0202 - Die Rache der Toten
begann, den siebenzackigen Stern zu lösen. Er warf ihn dorthin, wo sein Trikot lag, fühlte Nicoles warme Haut und genoß den aufregenden, weiblichen Duft seiner Gefährtin, während er förmlich mit dem wohlig schnurrenden Mädchen verschmolz.
Jäh fuhr er zusammen.
Das schaurige Heulen eines Wolfs erscholl unmittelbar neben ihm, gefolgt von gräßlichem Knurren.
Mit einer Verwünschung fuhr Zamorra herum. Seine geballte Faust war nicht mehr zu stoppen, der Überlebensreflex rasend schnell. Er schlug zu!
***
»Schau dir das an«, sagte Byanca kichernd. »Hast du schon einmal einen eifersüchtigen Wolf gesehen?«
Damon grinste und legte einen Arm um ihre Schulter. »Nur gut, daß das nicht uns passiert, nicht wahr?« sagte er liebevoll und ließ es zu, daß Byanca an seinem Ohrläppchen knabberte.
Die Zeit, in der sie sich als Feinde gegenübergestanden hatten, schien eine Milliarde Jahre zurück zu liegen.
Gespannt verfolgten sie, wie sich die Szene veränderte.
Professor Zamorra, unter Eingeweihten mit dem »Kriegsnamen« Meister des Übersinnlichen versehen, hatte sich mit seiner Gefährtin ein Stück abseits in Richtung Fluß zurückgezogen, um die wenigen Augenblicke der Ruhe zu nutzen und sich ein wenig der Liebe hinzugeben, die in den letzten Tagen durch widrige Umstände recht kurz gekommen war. Das schien jemandem nicht zu passen, der nebst einem Regenbogenhalsband den Namen Fenrir trug und von Geburt und Abstammung her ein grauer Wolf aus den endlosen Steppen Sibiriens war. Von Zamorra entdeckt und von Merlin geschult, hatte sich der graue Räuber alsbald zu einem recht brauchbaren Telepathen mit durchaus menschlichem Verstand entwickelt, der zudem noch über den Vorteil verfügte, seine wölfischen Instinkte nicht verloren zu haben.
Dicht neben dem umschlungenen Pärchen kauerte er sich hin und ließ ein schauriges Protestgeheul los.
Zamorras Reflex war einzigartig und nötigte selbst Damon und Byanca noch Staunen ab. Der Parapsychologe warf sich herum, sein Arm mit der geballten Faust verfehlte den Wolf nur um Millimeter, weil der graue Räuber in Zamorras Unterbewußtsein den Reflex erkannt hatte und versuchte auszuweichen.
Hätte es sich um einen wirklich feindlich gesinnten, unzivilisierten Wolf gehandelt – es hätte ihn erwischt.
Mit einer Verwünschung kam Zamorra hoch. Erst jetzt kam das Erkennen und der Zorn.
»Dämliches Vieh«, knurrte er. »Was soll der Blödsinn?«
Damon und Byanca nickten sich zu und schalteten sich in die Unterhaltung ein. Sie fingen Fenrirs Antwort auf, die jener mangels menschlicher Stimmritzen telepathisch artikulierte. Rohling!
Er machte ein paar Schritte zu Nicole und stupste sie mit seiner feuchten Wolfsnase an. Keiner liebt mich , telepathierte er.
Zamorra stemmte die Fäuste in die Hüften.
»Du meinst wohl, bloß weil du keine Frau hast, könntest du andere Leute hinterhältig stören? Geh in den Wald und such dir eine süße Wölfin, die du vernaschen kannst, und laß uns in Ruhe!«
»Eh, nicht so grob«, mischte sich jetzt Nicole ein und kraulte das Nackenfell des Wolfes. »Ich glaube, er ist tatsächlich einsam und leidet unter Liebesentzug.«
Zamorra schüttelte den Kopf und kauerte sich neben den beiden nieder. »Unfaßbar«, murmelte er. Fenrir schniefte.
»Wahrhaftig Eifersucht«, stellte Nicole fest. »Es gefiel ihm nicht, daß wir uns lieben und er leer ausgeht.«
»Aber er ist ein Wolf , Nici«, stellte Zamorra mit grimmiger Entschlossenheit fest. »Vergiß das nicht.«
»Ein Wolf mit Seele«, erwiderte sie. »Er braucht auch seine Streicheleinheiten.«
»Aber keinesfalls mehr«, knurrte Zamorra grimmig.
Mehr will ich ja auch gar nicht, du Riesentroll , versetzte der Wolf. Denkst du etwa, ich wäre Zeus in einer modernen Neuauflage des Leda-und-der-Schwan-Dramas?
»Vielleicht Nicole und der Wolf «, lästerte Zamorra unfroh. »Wäre mal was Neues. Setz dir bloß kein rotes Käppchen auf, Nici. Du könntest gefressen werden.«
Keiner versteht mich , klagte der Wolf. Ihr könntet ruhig netter zu mir sein, nach allem, was ich für euch tue.
Nicole erhob sich. In der einsetzenden Dämmerung glänzte ihr nackter Körper wie der einer Göttin. »Heute wird’s ohnehin nichts mehr«, behauptete sie und deutete mit ausgestrecktem Arm in Richtung der Hütte.
Damon und Byanca näherten sich.
Zamorra verzog das Gesicht und nahm sein Trikot auf, um es überzustreifen. Wie eine zweite Haut schmiegte es sich an und paßte sich seinem
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