0250 - Der Höllensohn
schmälte die Augen. Vorsicht! gellte es in ihm. Sanguinus möchte vielleicht sein eigenes Süppchen kochen… »Was willst du damit sagen?«
»Nichts, mein Fürst«, beeilte sich Sanguinus zu versichern. »Nichts und alles. Ich werde all meine Kraft für dich einsetzen…«
»Setze sie lieber ein, um deine Stellung zu festigen«, knurrte Asmodis. »Du bist förmlich aus dem Nichts aufgetaucht, und viele, fast zu viele Dämonen reißen sich noch immer darum, Plutons Stelle an meiner rechten Seite einzunehmen. Daß du diese Stelle besetzt hast, ist eine Kampfansage an sie alle. Denke daran.«
»Weil ich daran denke, bin ich stark, Fürst!«
»Dann schweig fürderhin, bis ich dich frage«, sagte Asmodis und wandte sich ab. Dort, wo er sich befand, gefiel es ihm plötzlich nicht mehr. Er brauchte ruhe, um seine Idee völlig entwickeln zu können.
Er zog sich zurück! Mochte Sanguinus derweil stellvertretend das Regiment führen und sich mit den rangniederen, neiderfüllten Angehörigen der Schwarzen Familie auseinandersetzen. Asmodis brauchte Ruhe, um darüber nachzudenken, wie er seinen eigenen Hals aus LUZIFERS Schlinge ziehen konnte.
Denn daß es eine Schlinge war, war ihm klar.
Beseitigte er Zamorra nicht, erwies er sich als unbotmäßig. LUZIFER, der Höllenkaiser, würde Asmodis bestrafen und hinwegfegen wie ein loses Blatt im Herbst.
Schaltete er Zamorra aber aus, schnitt er sich ins eigene Fleisch. Denn dann verlor er den einzigen Kämpfer, der imstande war, mit den Meeghs und vor allem mit Amun-Re fertigzuwerden. Amun-Re, der Diener des Krakenthrons, griff nach der Macht, und Asmodis wußte nur zu gut, daß der alte Zauberer aus den Tiefen des versunkenen Atlantis seine Machtansprüche durchzusetzen vermochte - wenn man ihn ließ. Dann aber war Asmodis ebenso abgemeldet.
Es mußte eine andere, eine dritte Möglichkeit geben.
Asmodis pflegte in allem stets seinen persönlichen Vorteil zu suchen. Mochten niedere Dämonen sterben, geopftert werden, wenn sich nur die Macht des Fürsten der Finsternis festigte.
Demzufolge waren in diesem speziellen Fall auch Sanguinus’ Ratschläge nur mit äußerster Vorsicht zu genießen. Denn Asmodis konnte es dem Blutdämon förmlich ansehen, daß dieser seinen geradezu kometenhaften Aufstieg fortzusetzen gedachte. Den Platz an der Seite des Fürsten hatte er bereits, und es mochte sein, daß er noch eine Sprosse höherklimmen wollte. Dazu konnte ihm nur recht sein, wenn Asmodis stürzte…
Nein. Asmodis verfolgte einen eigenen Gedanken.
Es gab eine Möglichkeit, das Nötige zu tun und dennoch nicht selbst gegen Zamorra anzutreten. Einen Ebenbürtigen mußte er ihm entgegenstellen, der an seiner Stelle focht. Das würde LUZIFER anerkennen müssen, ob er wollte oder nicht.
Obgleich es Asmodis selbst gar nicht so sehr gefiel, einen aus den tiefen der Hölle zu holen, den er einst selbst dorthin verdammte.
Dennoch… es mußte sein. Dieser Mann sollte gegen Professor Zamorra antreten. Wenn er siegte - nun, so war Luzifers Wille erfüllt, Zamorra tot, und sein Gegenspieler mochte vielleicht mit Zamorras Waffen gegen Amun-Re kämpfen.
Das war es.
Und Asmodis machte sich auf, zu tun, was getan werden mußte…
***
Unwillkürlich ging Gryf in Kampfstellung. Dann aber entspannte er sich wieder. Er erkannte, wer da aus dem Nichts mitten im Saal des Wissens entstand.
Ein hochgewachsener Mann, jung wie die Ewigkeit und alt wie die Weisheit, in einem weißen Gewand, mit goldener Kordel gegürtet, in der eine Sichel steckte. Ein feuerroter Umhang fiel über seine Schultern.
Merlin…
Die Nebel und Lichtblitze schwanden. Merlin nahm Gestalt an. Kaum merklich hob er die Brauen. »Auch euch sah ich«, sagte er. »Auch euch…«
Er lächelte.
»Was willst du damit sagen, Merlin?« fragte Teri. »Und wo warst du? Wir konnten dich nirgends finden, nur Fenrir machte einige seltsame Andeutungen.«
»Du seiest hier und doch weit entfernt«, sagte Gryf.
Merlins Lächeln schwand.
»Der Wolf spürte es«, sagte er. »Ich war hier, im Saal des Wissens - aber in der Zukunft!«
Gryf schnappte nach Luft. Teri griff unwillkürlich nach seiner Hand.
»Folgt mir«, bat Merlin und verließ den Saal des Wissens.
Wenig später saßen sie in einem gemütlich eingerichteten Raum, in dem es nach Leder duftete. Einer der Kobolde, die Merlin dienstbar waren, schenkten Wein ein. Die beiden Druiden nippten an dem uralten, kostbar reifen Getränk. Fenrir streckte sich vor den Füßen Teris
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