020 - Zug der Verlorenen
Dünen auf den Weg. Wenn sie zügig marschierten, konnten sie vor Einbruch der Dunkelheit noch ein gutes Stück Weg hinter sich bringen und im Wald übernachten - nun gab es ja keine Bedrohung mehr, die sie im dunklen Dickicht zu fürchten hatten. Und auch von Emrocs Karawane drohte ihnen keine Gefahr; der feiste Sklavenhändler war gewiss längst weiter gezogen, um aus dem Gebiet der blutrünstigen Fishmanta'kan zu entkommen.
Doch schon jenseits der ersten Düne erwartete sie eine böse Überraschung.
Matt sog scharf nach Luft, Aruula gab eine bittere Verwünschung von sich: Direkt vor ihnen stampften Reihen von Bewaffneten heran, die leichte Lederpanzer trugen und mit Spießen und gespannten Armbrüsten bewaffnet waren.
Es waren Emrocs Schergen, und ihr fetter Anführer thronte in seiner Sänfte mitten unter ihnen. Andronenreiter bildeten das Schlusslicht. Offensichtlich war der Trupp gerade auf dem Weg zur Küste gewesen. Matt stellte sich nicht die Frage, was Emroc hier wollte - die Erkenntnis, dass sie vom Regen in die Traufe geraten waren, traf ihn wie ein Schwertstreich. Zum Rückzug war es zu spät. Für Sekunden standen sich die beiden Gruppen fast reglos gegenüber, dann brüllte Emroc los.
»Da ist eine von den Bestien!«, kreischte er mit überkippender Stimme, als er Quart'ol erblickte. »Tötet sie, schnell!«
»Neeein!«, hörte Matt sich selbst noch schreien - doch es war zu spät.
Es gab ein lautes schnappendes Geräusch. Ein Armbrustbolzen schoss von der Sehne und bohrte sich mit furchtbarer Wucht in Quart'ols Brust.
Die Gewalt des Aufpralls riss den Hydriten von den Beinen. Sofort war Matt bei ihm, sah entsetzt, wie grünlicher Lebenssaft aus der Wunde sprudelte. »O nein!«, rief er aus. »Quart'ol…«
»M…Maddrax«, brachte der alte Fischmensch über seine wulstigen Lippen, während es in seinen Augen bereits zu flackern begann. »I…ich hatte…Recht. Die Menschen…sind…sind noch nicht…so weit…«
»Es tut mir so Leid, Quart'ol«, versicherte Matt entsetzt, während er hilflos nach einer Möglichkeit suchte, dem alten Hydriten zu helfen. Es gab keine - der Bolzen hatte sein Herz getroffen. Und er, Matt, war schuld an seinem Schicksal!
Bis jetzt hatte Matthew Drax sich selbst betrogen. Nun traf ihn die Erkenntnis über sein Vergehen mit doppelter Wucht.
Hatte er nicht genau gewusst, dass »die Welt da oben« noch lange nicht tolerant genug war, eine fremdartige Rasse wie die Hydriten zu akzeptieren? Hatten seine Hoffnungen nicht allein darauf gefußt, sich selbst, Aruula und die restlichen Sklaven in die Freiheit zu führen?
Sicher, er hatte gehofft, Quart'ol zur Community London bringen zu können. Dort wäre er in Sicherheit gewesen, dort hätte ein Bündnis zwischen Menschen und Hydriten fraglos funktioniert. Aber die Technos standen keinesfalls für den Rest der Menschheit - die war noch immer so kriegerisch und wild wie Quart'ol es gesagt hatte…
»Sie hatten Recht mit dem, was Sie über die Menschen sagten«, presste Matt traurig hervor.
»Man darf ihnen nicht trauen. Ich habe einen furchtbaren Fehler gemacht…«
»N…nein.« Der Hydrit schüttelte krampfhaft den Kopf. »Sie, Maddrax…sind anders…bereue nicht…sind Freunde…«
»Freunde«, bestätigte Matt und ergriff die Hand des Fischmannes, die sich verkrampfte, als eine Welle von Schmerz Quart'ols dünnen Körper durchlief.
Plötzlich schien es, als könne Matt selbst den Tod nahen spüren, dem Quart'ol begegnete. Ein Schwindel erfasste ihn. Die kühle Hand in seiner wurde mit einem Mal glühend heiß. Matt versuchte sich zu lösen, doch die Hand des Hydriten packte noch fester zu.
Dann fiel der Kopf des alten Hydriten zur Seite und sein Griff löste sich.
Matt musste hart schlucken, Tränen wollten ihm in die Augen treten. Tränen der Trauer, des Zorns und der Enttäuschung - der Enttäuschung über seine eigene Rasse.
Von jäher Wut gepackt sprang er auf, griff nach einem Stein und warf ihn nach Emrocs Schergen. »Ihre verdammten Schweine!«, brüllte er sie an. »Er hat euch nichts getan! Er hat euch verdammt noch mal nicht das Geringste getan…!«
Aruula trat zu ihm und hielt ihn davon ab, Emrocs Schützen einen Vorwand zu geben, ihn ebenfalls zu erschießen. Mit gezückten Flammpeitschen traten die Wächter vor, ließen das grün leuchtende Leder schnalzen und trieben die Sklaven zusammen.
»Nun, Maddrax«, höhnte Emroc von seinem hohen Sitz herab. »Sieht so aus, als wäre deine Flucht
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