Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wilde Flammen

Wilde Flammen

Titel: Wilde Flammen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
Vom Netzwerk:
1. K APITEL
    Ein Peitschenknall, und zwölf Löwen hoben ihre Vordertatzen in die Luft. Ein zweiter, und sie sprangen von einem Hocker auf den nächsten. Geschmeidig und fließend, in perfekter Übereinstimmung. Nur mit der Stimme und einigen sparsamen Handzeichen hielt die Dompteuse die kräftigen goldenen Körper in Bewegung.
    Â»Gut gemacht, Pandora.«
    Kaum hörte sie ihren Namen, sprang die massige Löwin zu Boden und rollte sich auf die Seite. Ein Tier nach dem anderen folgte ihrem Beispiel, bis alle zwölf leise knurrend und schnaubend ausgestreckt in der Mitte der Manege lagen.
    Â»Und … Kopf hoch!«
    Die Tiere gehorchten, während die Dompteuse die Reihe abschritt. Dann warf sie die Dressurpeitsche beiseite und legte sich mit einer anmutigen Bewegung quer über die warmen Körper. Der Löwe in der Mitte, eine afrikanische Großkatze mit beeindruckender Mähne, ließ lautes Gebrüll hören und wurde dafür mit einem ausgiebigen Kraulen hinter den Ohren belohnt.
    Die Dompteuse erhob sich, klatschte in die Hände, und alle Löwen standen auf. Dann, indem sie den Namen jedes einzelnen Tieres rief und mit einem schlichten Wink der Hand, schickte sie alle durch den Gittergang zurück in ihre Käfige.
    Ein Löwe blieb zurück, kam auf die junge Frau zu und rieb die prächtige dunkle Mähne an ihrem Bein wie eine Hauskatze. Mit einer schnellen Handbewegung zog die Dompteuse eine Kette unter der Mähne hervor und schwang sich auf Merlins Rücken. So ritt sie eine Runde durch die Manege und auf den Hinterausgang zu, wo der Wagen mit den Käfigen stand.
    Â»Also, Duffy?« Jolivette Wilder, von allen nur Jo genannt, schloss sorgsam die Käfigtür. Dann drehte sie sich um und fragte erwartungsvoll: »Was denkst du? Sind wir bereit, auf Tour zu gehen?«
    Duffy war ein kleiner, rundlicher Mann mit schütterem braunen Haar und unzähligen Sommersprossen im Gesicht. Mit seinem offenen Lächeln und den fröhlichen blauen Augen wirkte er wie ein gealterter Chorknabe, doch sein Verstand war hellwach und messerscharf. Er war der beste Manager, den der Circus Colossus je gehabt hatte.
    Â»Morgen geben wir in Ocala unsere Eröffnungsvorstellung. Also solltest du besser bereit sein«, erwiderte er mit sonorer Stimme und nahm den Zigarrenstummel aus dem linken Mundwinkel, um ihn in den rechten zu stecken.
    Jo lächelte nur und machte einige Lockerungsübungen. »Meine Katzen sind mehr als bereit, Duffy. Es war ein langer Winter. Wir müssen alle wieder an die Arbeit.«
    Duffy runzelte die Stirn. Er war nur wenige Zentimeter größer als die Löwenbändigerin, die ihn mit ihren großen mandelförmigen Augen unverwandt anschaute. Grün waren diese Augen, smaragdgrün, umrandet von dichten schwarzen Wimpern. Im Moment schauten diese Augen amüsiert, aber Duffy hatte auch schon einen ängstlichen und schrecklich verlorenen Ausdruck in ihnen gesehen.
    Er steckte die Zigarre noch einmal in den anderen Mundwinkel und paffte, während Jo einem der Helfer Anweisungen gab.
    Er musste an Steve Wilder denken. Jos Vater war der beste Dompteur weit und breit gewesen. Seine Tochter konnte genauso gut mit den Raubkatzen umgehen wie er, wenn nicht sogar besser. Dabei hatte sie das Aussehen ihrer Mutter geerbt – zierlich, der dunkle, leidenschaftliche Typ.
    Jos Mutter war eine berühmte Trapezkünstlerin gewesen, eine zarte Frau mit großen grünen Augen und schwarzem glatten Haar, das ihr bis zur Taille fiel. Und ihre Tochter war ihr beinahe wie aus dem Gesicht geschnitten.
    Jos Brauen waren fein geschwungen, die Nase klein und gerade, hohe Wangenknochen, volle Lippen. Ihre Haut war von der Sonne Floridas leicht gebräunt und verlieh ihr ein exotisches Aussehen. Sie besaß eine Schönheit, die durch ihr enormes Selbstvertrauen und die lebhafte Art noch gesteigert wurde.
    Jo hatte das Gespräch mit dem Tierhelfer beendet und hakte sich jetzt bei Duffy unter. Dieses Stirnrunzeln kannte sie. »Hat jemand gekündigt?«, fragte sie, während sie gemeinsam zu Duffys Bürowagen gingen.
    Â»Nein.«
    Nur selten antwortete Duffy so einsilbig. Doch da sie ihn seit Jahren kannte, hob sie nur eine Augenbraue und hielt ihre Zunge im Zaum.
    Ãœberall auf dem Gelände wurde geprobt. Vito, der Seiltänzer, gab seiner Darbietung den letzten Schliff auf einem Drahtseil, das zwischen zwei Bäume

Weitere Kostenlose Bücher