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020 - Die Blutgraefin

020 - Die Blutgraefin

Titel: 020 - Die Blutgraefin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hugh Walker
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Wahrscheinlichkeitsrechnung eines ungeheuer komplexen Computers, der alle Daten zur Verfügung hat. Ich bin sicher, dass sich die unmittelbare Zukunft der nächsten Stunden, oder vielleicht in manchen Fällen Tage, errechnen ließe. Das Schicksal wäre solch ein Computer. Es hat alle Daten. Warum sollte es nicht Menschen geben, die dann und wann ein wenig von der Logik des Schicksals begreifen und Geschehnisse der nahen Zukunft vorausahnen?
    Bei Friedel Carhaun scheint mir zudem noch, wenn ich heute darüber nachdenke, ein verstärkter Überlebenstrieb die treibende Kraft gewesen zu sein, die diese ›übernatürlichen‹
    Fähigkeiten in ihm weckte – eine Art persönlicher Schutzmechanismus. Unter welchem Aspekt man es auch sehen mag, er war ein ungewöhnlicher Mensch.
    In den fünf Jahren unserer Freundschaft sah ich ihn Dinge fertig bringen, die das Maß des ›Natürlichen‹ weit überschritten, und meine Zweifel wichen nach und nach einem brennenden Interesse für solch unerklärbare Phänomene.
    Es gab eine Zeit, da glaubte ich, er wäre gegen den Tod gefeit, da bezweifelte ich im geheimen, dass er überhaupt ein Mensch war.
    Wir verbrachten zwei Jahre später einen Skiurlaub in den österreichischen Alpen. Ich erinnere mich noch sehr deutlich, dass wir die letzte Abfahrt zur Hütte bereits in der Dunkelheit antraten. Wir hatten ein schmales Waldstück vor uns, das wir durchqueren mussten. Mir war nicht ganz geheuer dabei. Der befahrbare Weg war schmal. Wie leicht konnten die Skier abgleiten, und zwischen den Bäumen konnte ein Sturz ernste Folgen haben. Es war wohl der Leichtsinn, der mich davon abhielt, zu bremsen. Ich befuhr den Weg ja nicht zum ersten Mal. Wir preschten also in vollem Schwung in den Hohlweg, ich vielleicht zwanzig Meter vor Friedel. Die Dunkelheit ließ den Weg mehr erahnen denn sehen, und ich bemühte mich verzweifelt, auf dem harschigen Weg die Fahrt abzubremsen. Ich wagte einen kurzen Blick zurück, wollte Friedel eine Warnung zurufen, da sah ich ihn einen Augenblick lang deutlich gegen das helle Stück des Himmels. Er raste direkt auf einen Baum zu. Es gab kein Ausweichen mehr. Dann hatte ich auf meinen eigenen Weg zu achten. Aber ich hörte ihn deutlich schreien.
    Endlich, nach langen Sekunden, kam eine breite Stelle, an der ich halten konnte. Als ich mich umwandte, glitt Friedel bereits heran – völlig unversehrt.
    Ich musste ihn wie einen Geist angesehen haben. »Bist du heil …?«
    Er nickte heftig atmend.
    »Wie bist du an dem Baum vorbeigekommen …?«
    Er zuckte die Achseln. »Weiß der Himmel. Ich dachte, jetzt bumst es, aus … Aber dann war ich plötzlich vorbei.«
    »Das muss eine verdammt knappe Sache gewesen sein«, stellte ich fest und begann, meine Skier abzuschnallen.
    »Was hast du vor?«
    »Ich will es mir ansehen«, erklärte ich.
    Ich stapfte das kurze Stück Weg hinauf und sah, dass er mir folgte. Nach einem Augenblick fand ich die Stelle, wo seine Skier vom Weg abgeglitten waren. Sie verliefen breit und alles andere denn geradlinig auf einen Baum zu. Auf dem unebenen Boden konnte er es unmöglich mehr geschafft haben, die Skier herumzureißen. Es war auch nicht der Fall, wie ich nach ein paar Schritten deutlich sah. Verwundert und mit einer leichten Gänsehaut starrte ich auf den Baum und die beiden Skispuren, die knapp davor auseinander liefen und am Baum vorbeiführten
    – eine rechts und eine links. Friedel war gegen den Baum geprallt und weitergefahren, denn die Spuren endeten nicht am Baum, sondern liefen dahinter wieder zusammen und führten im Bogen auf den Weg zurück.
    Es gab nur eine Erklärung: Friedel war durch den Baum durch oder der Baum durch ihn. Aber beides war unmöglich.
    Ich starrte Friedel an, der hinter mir stand. Er musste die plötzliche Furcht in meinen Blicken erkannt haben, denn er sagte: »Lauf nicht fort, ich bin kein Geist!« Er lächelte rätselhaft.
     

     

Aber dessen war ich mir nie ganz sicher, bis er drei Jahre später durch einen Blitzschlag ums Leben kam. Und selbst dann ertappte ich mich immer wieder bei dem Gedanken, dass der Blitz wohl das einzige war, das rasch und unvermutet genug kam, um ihn zu töten, bevor er seine unheimlichen Kräfte mobilisieren konnte …
    Seitdem fasziniert mich alles Magische, alles Unerklärliche, und ich begann, mich intensiv mit Spiritismus und parapsychologischen Phänomenen zu beschäftigen. Die meisten Quellen, auf die ich stieß, erwiesen sich als Tricks und Mummenschanz oder

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