0220 - Zum Dinner wird der Tod serviert
herumgereicht und anschließend wieder mit der Bestellung eingesammelt hatten.
»Aber das Hühnerfleisch war vergiftet!« rief die Steffen so spontan, daß es wirklich so aussehen mußte, als sei ihr dieser Satz gegen ihren Willen entschlüpft.
»Das Hühnerfleisch war vergiftet!« wiederholte der Reporter düster. »Ein grauenhafter Gedanke. Zwanzig Passagiere haben sich ahnungslos dafür entschieden. Konnten sie denn wissen, daß zum Dinner der Tod serviert wird?«
Jetzt schaltete ich mich ein, und das stand bestimmt nicht im Programm des Reporters.
»Ja«, sagte ich. »Ein Passagier wußte es.«
Die anderen wandten mir ruckartig ihre Köpfe zu.
»Einer wußte es?« wiederholte der Reporter verdattert. »Heißt das, daß der Mörder selber an Bord war? Meine Damen und Herren, ich habe Ihnen diesen Herrn noch nicht vorgestellt! Es ist Jerry Cotton, der todesmutige G-man, dem alle hier Anwesenden ihr Leben verdanken. Der Mann, der diese Maschine gelandet hat, obgleich er zum ersten Male in seinem Leben am Steuer eines solchen Flugzeuges saß! Mister Cotton, Sie behaupten also, der Mörder sei an Bord gewesen?«
»Ja«, nickte ich. »Aber er war nicht nur an Bord, er wußte auch als einziger Passagier bereits sechs Stunden vor dem Start der Maschine, daß zwei Menüs zur Auswahl angeboten werden würden. Er wußte sogar, daß Menü I Masthuhn und Menü II Zunge in Madeira sein würde.«
»Das ist doch ganz ausgeschlossen«, brummte Bees. »Wie soll ein Passagier denn das erfahren haben?«
»Für den Mörder war das ganz einfach«, sagte ich. »Die Schwester eines Passagiers arbeitet in der Küche des Startplatzes, wo die Mahlzeiten vorbereitet wurden.«
Totenstille senkte sich auf einmal über die Versammlung. Gloria Steffen starrte mich entgeistert an. Bees tupfte sich den Schweiß von der Stirn. Randra-Pun hatte die Stirn gerunzelt und sah starr vor sich hin. Clay zündete sich eine Zigarette an. Der Reporter hatte einen Augenblick den Faden verloren. Ich sprach an seiner Stelle weiter.
»Das FBI«, sagte ich, »hat natürlich in den vergangenen vierundzwanzig Stunden umfangreiche Nachforschungen anstellen lassen. Und dabei sind wir auf ein paar verdächtige Dinge gestoßen. Zunächst fiel uns auf, daß Miß Steffen während des Fluges ein paar Minuten allein in der kleinen Küche des Flugzeuges war.«
Die Schauspielerin verlor zum ersten Male ihre gewohnte Sicherheit.
»Aber —« jappte sie, »aber ich brauchte ein Glas Wasser! Ich mußte eine Tablette nehmen! Und die Stewardessen ließen sich ja nicht sehen! Mister Cotton, Sie wollen doch nicht im Ernst behaupten, daß ich…«
»Das FBI behauptet nie etwas«, entgegnete ich gelassen. »Das FBI schweigt, solange er nichts weiß. Und wenn er weiß, braucht er nichts zu behaupten, sondern kann beweisen. Miß Steffen, stimmt es nicht, daß Ihre Schwester am Startplatz unserer Maschine in der Küche arbeitet?«
»Doch«, stieß die Schauspielerin krächzend hervor. »Doch, das ist schon richtig. Deswegen war ich ja da unten. Ich besuchte meine Familie. Wir sind dort in der Gegend geboren. Aber…«
»Verzeihen Sie, daß ich unterbreche«, sagte ich schnell. »Ich wollte unseren Zuschauern nur ein paar Dinge erzählen, die das FBI ermittelt hat. An Bord unserer Maschine saß also jemand, der schon vor dem Start wußte, welche Menüs es geben würde. Der Mörder wußte aber auch, daß diejenige Person, die er töten wollte, auf keinen Fall Zunge in Madeira essen würde, sondern das Huhn wählen würde. Verstehen Sie, worauf ich hinaus will, Mister Bees?«
In diesem Augenblick fuhr im FBI-Gebäude Rocky Hammond von seinem Stuhl in die Höhe. Seine Stimme überschlug sich fast:
»Ich werd‘ verrückt! Jerry versucht, den Bees reinzulegen! Jetzt bin ich aber gespannt!«
Deutlich sahen sie, wie sich Mr. Bees immer nervöser mit seinem Taschentuch über die schweißnasse Stirn fuhr.
»Ja«, sagte er rauh, »ich glaube, ich weiß, was Sie damit sagen wollen, G-man.«
Ich lächelte zufrieden.
»Halten wir also fest«, sagte ich. »Der Mörder kennt vor dem Start der Maschine genau die beiden Menüs, die zur Auswahl angeboten werden. Und er weiß, daß sein Opfer das Huhn wählen wird. Er braucht also nur das ganze Hühnerfleisch vergiften zu lassen, und sein Otifer wird mit vielen anderen sterben. Je mehr daran sterben werden, um so bessere Chancen rechnet sich der Mörder aus, nicht entdeckt zu werden. Denn woher, so sagt er sich, soll die Polizei
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