinesenviertel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mörder im Chinesenviertel
Vom Netzwerk:
Den. ganzen Vormittag über hatte er schon so ein unruhiges Gefühl. Es gab nicht eigentlich einen besonderen Grund dafür, es war nui daß irgend etwas in der Luft hing und daß er das spürte.
    Als er um die Ecke bog, wo das chinesische Revuetheater lag, überlegte er einen Augenblick, ob er nicht doch einen Fruchtsaft oder eine Coca trinken sollte. Seine Kehle war wie ausgedörrt. Seit sieben war er nun schon auf den Beinen, und es wurde höchste Zeit, daß er ein wenig Flüssigkeit in seinen Magen bekam. Er war nun einmal ein Mensch, der viel Flüssigkeit brauchte. Wenn er dienstfrei hatte, trank er drei oder vier Kannen Tee im Laufe eines Tages. Nicht etwa im Anschluß an die Mahlzeiten, nein, nur so, zwischendurch.
    Er hielt Ausschau, ob irgendwo ein Vorgesetzter zufällig in der Gegend war, aber weit und breit war er der einzige Mensch, der die helle Sommeruniform der New Yorker Stadtpolizei trug. Natürlich konnte ein Lieutenant oder gar der Captain vom Revier auftauchen, sobald er die kleine Erfrischungshalle betreten hatte, die genau gegenüber lag, aber das machte nichts. Die Hauptsache war, daß man ihn nicht gerade in dem. Augenblick sah, wenn er hineinging.
    Mit seinen langen Beinen stakte er über die Fahrbahn. Der Knüppel baumelte an seinem Gürtel, und vorn links spürte er das schwere Gewicht der Pistole. Er würde sich nie an das verdammte Ding gewöhnen, obgleich er es nun schon bald zwanzig Jahre am Gürtel hängen hatte. Immerhin war er vierundvierzig Jahre alt und weiß Gott kein Anfänger mehr. Trotzdem spürte er jeden Tag von neuem das Gewicht der Pistole am Gürtel. Es mußte an seiner Figur liegen, daß er so schlecht einen belasteten Gürtel tragen konnte.
    In der niedrigen, rauchgeschwängerten Trinkhalle war nicht viel Betrieb. An der Theke standen ein üaar verkommene Gestalten und schwatzten über Gott und die Welt, während sie ihr Bier aus den Pappbechern tranken und ab und zu eine neue Büchse verlangten.
    »Morgen«, sagte Bill Ricer, schob sich seine Mütze ein wenig nach hinten und blickte sich um.
    Der alte Chinese hinter der Theke rieb sich die Hände und verbeugte sich dreioder viermal.
    »Guten Molgen, Selgeant Ricel«, lispelte er in seiner hohen, fistelnden Tonart. »Was dalf es sein?«
    Er war schon in New York gewesen, längst bevor 'der Sergeant in die Stadt gekommen war, aber der Alte konnte immer noch kein richtiges R sprechen. Er würde es auch nie mehr lernen.
    »Geben Sie mir einen Fruchtsaft«, sagte Bill, weil er wußte, daß der Alte ihn verachtet hätte, wenn er einen Tee so schnell wie eine Limonade getrunken hätte. Und bei dem Durst, den er hatte, brauchte er etwas, das er hinunterstürzen konnte.
    »Bitte, Selgeant«, erwiderte der alte Chink und stellte ihm eine Flasche Orangensaft und einen Pappbecher auf die Theke. Ricer schenkte sich ein und leerte den halben Becher in einem Zug. Die Kohlensäure brannte angenehm auf der Zunge und in'der Kehle.
    »Aaaah«, sagte Bill Ricer unwillkürlich und fuhr sich mit dem Handrücken über die Lippen. »Das tut gut. Ich fühle mich wie neugeboren.«
    Er schenkte sich den Rest ein, kramte ein paar Münzen aus der Hosentasche und legte sie auf die Theke. Der alte Chinese tat, als sähe er das Geld überhaupt nicht. Der Bursche würde die Münzen erst nehmen, wenn Bill sich umdrehte und ging. Komische Kerle, diese Chinesen, dachte Bill, während er die zweite Hälfte seines Fruchtsaftes etwas langsamer durch die Kehle laufen ließ. Man kann sie zwanzig Jahre kennen, sie mögen auf unseren Colleges und Universitäten studiert haben, irgend etwas Geheimnisvolles bleibt ihnen immer. Ganz merkwürdig. Als ob sie aus einer anderen Welt stammten.
    Die paar Gelegenheitsarbeiter, die neben Bill an der Theke standen, unterhielten sich leiser, seit der Sergeant den Raum betreten hatte. Nicht als ob sie Verbrecher wären. Es war mehr jenes Vorurteil gegen die Polizei, das sie verstummen ließ, wenn eine Uniform in ihrer Nähe auf kreuzte. Es gibt ja gewisse Schichten, die einen Polizisten aus weiß der Teufel welchen Gründen für einen Feind halten. Bill kannte das gut und lang genug, als daß er noch versuchen wollte, diesen Zustand zu ändern.
    Er stellte den leeren Becher zurück auf die Theke, tippte an seinen Mützenschirm und verließ die Trinkhalle wieder.
    Auf der Straße herrschte der übliche Betrieb eines New Yorker Werktages. Die Uhr zeigte auf kurz vor elf, und der Run würde in einer Stunde einsetzen, wenn

Weitere Kostenlose Bücher