08 - Ehrenschuld
Prolog: Sonnenuntergang, Sonnenaufgang
Im Rückblick schien es eine merkwürdige Art zu sein, einen Krieg zu beginnen. Nur einer der Beteiligten wußte, was wirklich los war, und selbst das war ein Zufall. Aufgrund eines Todesfalls in der Familie des Anwalts war die Immobilienangelegenheit aktuell geworden, und so stand dem Anwalt jetzt in zwei Stunden ein Flug nach Hawaii bevor.
Es war Herrn Yamatas erster Immobilienabschluß auf amerikanischem Boden. Auf dem amerikanischen Festland besaß er etliche Immobilien, aber die Eigentumsübertragung war immer von anderen Anwälten erledigt worden, stets amerikanischen Bürgern, die genau das getan hatten, wofür sie bezahlt worden waren, im allgemeinen unter Aufsicht von einem Angestellten von Herrn Yamata. Aber diesmal nicht. Es war zum einen eine private Erwerbung, nicht eine für die Firma. Zum anderen war es nicht weit von zu Hause, nur zwei Stunden mit dem Privatjet. Herr Yamata hatte dem Anwalt erklärt, er würde auf dem Grundstück ein Haus bauen, um sich am Wochenende dorthin zurückzuziehen. Bei den astronomischen Immobilienpreisen in Tokio konnte er mehrere hundert Hektar für den Preis erwerben, den er in seiner Heimatstadt für eine mittelgroße Penthousewohnung zahlte. Die Aussicht von dem Haus, das er auf dem Vorgebirge zu bauen gedachte, würde atemberaubend sein, mit Blick auf den Pazifik, auf andere Inseln des Marianenarchipels in der Ferne, die Luft so rein wie nirgendwo auf der Erde. Aus all diesen Gründen hatte Herr Yamata ein fürstliches Honorar geboten und dazu ein reizendes Lächeln.
Und aus einem weiteren Grund.
Die einzelnen Dokumente wanderten im Uhrzeigersinn auf dem runden Tisch herum und machten vor den einzelnen Sesseln halt, damit an der richtigen Stelle, die mit gelben Post-it-Zetteln markiert war, die Unterschrift angebracht werden konnte, und dann war es an der Zeit, daß Herr Yamata in die Jackentasche griff und einen Umschlag hervorholte. Er nahm den Scheck heraus und reichte ihn dem Anwalt.
»Vielen Dank, Sir«, sagte der Anwalt respektvoll, wie es Amerikaner immer taten, wenn es um Geld ging. Es war bemerkenswert, wozu sie durch Geld gebracht werden konnten. Bis vor drei Jahren war es Japanern nicht erlaubt gewesen, hier Land zu erwerben, aber mit dem richtigen Anwalt, dem passenden Fall und dem angemessenen Geldbetrag war auch das geregelt worden. »Die Übertragung des Titels wird heute nachmittag beurkundet.«
Yamata schaute den Verkäufer mit einem höflichen Lächeln und einem Kopfnicken an, dann erhob er sich und verließ das Gebäude. Draußen wartete ein Wagen. Yamata setzte sich auf den Beifahrersitz und bedeutete dem Fahrer mit einer herrischen Geste, er solle losfahren. Das Geschäft war perfekt, und damit war es nicht mehr nötig, charmant zu sein.
Wie die meisten Pazifikinseln ist Saipan vulkanischen Ursprungs. Unmittelbar östlich liegt der Marianengraben, eine elf Kilometer tiefe Kluft, wo eine tektonische Platte sich unter die andere schiebt. Das Ergebnis ist eine Ansammlung von hochragenden kegelförmigen Bergen, deren Spitzen die Inseln sind.
Der Toyota Land Cruiser fuhr nordwärts auf einer leidlich glatten Straße, die am Mount Achugao und am Mariana Country Club vorbei zum Marpi Point führte. Dort hielt er an. Yamata stieg aus, den Blick auf landwirtschaftliche Gebäude geheftet, die in Kürze abgerissen werden sollten, doch statt zum Bauplatz seines neuen Hauses zu gehen, steuerte er auf die felsige Klippe zu. Er war schon über sechzig, doch sein Gang war energisch und zielstrebig, während er über das holprige Feld schritt. Der Acker hier war karg und lebensfeindlich gewesen. Wie es dieser Ort mehr als einmal und aus mehr als einem Grund gewesen war.
Sein Gesicht war undurchdringlich, als er an den Rand der Klippe trat, die von den Einheimischen Banzai Cliff genannt wurde. Es ging ein auflandiger Wind, und er sah und hörte die Wellen, die in endlosen Reihen heranrollten und gegen die Felsen am Fuß der Klippe brandeten - dieselben Felsen, an denen die Leiber seiner Eltern und Geschwister zerschellt waren, als sie wie so viele andere heruntergesprungen waren, um der Gefangennahme durch die heranrückenden U.S. Marines zu entgehen. Der Anblick hatte die Marines erschüttert, aber das würde Herr Yamata niemals anerkennen oder gar würdigen.
Der Geschäftsmann klatschte einmal in die Hände und neigte seinen Kopf, um die hier weilenden Geister der Toten auf sich aufmerksam zu machen und ihrem Einfluß auf
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