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02 - Winnetou II

02 - Winnetou II

Titel: 02 - Winnetou II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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sind grad Leute Eurer Sorte am wenigsten befähigt, ihr Glück zu machen. Ich habe das oft genug erfahren. Habt Ihr eine Anstellung?“
    „Ja, in New York.“
    „Was für eine?“
    Es war ein so eigener Ton, in welchem er seine Fragen stellte, daß es fast unmöglich war, ihm die Antwort zu verweigern. Da ich ihm die Wahrheit nicht sagen durfte, erklärte ich ihm:
    „Ich bin engagiert von einem Bankier, in dessen Auftrag ich mich hier befinde.“
    „Bankier? Ah! Dann freilich ist Euer Weg ein viel ebener, als ich gedacht habe. Haltet diese Stelle fest, Sir! Nicht jeder Studierte findet seine Stellung bei einem amerikanischen Geldmann. Und sogar in New York? Da genießt Ihr bei Eurer Jugend ein bedeutendes Vertrauen. Man sendet von New York nach dem Süden nur einen, auf den man sich verlassen kann. Freut mich sehr, daß ich mich in Euch geirrt habe, Sir! So ist's jedenfalls ein Geldgeschäft, welches Ihr abzuwickeln habt?“
    „Etwas Ähnliches.“
    „So! Hm!“
    Er ließ abermals einen seiner scharf forschenden Blicke über mich hingleiten, lächelte grinsend wie vorher und fuhr fort:
    „Aber ich glaube, den eigentlichen Grund Eurer Anwesenheit erraten zu können.“
    „Das bezweifle ich.“
    „Habe nichts dagegen, will Euch aber einen guten Rat erteilen. Wenn Ihr nicht merken lassen wollt, daß Ihr hierher gekommen seid, jemand zu suchen, so nehmt Eure Augen besser in acht. Ihr habt Euch alle hier im Lokale Anwesenden auffällig genau angesehen, und Euer Blick hängt beständig an den Fenstern, um die Vorübergehenden zu beobachten. Ihr sucht also jemand. Habe ich es erraten?“
    „Ja, Master. Ich habe die Absicht, einem zu begegnen, dessen Wohnung ich nicht kenne.“
    „So wendet Euch an die Hotels!“
    „War vergeblich, und ebenso vergeblich die Bemühung der Polizei.“
    Da ging jenes freundlich sein sollende Grinsen wieder über sein Gesicht; er kicherte vor sich hin, schlug mir mit dem Finger ein Schnippchen und sagte:
    „Master, Ihr seid trotzdem ein Greenhorn, ein echtes, richtiges Greenhorn. Nehmt es mir nicht übel; aber es ist wirklich so.“
    In diesem Augenblicke sah ich freilich ein, daß ich zu viel gesagt hatte. Er bestätigte diese meine Ansicht, indem er fortfuhr:
    „Ihr kommt hierher in einer Angelegenheit, welche ‚etwas einem Geldgeschäft ähnliches‘ ist, wie Ihr mir sagtet. Der Mann, auf welchen sich diese Sache bezieht, wird in Eurem Auftrag von der Polizei gesucht. Ihr selbst lauft in den Straßen und Bierhäusern herum, um ihn zu finden – ich müßte nicht Old Death sein, wenn ich nun nicht wüßte, wen ich vor mir habe.“
    „Nun, wen, Sir?“
    „Einen Detektiv, einen Privatpolizisten, welcher eine Aufgabe zu lösen hat, welche mehr familiärer als krimineller Natur ist.“
    Dieser Mann war wirklich ein Muster von Scharfsinnigkeit. Sollte ich zugeben, daß er ganz richtig vermutet habe? Nein. Darum antwortete ich:
    „Euern Scharfblick in Ehren, Sir; aber diesesmal dürftet Ihr Euch doch verrechnet haben.“
    „Glaube es nicht!“
    „O, gewiß!“
    „Well! Es ist Eure Sache, ob Ihr es zugeben wollt oder nicht. Ich kann und mag Euch nicht zwingen. Aber wenn Ihr nicht wollt, daß man Euch durchschaut, dürft Ihr Euch nicht so durchsichtig verhalten. Es handelt sich um eine Geldsache. Man hat die Aufgabe einem Greenhorn anvertraut; man will also schonend verfahren; folglich ist der Betreffende ein guter Bekannter oder gar ein Glied der Familie des Geschädigten. Etwas Kriminelles ist doch dabei, sonst würde die hiesige Polizei Euch nicht ihre Hilfe zugesagt haben. Vermutlich hat der Betreffende einen Verführer, welcher sich bei ihm befindet und ihn ausnützen will. Ja, ja, schaut mich nur an, Sir! Ihr wundert Euch über meine Phantasie? Nun, ein guter Westmann konstruiert sich aus zwei Fußstapfen einen ganzen langen Weg von hier bis meinetwegen ins Kanada hinein, und es ist gar selten, daß er sich dabei irrt.“
    „Ihr entwickelt allerdings eine außerordentliche Einbildungskraft, Master.“
    „Pshaw! Leugnet meinetwegen immerfort! Mir macht es keinen Schaden. Ich bin hier leidlich bekannt und hätte Euch wohl einen guten Rat geben können. Doch wenn Ihr meint, auf eigenem Weg schneller zum Ziele zu gelangen, so ist das zwar recht lobenswert von Euch, ob aber klug, das möchte ich bezweifeln.“
    Er stand auf und zog einen alten Lederbeutel aus der Tasche, um sein Bier zu bezahlen. Ich glaubte, ihm durch mein Mißtrauen weh getan zu haben, und sagte, um das

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