0266 - Der Flammengürtel
»Hier – nun kannst du um das Leben des blondhaarigen Mädchens kämpfen. In diesem Fläschchen«, sie stellte eine kleine, handspannengroße Flasche aus mattgrün schimmerndem Glas vor sich, »ist das Gegengift für den Trank des Wahnsinns. Wenn sie das trinkt…!«
Die Stimme der Hexe wurde abrupt unterbrochen. Wie ein Vulkan ausbricht, so entlud sie die Kraft des Flammengürtels. Grellrote Blitze schossen daraus hervor und schwirrten in Richtung auf den Parapsychologen.
»Sie hat mich reingelegt. Mit ihrer Rederei wollte sie meine Aufmerksamkeit ablenken. Jetzt ist es zu spät…!« durchzuckte es Professor Zamorra. Doch im selben Moment geschah das Wunder.
Merlins Stern reagierte wie in alten Tagen. Ohne einen besonderen Befehl bildete es einen Schutzschirm um seinen Träger.
Summend schloß sich ein grünlich schimmernder Mantel aus durchscheinender Materie auf magisch-mentaler Basis um den Parapsychologen.
Wie Seifenblasen zerplatzten die Blitze des Flammengürtels daran.
Die Hexe Locusta war entsetzt. Sie hatte dem Flammengürtel noch nicht den Angriff befohlen. Und doch schlug das Erbe von Boroque von sich aus zu. Und die Kraft der entarteten Sonne parierte den Angriff der Zaubersubstanz vom sterbenden Planeten.
Entfesselte Gewalten prallten aufeinander. Vergeblich bemühte sich die Hexe, den Angriff des Flammengürtels zu kontrollieren. Doch das Relikt aus der finsteren Vergangenheit ließ sich nicht mehr steuern.
» Angriff! Angriff! « kreischte die Striga, als sie einsah, daß der Flammengürtel unkontrolliert ganze Bündel von Energieblitzen auf Zamorra schleuderte.
» Abwehr! Abwehr! « befahl der Meister des Übersinnlichen. Er überließ es dem Amulett, wann es den Gegenschlag landen wollte. Doch derzeit hatte es genug damit zu tun, das Trommelfeuer der magischen Blitze in seinem Schutzschirm zu absorbieren. Professor Zamorra sah, daß die rötliche Energie nicht von der weißmagischen Kraft des Amuletts aufgesogen und umgewandelt wurde, wie es zeitweilig der Fall war. Er befand sich wie in einer Glaskugel geschützt durch den Mantel weißmagischer Energien. Darüber aber kroch wie eine träge Flüssigkeit die zu Materie geformte Kraft des Flammengürtels.
Einem formlosen Gallertwesen gleich floß die Substanz über den Schutzschirm des Parapsychologen, der bald vollständig davon eingehüllt wurde.
Dieser Kampf wurde nicht mehr von zwei Menschen geführt. Durch die ihn umfließenden, durchsichtigen Zaubersubstanzen sah Professor Zamorra das verzerrte, angstgeweitete Gesicht der Locusta, die unfähig war, die Angriffe des Gürtels zu koordinieren. In diesem Duell wurde der menschliche Wille von Kräften, die über dem Begreifbaren lagen, als nutzlos abgetan.
Zamorra gab es auf, sich auf das Amulett zu konzentrieren. Er wußte, daß er Merlins Stern diesen Kampf allein führen lassen mußte. Wie ein Reiter, der in stern- und mondloser Nacht im unwegsamen Gelände seinem Pferd den Zaum freigibt, ließ der Meister des Übersinnlichen das Amulett selbst entscheiden, wann es abzuwehren oder anzugreifen hatte.
Wie der Kampf zweier Bestien, die in tödlichem Ringen ineinander verkrallt sind, tobte die Schlacht zwischen dem Flammengürtel von Ehycalia-che-yina und dem Stern von Myrryan-ey-Llyrana .
Durch das grollende Tosen, das von den unheimlichen Gewalten ausging, hörte Professor Zamorra, wie die Hexe nun schrie.
Ein einziges Wort. Einen Namen. Und der Ruf wurde gehört …
Flügelschlag schwarzer Schwingen.
Der Glutschein der in tödlichem Ringen verbissenen magischen Energien ließ einen dunklen Schatten erscheinen. Ein Verbündeter folgte dem Ruf der Locusta.
»Orca, zu mir!« gellte der Ruf der Locusta. »Die magischen Energien haben auf die Substanz deines Körpers keine Auswirkungen. Geh und kämpfe für deine Herrin. Nimm meinem Gegner das Licht der Augen…!«
Professor Zamorra verstand zwar den Ruf der Hexe nicht, doch ahnte er, daß Locustas Rabe ihm gefährlich werden konnte. Die magische Energie des Amuletts hielt zwar Dämonen und andere Kreaturen zurück … aber dieser Rabe durchbrach sie mit wilden Flügelschlägen. Es war also ein Tier … wenn auch sehr gut abgerichtet.
Wie gut, sollte Professor Zamorra im nächsten Augenblick erfahren. Denn Orca, das Rabenvieh, war von Grund auf bösartig wie seine Herrin.
Es gelang Zamorra den wütenden Schnabelhieb abzuwehren. Eine rote Furche zog sich über seine Handfläche. Dennoch wäre es schlimmer gewesen, wenn der
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