0262 - Belphégors Höllentunnel
hielt uns der typische Tunnelgeruch umfangen. Eine Mischung aus Abgasen, Gummi und drückender Luft. Je tiefer wir in den Tunnel hineinrutschten, um so schlimmer wurde es.
»Haben Sie hier keine Entlüftung?« fragte ich den mürrischen Inspektor.
Brel warf mir nur einen schiefen Blick zu. »Wir sind hier nicht in der reichen Schweiz, sondern in Frankreich.«
»Wollen wir den Tunnel ganz durchschreiten?« fragte Suko.
»Nein, nur bis zur Mitte.«
»Gibt es einen Grund?«
»Ja.«
Suko warf mir einen Blick aus verdrehten Augen zu. Himmel, war dieser Inspektor ein Griesgram. Was hatten wir getan, um an solch einen Mann zu geraten?
In einer Kurve, und zwar fast an deren Scheitelpunkt, blieb der Inspektor stehen. »Hier ist es«, sagte er, streckte seinen Arm aus und deutete zu Boden.
Brel hob den Arm und schnippte so laut mit den Fingern, daß ein in der Nähe stehender Beamter es hören konnte. »Kommen Sie mal mit der Lampe her, Mann!«
Der Polizist rannte herbei. Brel wies ihn an, wohin er zu leuchten hatte, und erst als das helle Licht auf die Erde fiel, da sahen wir, was der Inspektor gemeint hatte.
Auf dem Boden befand sich ein Ölfleck.
Nun, das war nicht ungewöhnlich, aber dieser Fleck war ziemlich frisch und noch nicht eingetrocknet. Er mußte von einem Wagen stammen, der hier gehalten hatte, aber nicht weitergefahren war.
Ich krauste die Stirn. Das war wirklich ein Fragezeichen wert. Der Ölfleck konnte eine völlig normale Ursache haben, brauchte es aber nicht, und wir hatten vor ihm auch dunkle Gummispuren der Reifen entdeckt, doch hinter dem Ölfleck keine mehr. Auch nicht von anderen Fahrzeugen.
Vielleicht ein Beweis, daß der Wagen, der hier gehalten hatte und zu dem der Ölfleck gehörte, stark gebremst worden war.
»Das ist der fünfte«, murmelte Brel.
»Wie?«
»Der verschwunden ist, Sinclair. Der fünfte Wagen und auch der fünfte Fahrer. Alle sind rein gefahren, aber nicht mehr herausgekommen.«
»Sie haben ein Gefühl, aber keine Erklärung«, stellte ich fest.
»Die sollen Sie ja liefern.«
Es ist immer leicht, einem anderen den Schwarzen Peter zuzuschieben.
Das hätte ich auch gern getan, doch an mir blieb der Mist meistens hängen.
Inspektor Brel baute sich breitbeinig auf und stemmte die Hände in die Hüften. »So, Sie großer Magier, dann zeigen Sie mal Ihre Kunst. Erklären Sie mir, wohin der Wagen verschwunden sein könnte. Daß er sich aufgelöst hat, daran glaube ich nicht.«
»Nicht direkt«, meinte Suko.
»Sondern?«
»Es könnte ja sein, daß man ihn zerstört hat.«
»Verbrannt?«
»Zum Beispiel.«
Damit war der französische Kollege überhaupt nicht einverstanden.
»Nein«, sagte er, »auf keinen Fall verbrannt. Wir hätten Spuren finden müssen. Und die sind nicht da.«
»Bis auf den Ölfleck«, sagte ich.
»Genau.«
Ich furchte die Stirn. Aus den Augenwinkeln schielte ich dabei zu Brel hin. Dabei konnte ich mich täuschen, glaubte es jedoch nicht, denn Brel lächelte. Er gönnte uns die »Niederlage«, aber wir waren erstens keine Zauberer und zweitens keine Hellseher. Was reine Polizeiarbeit anging, konnten wir durch Magie nichts ändern oder vorantreiben.
Ich verließ meinen Platz und schritt ein wenig im Kreis umher, von den Blicken meines Freundes Suko und denen des Inspektors begleitet.
Überall schaute ich hin, sah mir die Tunnelwände an, ebenfalls die leicht gewölbte Decke, aber da war nichts zu sehen. Nicht einmal die Tür eines Notausgangs, durch den unsere Gegner hätten verschwinden können.
»Bin gespannt, wann Nummer sechs verschwindet«, gab der Inspektor seinen bissigen Kommentar.
Ich ging darauf nicht ein, sondern fragte: »Hatten Sie nicht von einem Zeugen gesprochen?«
»Ja, einem Schäfer.«
»Können wir mit dem noch einmal reden?«
»Meinetwegen. Wobei ich kaum glaube, daß der Schäfer jetzt mehr sagen wird als früher. Wir haben sowieso das meiste nur aus der Zeitung erfahren.«
»Wieso denn das?«
»Der Schäfer, er heißt übrigens Cuccu, ist furchtbar geldgierig. Der hat alles den Pressefritzen erzählt und dafür kassiert. Von dem Geld, so hörte man, hat er sich Wein gekauft und ihn zu seiner Hütte schaffen lassen. Dort sitzt er nun und säuft den Wein wie ein Loch.«
»Den Weg kennen Sie?«
»Ja.«
Die letzte Antwort war auch das Zeichen für uns aufzubrechen. Ich war froh, den Tunnel verlassen zu können, und atmete draußen die frische Luft tief ein.
Suko tat es mir nach. »Widerlich, dieser
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