0240 - Das Schwert im Jadestein
»Beim Blute der Jungfrau, die zu Euren Ehren auf den Altar gelegt wurde, befehle ich Euch, mir zu Diensten zu sein, ihr Geister des Voodoo. Höret auf meinen Ruf und meine Befehle, ihr Dämonen des finsteren Ju-Ju!« drang es zwischen den Lippen des Mannes hervor. Laut und klar klangen die Worte, die er in einer Sprache redete, die vergessen ist, seit Atlantis in den brausenden Wogen des Meeres versank.
»Euch ruft Amun-Re, der Herrscher des Krakenthrones von Atlantis… !«
***
Nur der Schrei eines verschlafenen Nachtvogels war für das Ohr eines Menschen zu vernehmen. Und das Rauschen der exotischen Bäume, die auf dem längst vergessenen Friedhof von San Christobel in den Sümpfen des Orinoco-Deltas wild wucherten.
Aber dort, in jener anderen Welt zwischen Zeit und Ewigkeit, wurde sein Ruf gehört wie der Schall von tausend Posaunen.
»Wir sind hier…« hörte Amun-Re die Stimmen gestaltloser Geister. »Wir sind um dich, um dir zu dienen. Das Blut der Jungfrau, so wenig auch davon floß, es genügte, um das Gesetz zu erfüllen. Es reichte aus, um uns den Weg in diese Welt zu bahnen. Befiehl, o Mächtiger, was wir tun sollen… !«
»Tötet… tötet für mich!« dröhnte die Stimme Amun-Re’s. Zwar war es ihm gelungen, für den Augenblick einen Entscheidungskampf mit seinem stärksten Gegner, jenem Zamorra, den er bereits aus einem früheren Leben kannte, zu vermeiden. Der Schwarzzauberer wußte durch seine geheimen Künste, daß es die Umstände im jetzigen Moment nicht zuließen, daß er den Mann, den man den Meister des Übersinnlichen nannte, besiegen konnte. Eine für Amun-Re ungünstige Konstellation der Gestirne schützte den aus Frankreich stammenden Weltexperten für Parapsychologie, der in einer Kette von turbulenten Ereignissen Amun-Re’s Pläne empfindlich gestört hatte. Fast wäre es ihm gelungen, seinen verhaßten Widersacher zu töten. Aber dann ließ die Gewalt des Elbenherrschers Glarelion Michael Ullich zu dem werden, was er einst in vergangener Zeit war. Gunnar, der Held mit den zwei Schwertern, der Amun-Re damals an der Schwelle der Zeiten getötet hatte. Auch Amun-Re’s Schutzdämon Muurgh hatte dem Herrscher des Krakenthrones nicht zum Sieg verhelfen können. Nur die Gestalt des Kriegers Gunnar war wieder der etwa fünfundzwanzigjährige junge Mann geworden, der seinen Freund Carsten Möbius aus der Hand von Kidnappern befreit hatte.
»So wie wir sind, können wir den Tod nicht geben!« heulten die Geister, denen Ollam-onga, ein Hungan des Voodoo und gefürchteter Ju-Ju-Mann, durch ein Blutopfer den Weg in diese Welt gebannt hatte.
»Nein, das ist wahr!« rief Amun-Re.
»Wir können uns jedoch in das Gemüt deiner Feinde einschleichen und sie in den Wahnsinn treiben!« ließen sich die Dämonen vernehmen.
»Sie sind stark! Sie sind stark im Geiste. Alle!« rief Amun-Re. »Und der stärkste von ihnen muß zuerst fallen. Ah, Zamorra! Wie ich ihn hasse! Könnte er doch tausend Tode sterben… !«
»Sie sind nicht zu stark, wenn wir mit konzentrierter Macht in sie eindringen!« kamen wieder die Geisterstimmen. »Es wird tagelang, ja auch wochenlang dauern, bis ihr umnachteter Geist in das Reich des Todes hinabgerissen wird… !«
»Das dauert zu lange!« fauchte der Herrscher des Krakenthrones. »Sie müssen sterben… alle… noch in dieser Nacht. Zwar habe ich auch Menschen, die mir helfen, aber ihr, unsterbliche Geschöpfe, werdet in diesem Kampf den Ausschlag geben. Die Voodoo-Gemeinde des Narren Ollam-onga, der sich gegen mich stellte und den ich deshalb töten mußte, steht unter meinem Einfluß. Sie werden als erste die Estancia de Santa Cruz stürmen, in denen sich meine Feinde verschanzen. Aber ihr, die ihr mich nun immer noch gestaltlos umschwebt, ihr werdet die Leiber der Männer, die getötet werden, mit neuem Leben füllen. Zamorra und seine Leute werden gegen das Heer der Unsterblichen kämpfen müssen!«
»Wir alle wollen mitkämpfen… alle wollen das Blut der Gefallenen hinabschlürfen… bedenke, o Meister, wir sind viele… !« schwirrte es durch die Lüfte.
»Ihr alle werdet dabei sein!« rief Amun-Re dazwischen. »Darum rief ich euch an diesem Platz zusammen. Denn hier, tief unter uns, sind die Leiber, die ihr mit Leben erfüllen sollt… !«
»Zombies! - Zombies!« heulte es durch die Luft. »Du befiehlst, Meister! Und wir gehorchen dir, Beherrscher der Zombies!«
»Seit vielen Generationen trugen die Menschen dieser Gegend an diesem Platz ihre Toten zu
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