021 - Martha
Zustand, der Sekundenbruchteile andauerte.
Und dann hatte sie einen neuen Entschluss gefasst:
Sie eilte zum ersten Kontrollraum zurück. Obwohl sie von dort aus keinerlei Einflussmöglichkeiten auf das Geschehen hatte. Denn der Computer hatte hier alles blockiert. Sonst wäre der Raum als Gefangenenzelle ungeeignet gewesen.
»Was tust du?«, riefen die Gefährten verzweifelt.
Sie antwortete nicht: Keine Zeit!
Sie hieb auf den Öffnungsmechanismus. Von außen war es kein Problem, zu öffnen.
Der Mann, den sie vorhin überwältigt hatte, lag immer noch stöhnend auf dem Boden. Jetzt wälzte er sich halb herum und machte eine vage Abwehrbewegung, obwohl Tanya viel zu weit weg war.
Dieser Mann war voll gepumpt mit Drogen, nicht mehr Herr seiner Sinne. Sonst hätte er ganz anders gehandelt. Vor allem hätte er Tanya nicht angegriffen, weil er gewusst hätte, dass sie hier im wahrsten Sinne des Wortes im gleichen Boot saßen.
»Papaya Deran!«, rief Tanya eindringlich.
»Wer?«, echote Ken von unten. Zu einem anderen sagte er: »Verdammt, ich muss da hinauf! Hilf mir!«
»Kommt, ich helfe euch!« Das war die Stimme von Yörg Maister. »Dimitrij, mach schon! Gemeinsam schaffen wir es, Ken da hinaufzuschleudern. Den Rest erledigt er selber.«
»Papaya Deran!«, wiederholte Tanya. »Komm zur Tür. Wenn ich zu dir gehe, schließt sie sich hinter mir. Dann sind wir beide gefangen.«
Papaya Deran schaffte es nicht. Aus trüben Augen schaute er in ihre Richtung. Sie konnte es undeutlich sehen, weil sich ihre Augen inzwischen besser an das flackernde Dämmerlicht gewöhnt hatten. Er blinzelte verwirrt.
»Papap …«, lallte er.
Er war nicht einmal mehr in der Lage, seinen eigenen Namen auszusprechen.
»Mann, kommen Sie endlich zu sich! Wir brauchen Sie! Hier kennen wir uns nicht aus!«
»Papaypa …«, lallte er.
Die Hände, auf die er sich auf stützte, rutschten auf dem glatten Metallboden aus. Er fiel auf das Gesicht.
»Papapapa …«
Ken flog herauf. Sie schafften es tatsächlich! Er krallte sich am Rand fest, zog sich mit artistischer Geschicklichkeit auf den Steg. Ein paar mächtige Sätze – und er war bei Tanya.
»Tatsächlich!«, stieß er hervor.
Tanya lief in den Raum. »Bleib draußen, Ken! Du musst wieder öffnen. Das geht nur von außen.«
Schon schloss sich die Tür langsam wieder. Ken ließ es geschehen. Doch kaum war sie ganz zu, als er den Öffnungsmechanismus wieder betätigte.
Als der Spalt wieder breit genug war, sah Ken, dass Tanya sich über den ehemaligen Polizeipräfekten von Tustrada, der Hauptstadt von TUSTRA, gebeugt hatte. Ken spürte einen imaginären Kloß im Hals. Diese verdammte Martha hatte ihren ehemaligen Liebhaber mit an Bord bringen lassen …
… weil sie seiner überdrüssig war. Er war zum Tode verurteilt, genau wie die sechs Menschen.
Ken spürte Hass gegen die Prupperin – und den Wunsch nach Rache!
Andererseits …
»Es war ein Fehler von dir, Papaya Deran zu uns an Bord zu schmuggeln. Auch wenn wir nichts von seinem Vorhandensein wussten. Ohne ihn würden wir uns nicht zurechtfinden«, murmelte er vor sich hin.
Tanya hatte es trotzdem verstanden: »Mit ihm schaffen wir es womöglich auch nicht? Schau, in welchem Zustand er ist. Der ist so high, dass ich ihn erst überhaupt nicht wieder erkannt habe! Nicht nur wegen der schlechten Beleuchtung …«
Papaya Deran wollte sich gegen seine Retterin zur Wehr setzen.
Sie verabreichte ihm ein paar schallende Ohrfeigen.
Er lallte erschrocken.
Tanya wuchtete ihn vom Boden auf. Ken bewunderte die Kraft, die in dem aufregend weiblichen Körper steckte. Tanya nahm den Prupper halb Huckepack und schleifte ihn zum Ausgang, der sich gerade mal wieder schloss.
Ken hieb auf den Öffnungsmechanismus. Dadurch ging natürlich wieder mal kostbare Zeit verloren.
Ein Finger hakte er sich in den Kragen. Der war auf einmal zu eng geworden. Schweißperlen zeigten sich auf seiner Stirn. War es der Stress, der ihm einheizte?
Er blickte zur Decke. Die war ja rot glühend!
»Sakrament!«, fluchte er und deutete hinauf. Dabei vergaß er, Tanya zu unterstützen, die Papaya Deran auf den Steg schleifte.
Tanya wollte sich schon beschweren. Da folgte sie seinem Blick.
Die Gefährten unten schrieen auf. Es hatte den Anschein, als würde die Decke jeden Augenblick bersten.
»Wir sind bereits unter Beschuss!«, konstatierte Tanya. »Aber … na und?« Sie zuckte mit der Achsel, sofern es ihr trotz der Last möglich war. »Schließlich
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