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02 - Schatten-Götter

02 - Schatten-Götter

Titel: 02 - Schatten-Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Cobley
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größeren der beiden kreisten. »Wo sind wir hier?«, wollte Ghazrek wissen. »Das ist nicht Besh-Darok! Das ist nicht einmal Khatris …« »Wir kennen diesen Ort«, unterbrach ihn die Hexenmähre Shondareth, die sich vor Tauric hinkniete. »Ihr solltet auf meinen Rücken steigen, König von Besh-Darok. Wir befinden uns in dem Reich des Herrn des Zwielichts, und eine gewaltige Schlacht wartet auf uns.«
    »Ich sehe Yasgurs Banner!«, rief Ghazrek. »Und Gordags und Welgaraks …!«
    »Dahinten flattert die Standarte von Besh-Darok!«, rief Tauric.
    Dann begann das Heer des Herrn des Zwielichts seinen wilden Ansturm unter einem donnernden Aufschrei, der den Boden erzittern ließ. Nur Augenblicke später warf sich ihr die Armee der Verbündeten in enger Formation von ihrem Kamm entgegen. Tauric saß mittlerweile auf Shondareths Rücken und stieß einen wortlosen Schlachtruf aus, bei dem die ganze Herde der Hexenmähren voranstürmte.
    Obwohl allmählich Gefühl und Kraft in Suviels Glieder zurückströmten, bedurfte sie Atrocs Hilfe, um den Rest des Ganges zu überwinden. Sie stützte sich auf den Seher der Mogaun, der sie vom Eingang abgeholt hatte, bis sie schließlich die Höhlenkammer im Herzen des Berges erreichte, wo spitze Felsnadeln wie Türme aus dem Boden wuchsen, und in deren Mittelpunkt Pfeiler und Monolithe ein Viereck bildeten. Sie sah den pulsierenden Glanz des Brunn-Quell und fühlte sein gieriges Lied in ihrem Fleisch und ihren Knochen. Und sie hörte, wie eine Frauenstimme wütete.
    «… und Tauric ist tot, und Nerek ist tot und das alles nur deinetwegen …!«
    Auf Atrocs Arm gestützt, humpelte Suviel zwischen zwei Pfeilern hindurch und nahm die Szenerie in sich auf, die sich ihr bot. Die silberne Statue, die auf einem Stuhl saß, den gekrümmten, wimmernden Kodel, die merkwürdige Kreatur, halb menschlich, halb Dämonenbrut, die wütend auf Byrnak einredete, während er mit dem Kristallauge in der Hand wie unbeteiligt dasaß …
    »Keren …«
    Die Dämonenbrut hielt inne und schaute Suviel an, stolperte zu ihr und hielt ihr einen schmalen, von einem Tuch umwickelten Gegenstand hin.
    »Bitte, Suviel, mach mich wieder menschlich«, flehte Keren. »Orgraaleshenoth sagte, der Stab könnte das bewerkstelligen.«
    »Vielleicht, Keren, vielleicht vermag er es.« Sie sah Byrnak an. »Byrnak, seid Ihr wieder … Euch selbst bewusst?«
    Er schaute sie mit einem düsteren, in sich gekehrten Blick an, stand auf, trat zu ihr und reichte ihr das Kristallauge, das den Mutterkeim umschloss.
    »Ich bin mir«, erwiderte er merkwürdig gelassen, »außerdem vieler Dinge und mancher Orte bewusst.« Mit diesen Worten schritt er zwischen den Pfeilern aus dem Viereck heraus und verschwand. »Merkwürdig«, Atroc schüttelte den Kopf. »Keiner versucht, ihn aufzuhalten.«
    »Er hat keine Macht mehr in sich«, gab Suviel zurück. »Nur Visionen.«
    Keren und Atroc halfen ihr zu dem Schrein des Brunn-Quell, wo sie sich auf die Stufen hockte und die drei Artefakte einen Moment betrachtete. Mit dem eiförmigen Mutterkeim in seinem Inneren ähnelte das Kristallauge jetzt tatsächlich einem Augapfel. Suviel spürte die Macht der Verbindung dieser beiden Artefakte, die sich gegenseitig vervielfachte. Ein Blick auf Keren genügte, und sie erkannte, wie Orgraaleshenoth mithilfe der Mächte seines Reiches ihre Gestalt verändert hatte, und es bedurfte eines bloßen Gedankens, den Bann zu brechen und umzukehren.
    Ein weiterer Gedanke wischte den Schmerz aus ihrem Körper, und der nächste versetzte Kodel in ein tiefes, heilendes Koma. Sie atmete auf, erhob sich und lächelte Atroc und Keren an.
    »Jetzt muss ich den Brunn-Quell betreten«, sagte sie, »und die Trinität der Artefakte einsetzen, um es zu zerstören …«
    »Aber das kannst du nicht!«, unterbrach sie eine dröhnende Stimme.
    Ein großes, hundeartiges Wesen trat in den Schrein des Brunn-Quell, gefolgt von einem staunenden, furchtsamen Tauric, der lächelte, als er Atroc und Suviel erblickte. Atroc war zum ersten Mal tatsächlich fassungslos. »Majestät… Ihr … Ihr lebt?«
    »Es hat jedenfalls den Anschein«, erwiderte Tauric gelassen und richtete seinen Blick auf das Hundewesen, das, wie Suviel begriff, der Geist des Vater-Baums sein musste. »Ich habe diesmal den mittleren Weg gewählt… Wo sind die Hexenmähren?«
    »Im Augenblick kämpfen sie, so gut sie es vermögen«, erklärte der Geist des Vater-Baums und schaute Suviel an. »Ja«, stimmte sie zu.

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