0219 - Acht Kugeln für das dritte Opfer
stöhnte, aber er dachte nicht daran, aufzugeben. Er zog weiter. Mein Hals, meine Schultern erschienen.
Phil bekam einen Schlag ins Genick. Er krächzte etwas Unverständliches und warf sich mit seinem Rücken zurück, indem er gleichzeitig in einer letzten, verzweifelten Kraftanstrengung seine Arme hochriß.
Ich stürzte auf ihn, bekam einen Tritt in die Seite und spürte es kaum. Meine Füße tasteten nach hinten hoch, bekamen einen Halt und ich kletterte endgültig herauf. Ein paar Herzschläge lag ich keuchend neben Phil auf den Metallplatten. Wieder traf mich ein Tritt in die Seite.
Der Schmerz brachte mich wieder zu mir. Ich stemmte mich hoch, kam auf die Füße und sah das verzerrte Gesicht des »Priesters« vor mir. Des Mannes, der sich in Priesterkluft hüllte, wenn er morden ging. Des Mannes, der die kaltschnäuzigste Verkleidung für seine Verbrechen wählte, die ich je gesehen habe.
Drüben vom anderen Pier herüber loderte der rote Schein des riesigen Feuers. Täuschte das flackernde Licht der Flammen? Oder stand wirklich die Fratze des Satans vor mir?
Ich holte aus.
Und ich ließ die Faust sinken, bevor ich zugeschlagen hatte.
Nein Dieser Mann sollte nicht durch einen Hieb von mir über die Kranbrücke in die Tiefe gestürzt werden. Das wäre zu einfach gewesen. Dieser Mann mußte erst noch Rede und Antwort stehen. Und dann mochte sich meinetwegen der Henker mit ihm beschäftigen .
Ich trat einen Schritt vor. Der Kerl wich entsetzt zurück. Ich sprang nach und erwischte ihn mit der linken Hand. Mit den blutenden Fingern, auf die er mir getreten hatte, als ich hilflos über derschwindelnden Tiefe hing.
Aber trotzdem packten diese Finger zu und hielten fest mit der Gewalt eines Schraubstockes. Und dann schlug ich ihm die geballte Rechte gegen das Kinn. Es war ein Schlag, wie man ihn kaltblütiger nicht anbringen konnte. Ich spürte, wie seine Muskeln schlaff wurden, und ich ließ ihn langsam zu Boden sinken.
Dann wollte ich Phil auf die Beine helfen. Aber er stand schon. Einen Herzschlag lang traf sich unser Blick. Dann sagte Phil:
»Das wäre das. Den Mörder von vorhin habe ich oben in Bronx gekriegt. Ich denke, wir können für heute zufrieden sein. Den Rest sollen die anderen machen…«
»Ganz deiner Meinung«, sagte ich. »Übrigens —«
Phil wandte sich mir zu.
»Ja?« fragte er.
Ich hielt ihm schweigend die Hand hin. Er schlug ein. Ruhig und fest lagen unsere Hände ineinander.
***
Die Feuerwehr rettete Bastiano Teraldi aus dem Speicher. Sie übergab ihn der Polizei. Ebenso wie einen anderen Mann, den sie aufgriff. Und wir brachten den dritten.
Die Vernehmungen zogen sich über eine Woche hin. Über INTERPOL wurde die italienische Kriminalpolizei eingeschaltet. Der ›Priester‹ war einer von dem Kranführerteam gewesen. Sein Bruder fuhr auf einem Frachter als erster Steuermann. Dieser Frachter verkehrte zwischen Amerika und Italien.
Eine Reihe von Mittelsmännern wurde später verhaftet. Die beiden aber, die alles auf dem Gewissen hatten, was am Hudson passiert war, schickte der Richter auf den Elektrischen Stuhl. Seit jenen Tagen heißt ein gewisser Kran im Hudson bei den Hafenarbeitern nur noch ,die Todesfälle am Hudson River'…
ENDE
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