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02 - Winnetou II

02 - Winnetou II

Titel: 02 - Winnetou II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Pässe geht, und wird sehen, ob glücklich ist Ribanna, die Tochter des Tah-scha-tunga.‘
    Er drehte sich um, schritt in die Nacht hinaus und war am andern Morgen verschwunden.
    Als er zur Zeit des Frühlings zurückkehrte, fand er Ribanna, und ihre strahlenden Augen erzählten ihm besser als Worte von dem Glück, welches ihr beschieden war. Er nahm mich, das erst einige Tage alte Kind, von ihrem Arm, küßte mir den kleinen Mund und legte seine Hand beteuernd auf mein Haupt:
    ‚Winnetou wird sein über dir wie ein Baum, in dessen Zweigen die Vögel schlafen und die Tiere des Feldes Schutz finden vor der Flut, die aus den Wolken rinnt. Sein Leben sei dein Leben und sein Blut wie dein Blut. Nie wird der Hauch seines Atems stocken und die Kraft seines Armes erlahmen für den Sohn der Rose vom Quicourt; möge der Tau des Morgens fallen auf deine Wege und das Licht der Sonne auf deine Pfade, damit Freude habe an dir der weiße Bruder des Apachen.‘
    Jahre vergingen, und ich wuchs heran. Aber ebenso wuchs auch das Verlangen des Vaters nach dem zurückgelassenen Sohn. Ich nahm teil an den mutigen Spielen der Knaben und ward erfüllt von dem Geist des Krieges und der Waffen. Da konnte Vater seiner Sehnsucht nicht länger gebieten; er ging nach dem Osten und nahm mich mit. Mir ging an der Seite des Bruders und mitten im zivilisierten Leben eine neue Welt auf, von der ich mich nicht trennen zu können vermeinte. Vater kehrte allein zurück und ließ mich bei den Pflegeeltern des Bruders. Bald aber regte sich das Heimweh nach dem Westen mit solcher Macht in mir, daß ich es kaum zu bewältigen vermochte und nach dem nächsten Besuch des Vaters mit ihm wieder in die Heimat ging.
    Daselbst angekommen, fanden wir das Lager leer und vollständig ausgebrannt. Nach längerem Suchen entdeckten wir ein Wampum, welches Tah-scha-tunga zurückgelassen hatte, um uns bei unserer Ankunft von dem Vorgefallenen zu benachrichtigen.
    Tim Finnetey, ein weißer Jäger, war früher oftmals in unserem Lager gewesen und hatte die Rose vom Quicourt zur Squaw begehrt; aber die Assineboins waren ihm nicht freundlich gesinnt, denn er war ein Dieb und hatte schon zu mehreren Malen ihre ‚Catches‘ geöffnet. Er wurde abgewiesen und ging mit dem Schwur der Rache auf den Lippen. Vom Vater, der mit ihm in den Black Hills zusammengetroffen war, hatte er erfahren, daß Ribanna sein Weib sei, und er ging zu den Schwarzfüßen, um sie zu einem Kriegszug gegen die Assineboins zu bewegen.
    Sie folgten seiner Stimme und kamen zu einer Zeit, in welcher die Krieger auf einem Jagdzug abwesend waren. Sie überfielen, plünderten und verbrannten das Lager, töteten die Greise und Kinder und führten die jungen Frauen und Mädchen gefangen mit sich fort. Als die Krieger zurückkehrten und die eingeäscherte Stätte sahen, folgten sie den Spuren der Räuber, und da sie ihren Rachezug nur einige Tage vor unserer Ankunft angetreten hatten, so war es uns vielleicht möglich, sie noch einzuholen.
    Laßt mich's kurz machen! Unterwegs stießen wir auf Winnetou, welcher über die Berge gekommen war, die Freunde zu sehen. Er wandte auf des Vaters Bericht, ohne ein Wort zu verlieren, sein Pferd, und nie im Leben werde ich den Anblick der beiden Männer vergessen, welche lautlos, aber mit glühendem Herzen und drängender, angstvoller Eile den Weg der Vorangezogenen verfolgten.
    Wir trafen sie am Bee-fork. Sie hatten die Schwarzfüße ereilt, welche im Flußtal lagerten, und erwarteten nur die Nacht, um über sie herzufallen. Ich sollte bei der Pferdewache zurückbleiben; aber es ließ mir keine Ruhe, und als der Augenblick des Überfalles kam, schlich ich mich zwischen die Bäume vor und kam gerade an dem Rand des Gehölzes an, als der erste Schuß fiel. Es war eine furchtbare Nacht. Der Feind war uns überlegen, und das Kampfgeschrei verstummte erst, als der Morgen zu grauen begann.
    Ich hatte das Gewirr der wilden Gestalten gesehen, das Ächzen und Stöhnen der Verwundeten und Sterbenden gehört und betend im nassen Gras gelegen. Jetzt kehrte ich zur Wache zurück. Sie war verschwunden. Unsägliche Angst bemächtigte sich meiner, und als ich jetzt das Freudengeheul der Feinde vernahm, wußte ich, daß wir besiegt seien.
    Ich versteckte mich bis zum Abend und wagte mich dann auf den Platz, wo der Kampf stattgefunden hatte.
    Tiefe Stille herrschte ringsum, und der helle Schein des Mondes fiel auf die leblos daliegenden Gestalten. Gepackt von grausem Entsetzen irrte ich

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