022 - Ich der Vampir
Fahrt hierher und dieses Haus, und sicherlich auch die Nacht und die Müdigkeit alles eine Spur gespenstisch erscheinen lassen. Aber Sie steigern sich offenbar in etwas hinein. Das klingt alles verdammt phantastisch, wozu Sie mich da bekehren wollen.“
„Tatsache ist doch …“ begann sie.
„Tatsache ist“, fiel er ihr ins Wort, „dass Sie Angst haben.“
„Sie doch auch! Warum geben Sie es nicht zu?“ rief sie.
Das ließ ihn verstummen. Er starrte sie wütend an.
„Es tut mir leid“, sagte sie nach einem Moment. Sie stand auf und wandte sich halb zum Gehen. Resigniert fügte sie hinzu: „Ja, es ist wohl die Angst. Vielleicht sehe ich wirklich Gespenster.“
„Warten Sie“, bat er sie rasch. „Sie haben recht, wir sollten vorsichtig sein und die Augen offen halten. Mehr können wir ohnehin nicht tun.“
„Wir sollten zusammenbleiben …“ Es klang wie eine Bitte.
Er nickte widerstrebend. „Wenigstens nachher“, schränkte er ein. „Es ist am besten, wenn Sie jetzt in Ihr Zimmer gehen. Ich nehme an, dass sie jeden Augenblick kommt.“ Er grinste entschuldigend. „Ich fände es nicht nur unhöflich, sondern sogar bedauerlich, wenn ich ihr Angebot ausschlagen würde. Außerdem gibt sich mir sicher die Gelegenheit, mehr über sie zu erfahren.“
„Glauben Sie?“ erwiderte sie sarkastisch. „An was dachten Sie dabei – an ihre Oberweite? Oder die Farbe ihrer Höschen?“
Sein Grinsen vertiefte sich. Sie lief rot an und wandte sich wütend zur Tür.
„Marion!“ rief er mit ernster Stimme, dass sie innehielt. „Bleiben Sie so wütend heute Nacht, dann vergessen Sie auch die Angst. Und noch etwas“, fügte er rasch hinzu, als sie sich erneut abwandte und die Tür öffnete, „es ist besser, Sie schlafen in den Kleidern. Wenn Sie nämlich recht haben mit Ihren verrückten Vermutungen, dann kann es passieren, dass wir verdammt rasch verschwinden müssen!“
Kurz nachdem Marion gegangen war, erschien Katalin.
Vick, in Gedanken versunken, horte sie nicht eintreten. Er vernahm nur das Rauschen ihres langen Kleides hinter sich, und noch bevor er sich umdrehte, wusste er, wer hinter ihm stand.
Sie lächelte, und sie war jung und schön. Wenn es eine Illusion war, dann eine verdammt perfekte.
„Ich sehe, Sie haben auf mich gewartet, Viktor“, stellte sie fest. „Setzen wir uns doch …“ Sie deutete auf das breite Bett. Seltsamerweise lag trotz dieser eindeutigen Aufforderung eine Schüchternheit in ihrer Stimme, die ihn aufhorchen ließ.
Er dachte, dass es nicht zu ihr passte – obwohl es ihm gefiel –, und dass es ein neuer Zug an ihr war. Was nicht viel zu besagen hatte, denn er kannte sie ja kaum, und sie schien voller Überraschungen.
Sie setzte sich, lehnte sich zurück in einer unnachahmlich femininen Bewegung und blickte ihn seltsam an – hungrig; ja, so ließe es sich am besten beschreiben: hungrig! Unter all dieser weiblichen Perfektion schwelte etwas.
Vick setzte sich zu ihr und betrachtete sie ungeniert. Es gefiel ihr offenbar, wie er sie ansah und maß, beinah, als wüsste sie, dass er keinen Makel an ihr finden würde.
„Dieses Haus“, begann sie plötzlich, „ist sehr alt.“
Vick nickte zustimmend, und sie fuhr fort: „Meine Familie wohnt hier seit es erbaut wurde. Es ist kein gewöhnliches Haus. Seine Mauern geben Schutz und Leben. Sie verleihen Unsterblichkeit. Ich habe sie noch nie verlassen.“
Vick sah sie erstaunt an. „Noch nie verlassen?“
Sie nickte langsam. „Ich war noch nie draußen.“
Erst jetzt begriff er, was sie da sagte. „Sie wollen damit sagen, dass Sie dieses Haus noch niemals verlassen haben?“ fragte er ungläubig.
Wieder nickte sie. „Ja, das will ich. Ich habe zwei Feinde da draußen, die in diesen Wänden alle Bedeutung verlieren: die Zeit und den Tod!“
„Spüren Sie nie das Verlangen auszugehen?“
Sie zuckte mit den Achseln und strich mit einer anmutigen Bewegung ihr Haar in den Nacken. Wieder beeindruckte es ihn, wie perfekt diese Anmut war, ohne geziert zu wirken. „Meine Neugier wird recht gut befriedigt. Ich habe genug Bedienstete, die mir berichten, was ich zu wissen begehre. Und dann ist dieses Haus manchmal eine Herberge, wie heute für Sie und Fräulein Schneider.“
„Fräulein Schneider?“
„Das blonde Mädchen!“
„Ich wusste nicht, dass sie Schneider heißt.“
„Es ist auch nicht von Bedeutung“, sagte sie bestimmt. Sie beugte sich lächelnd vor und begann ihr Kleid an der Brust
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