0200 - Gangster, Girls und heißes Gold
Angeber, die mit ausländischen Wagen durch die Stadt zischen, ohne die Augen aufzumachen«. Sie forderte mich auf, lieber ein amerikanisches Auto langsam zu fahren. Damit wäre der notleidenden Autoindustrie, der Zahlungsbilanz und den New Yorker Fußgängern geholfen.
Sie schimpfte so energisch, daß ihr der Hut verrutschte. Als sie zwischen zwei Sätzen Luft holerl mußte, sagte ich schnell:
»Wenn Sie hinsehen, müssen Sie erkennen, daß ich im Recht bin, denn die Ampel für den Überweg steht immer noch auf Rot.«
Sie stockte, griff in die Tasche ihres Kostüms, zog eine Brille hervor und schob sie auf die niedliche Nase.
»Oh…«, stammelte sie. »Ich .. hab’ nicht erkannt, daß…«
»Und dort«, fuhr ich freundlich fort, »kommt bereits der Cop, der Sie um fünf Dollar zu erleichtern wünscht.« Sie warf mit der anmutigen Bewegung einer Gazelle den Kopf herum und sah dem Polizisten entgegen.
»Himmel!« rief sie. »Ich habe gar keine fünf Dollar bei mir!«
Eine gegebene Situation rasch zu erfassen und auszunutzen, wird uns beim FBI beigebracht. Ich öffnete den Schlag.
»Kommen Sie! Ich zahle für Sie Lösegeld.«
Ich tat es generös — übrigens bekam ich später das Geld in Form einer Krawatte wieder.
Jetzt aber saß die junge Dame erst einmal neben mir im Auto, und damit war es eigentlich selbstverständlich, daß ich sie gleich bis zu ihrem Ziel fuhr. Das Ziel lag am anderen Ende der Stadt. Ich fuhr langsam und genoß die Schwierigkeiten des New Yorker Verkehrs.
Lessy sah aus wie eine Mischung von Marilyn Monroe und Liz Taylor. Sie besaß Haare von einem merkwürdigen Braun mit einem winzigen Stich Rot darin. Ihre Augen hatten ein strahlendes Blau, und sie war auf ’ne süße Weise kurzsichtig.
Lessy hatte eine Menge Colleges und Hochschulen besucht. Sie war viermal so gebildet wie ich und beherrschte drei oder vier Sprachen. Trotzdem war irgend etwas mit ihrer Kasse nicht in Ordnung. Sie hatte ihr Studium unterbrechen müssen und bemühte sich jetzt, das nötige Kleingeld zur Fortsetzung zusammenzubekommen, indem sie einem Dutzend hartköpfiger Söhne reicher Eltern Nachhilfestunden gab.
Ich sagte ihr, meiner Meinung nach hätte auch ich Nachhilfestunden in einigen Fächern nötig, und sie wäre genau die Lehrerin, die ich mir vorgestellt hatte.
Sie war einverstanden, aber sie wünschte die Fächer vorher genau festzulegen. Ich mußte auf Flirt und ähnliche Sachen verzichten und entschied mich für Literatur, Rechtschreibung und höhere Mathematik. Dann lachten wir beide und verabredeten uns für den nächsten Abend, und das war vor drei Wochen.
Seitdem waren wir über Literatur und Mathematik längst hinaus, aber immer noch verabscheute Lessy Nachtklubs und Bars. Gewöhnlich nahm sie mich mit in Theateraufführungen und Opern, und erst auf mein inständiges lütten stieg sie im Niveau ein wenig herab, und wir einigten uns auf Musicals und gute Filme.
Für heute abend stand ein Film auf dem Programm.
Irgendwann, als ich an mir herumputzte, und mich für Lessy auf Hochglanz brachte, schweiften meine Gedanken zu Larry Hogh ab.
Welchen dicken Fisch wollte Högh aus dem großen Teich New Yorks ziehen? Er selbst hatte gesagt, daß die Sache innerhalb eines bestimmten Zeitraumes steigen sollte, und daß er die verbleibende Zeit noch ausnutzen mußte. Er hatte dann später seiner Freundin Varel Andree gegenüber gesagt, daß er aussteigen würde, daß er aber schon eine gewisse Arbeit geleistet hätte und dafür noch versuchen wollte, Geld herauszuschlagen.
Welche Arbeit hatte er geleistet? Stand sie in irgendwelchem Zusammenhang mit dem verschwundenen Zweitonner? Bewies das Autoöl an seinen Händen, daß er bis zu seinem letzten Atemzug an einem Wagen gearbeitet hatte?
Larry Hogh verstand mit Autos umzugehen, und es war bekannt, daß er seine Wagen eigenhändig in Schuß hielt. Nur so konnte er sicher sein, daß ihm eine Achse nicht ausgerechnet in dem Augenblick wegbrach, in dem er den Wagen ein ausgetrocknetes Flußbett hoch jagte.
Ich zählte zusammen:
1. Ein Verbrechen, das innerhalb der nächsten drei oder vier Wochen, gerechnet von Hoghs Verschwinden aus, ausgeführt werden sollte, zu dem 2. ein Wagen benötigt wurde, der 3. irgendwie zurechtgetrimmt werden mußte. 4. Als Hogh aussteigen wollte, wurde er getötet, was 5. nur deshalb geschehen konnte, weil er bereits über alle Einzelheiten Bescheid wußte, und was 6. bewies, daß die unbekannten Gangster nicht daran dachten,
Weitere Kostenlose Bücher