0255 - Als die Pflanzen Rache nahmen
Grillen hören?«
Nur der Wind raschelte durch die Zweige. Sekundenlang war es Laury, als höre sie ein wehmütiges, banges Raunen. Aber der Eindruck schwand sofort wieder.
Steve schritt an ihr vorbei auf das Portal zu. Dort befand sich ein riesiger Klopfer aus polierter Bronze. Steve benutzte ihn. Die metallischen Schläge hallten weit und mußten zu hören sein, selbst wenn die Menschen im Haus zu dieser Abendstunde bereits schliefen.
Niemand reagierte.
»Vielleicht steht die Bude leer«, murmelte Steve. »Kann ja sein…«
»Aber dann wäre doch hier nicht alles so gepflegt, als sei gerade erst das Stubenmädchen mit dem Staubtuch dagewesen«, widersprach Laury.
Steve zuckte mit den Schultern. Er klopfte nochmals, wiederum erfolglos. »Ich mache mal einen Rundgang«, sagte er.
Laury wartete an der Tür und sah sich um. Die Dunkelheit kam jetzt rasch. Die Zweige der Bäume bewegten sich leicht im schwachen Wind.
Steve kam zurück, von der anderen Seite. »Niemand zu sehen. Kein Licht. Keine Stimmen. Und - schau nach oben. Kein Rauch im Kamin. Ich sage dir, das Haus steht leer.«
»Dann kann uns niemand wegschicken«, stellte Laury nüchtern fest. Sie drückte einfach auf die Türklinke und war selbst überrascht, als das Portal sich öffnen ließ. Sie sah Steve an.
»Komm, wir schauen uns mal drinnen um.«
Ihr Blick ging an ihm vorbei zu einer der Statuen. Im Zwielicht schien die Figur zu leben, sich zu bewegen. Aber es war wohl doch nur ein Schatten, der darüber fiel und sich bewegte. Der Schatten eines Baumes. Laury lächelte. »Komm«, wiederholte sie.
Sie traten ein.
Mit einem fürchterlichen Donnerschlag fiel das Portal hinter ihnen ins Schloß.
***
Im Beaminster Cottage kehrte Stille ein. Die Nacht legte sich über das Gebäude, das Professor Zamorras neue Zuflucht und Operationsbasis geworden war.
Seit gut zwei Wochen lebte er jetzt mit Nicole hier und begann langsam, sich zu akklimatisieren. Dennoch trauerte er immer wieder Château Montagne nach mit all seinen technischen Einrichtungen, die halfen, das Leben etwas luxuriöser zu gestalten und angenehm zu machen.
Nun, der Luxus hielt jetzt auch im Beaminster Cottage Einzug. Zumindest in Form der Telefontechnik. Vor ein paar Stunden erst waren die Techniker verschwunden, die zwei Knotenstellen und eine ganze Reihe von Hausapparaten installiert hatten - bis hin zu Garagen und ehemaligen Stallungen. Das eine Rufnetz mit eigener Kennummer war Zamorra und seiner Sekretärin Vorbehalten, das andere dem alten Stephan Möbius, der das Cottage derzeit nicht mehr verlassen durfte. Denn er hatte einen Pakt mit dem Teufel geschlossen und dies erst zu spät bemerkt - einen Pakt, der allerdings noch nicht erfüllt und demzufolge noch nicht gültig war. Allerdings würde der Teufel nicht scheuen, den alten Möbius in eine Situation zu bringen, in der er nicht anders konnte als diesen Pakt zu erfüllen - sobald er die mit Dämonenbannern gesicherte Zone verließ, in der sich das Gebäude befand.
Beaminster Cottage gehörte Stephan Möbius und damit dem weltweiten Möbius-Konzern. Und Zamorra hatte hier seinen Unterschlupf gefunden, nachdem Leonardo de Montagne Château Montagne für sich zurückeroberte. Leonardo, den selbst die Hölle nicht mehr haben wollte und den der Teufel deshalb auf die Erde zurücksandte. [1]
Zamorra und Nicole hatten einige Zeit gebraucht, um diesen Schlag zu verwinden, und um so dankbarer waren sie dem alten Möbius, daß er ihnen hier Unterkunft gewährte. Andererseits war Möbius hier vor den Nachstellungen des Teufels sicher, der ihn zum Erfüllen seines Teiles des Paktes zwingen wollte, um diesem Gültigkeit zu verschaffen.
Stephan Möbius leitete die Geschicke seines Konzerns jetzt von hier aus -über die eben installierte Telefonanlage.
Die zweite, damit man sich nicht gegenseitig störte, war Zamorra Vorbehalten.
Der junge Carsten Möbius und sein Freund und »Leibwächter« Michael Ullich waren längst wieder irgendwo in der Welt unterwegs, um für die Interessen des Konzerns tätig zu werden. Und so waren Zamorra, Nicole und der alte Herr allein.
Zamorra brütete und schmiedete Pläne, wie er Château Montagne zurückerobern konnte. Aber bisher hatten sich alle Denkversuche als zu riskant oder schlichtweg unmöglich erwiesen. Leonardo de Montagne war mit seiner dämonischen Zauberkunst und seiner Armee von Skelett-Kriegern zu mächtig geworden. Der Teufel selbst mochte wissen, wie der Schwarzmagier es
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