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0266 - Der Flammengürtel

0266 - Der Flammengürtel

Titel: 0266 - Der Flammengürtel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rolf Michael
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geht mit mir zugrunde!« waren seine letzten Worte, bevor er sich in der Nacht zum 9. Juni 68 mit dem Dolch selbst den Tod gab.
    »Der Cäsar will nicht regieren!« erhob sich eine Stimme. »Er will nur singen und für seine Kunst leben.«
    »Hat er nicht eine Elegie über den Brand von Troja geschrieben? Vielleicht wollte er sich durch das Feuer eine neue Inspiration verschaffen!«
    Aufgeregte Stimmen der Zustimmung und der Ablehnung brandeten auf. Da stieg ein Römer in der Toga langsam auf die Weintheke und schwenkte die Arme zum Zeichen, daß er reden wolle. Einen Augenblick später war es totenstill in der Schänke. Professor Zamorra sah, daß Nero sich vergeblich bemühte, den Mann zu erkennen.
    »Ich habe genau gesehen, wie Nero auf dem Turm des Maecenas stand und mit einer Lyra seine brennende Hauptstadt besang!« rief er mit hallender Stimme. »Jupiter! Herr der Götter und Beherrscher des heiligen Latium, sei mein Zeuge, daß mein Mund keine Unwahrheit sagt!«
    Beschwörend riß der Mann, der diese furchtbare Anklage gegen Kaiser Nero hervorgebracht hatte, die Arme empor.
    Da schien der Himmel über dem Marsfeld aufzureißen.
    Das grelle Licht eines Blitzes, Vorbote eines kommenden Sommergewitters, tauchte alles in ein gleißendes Licht.
    Die Menschen hielten den Atem an. Jupiter, dem seit alters her der Blitz heilig war, antwortete.
    Den Bruchteil eines Atemzuges später rollte dumpf der Donner. Grollend ließ der Gott durch die Gewalt der Elemente seine Zustimmung erteilen.
    Scheu blickte die Menge nach oben. Jupiter optimus maximus, der Herrscher über alle Götter im Pantheon Roms, der Gott, dem nichts verborgen bleibt, hatte sein Zeichen gegeben.
    Kaiser Nero selbst hatte Rom anzünden lassen.
    Gleich einem Vulkanausbruch machte sich die aufgestaute Volkswut Luft.
    »Rotbart! – Muttermörder! – Brandstifter!« schwirrten die Rufe durcheinander. »Nieder mit Kaiser Nero! – In den Tiber mit ihm! – Nein! In die Arena zu den Löwen!«
    »Weg hier!« flüsterte Professor Zamorra. »Wenn uns hier jemand erkennt, dann sind wir des Todes!« Aurelian nickte ihm zu. Gemeinsam versuchten die Freunde, Kaiser Nero zum Ausgang zu drängen. Der Cäsar zitterte vor Wut und Erregung. Jeder der hier versammelten Menschen schrie Schmähungen und Flüche über ihn.
    Ein hochgewachsener Mann, dessen Wiege irgendwo in Gallien gestanden haben mußte, drängte sich heran. Stinkender Weinatem schlug Professor Zamorra entgegen.
    »Nieder mit Nero!« grölte er. »Vor die Löwen mit dem Brandstifter!« Seine mächtige Hand schoß vor und ergriff die Tunika des Kaisers, den Zamorra und Aurelian gerade vom Ort der Gefahr wegzerren wollten.
    »Du da … du bist sicher einer von Neros Geheimpolizei, die hier die Meinung anständiger Bürger aushorchen soll!« dröhnte die Stimme des Galliers. »Darum rufe mit mir ›Nieder mit Nero‹ oder –!«
    Die weiteren Worte versagten auf seinen Lippen. Denn während er das redete, ergriff seine linke Hand die Kapuze, die Neros Gesicht unkenntlich machte.
    »Da … da … das ist er … das ist der Kaiser !« stammelte es von seinen Lippen. Aus Neros Augen leuchtete der Zorn. Der Gallier erkannte, daß sein Leben keinen Sesterz mehr wert war, wenn es dem Kaiser gelang, zu entwischen. Man erzählte sich nicht zu Unrecht, daß Nero ein sehr gutes Personengedächtnis hatte.
    Der Mann setzte alles auf eine Karte. Gewandt sprang er auf einen der Tische. Alle Augen richteten sich sofort auf ihn.
    »Bürger! Römer! Landsleute!« brüllte er über den abebbenden Lärm. »Der Mann, der dieses undenkbare Unglück über uns brachte, ist hier. Die Götter haben den Kaiser selbst in unsere Gewalt gegeben. Nun denn, römisches Volk! Strafe den Brandstifter!«
    »Nieder mit Nero! Tod ihm und denen, die ihm folgen!« gellten überall Rufe auf. Die Mienen der Männer wurden finster. In den Augen glänzte blanke Mordlust. In den Händen blitzten Dolche auf.
    »Hinter den Tresen!« rief Zamorra, die Gefährlichkeit der Situation sofort erkennend. »Wir müssen versuchen, ob es einen Hinterausgang gibt. Knüppel frei, Aurelian, sonst bringen sie uns um!«
    Während dieser Worte schob er den Kaiser hinter sich. Obwohl ihre Worte in Italienisch, das Aurelian am besten verstand, gesprochen wurden, hatte auch der Kaiser den Sinn begriffen. Es gelang ihm, einen der leichten Holzstühle zu ergreifen. Beim ersten Rundschlag ging das Möbel zu Bruch, verschaffte Nero aber einen geeigneten Prügel.

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